Eine Spur von Lavendel (German Edition)
grinste. „Sex kann ich überall und jederzeit bekommen, aber für eine Freundschaft muss man sich üblicherweise mehr ins Zeug legen, nicht wahr?“
Ihre gewohnt burschikose Offenheit entspannte die Lage vollkommen. Er blieb noch über eine Stunde, bevor er sich schließlich betont freundschaftlich von ihr verabschiedete.
Den halben Samstag verbrachte Alexander im Bett. Schließlich, am frühen Nachmittag, stand er endlich auf und kochte sich einen starken Kaffee. Sein Zustand war einzig und allein als erbärmlich zu bezeichnen. Offenkundig glitt ihm sein Leben gnadenlos durch die Finger.
Urlaub, dachte er, ich sollte früher als geplant Urlaub einreichen und einfach jetzt schon für ein paar Wochen nach Frankreich abhauen.
Das, was letzte Nacht passiert war, machte ihm Sorgen. Noch vor gar nicht so langer Zeit hätte er sich, sofort und ohne großartig nachzudenken, auf eine schnelle Affäre mit Monika Kaminski eingelassen, Kollegin hin oder her. Auch das hatte er durch – und es war immer gut gegangen. Er hatte von Anfang an gespürt, dass sie ihn begehrte. Normalerweise hätte allein schon diese Tatsache ausgereicht, um sein Interesse zu wecken. Seit er denken konnte, war er immer sehr empfänglich für jede Art von weiblicher Begierde gewesen. Üblicherweise liebte er es, wenn die Frauen die Initiative ergriffen. Das Gefühl, begehrt zu werden, machte ihn schwach und schürte sein Verlangen.
Doch dieses Mal war es anders gewesen. Völlig anders. Er hatte nicht den kleinsten Funken Verlangen gespürt, nicht den geringsten Anflug von sexueller Lust. Vielleicht werde ich langsam alt, dachte er leicht amüsiert. Doch dann tauchte wieder einmal Lindas Bild vor seinem inneren Auge auf, und in seinen Lenden begann es sofort zu prickeln. Er fluchte laut. Langsam, aber sicher zweifelte er an seinem Verstand. Warum nur wurde er dieses verdammte Gefühl nicht los? Warum war er nicht in der Lage, sie einfach aus seinen Gedanken zu verbannen? Eigentlich konnte er doch nur froh sein über die jüngste Entwicklung, über ihre Trennung. Die Sache mit Linda hatte ihm doch ohnehin schon Kopfzerbrechen bereitet, weil sie viel zu wichtig für ihn geworden war.
Vielleicht hätte ich sogar noch einen schönen Sommer mitihr verbracht, überlegte er, aber dann hätte ich mich schließlich doch wieder von ihr getrennt. Spätestens nach ein paar Monaten lässt die Anziehungskraft immer nach, ging es ihm durch den Kopf. Eine feste, länger andauernde Beziehung kam für ihn schlichtweg nicht infrage. Niemals und unter gar keinen Umständen!
Mit seinem Kaffeebecher in der Hand lehnte er sich in seinem Sessel zurück und schloss die Augen. Mein Gott, wie er sich nach diesem verlogenen Miststück sehnte.
Schon am Montagmorgen hatte Alexander seine Urlaubspläne erst einmal wieder auf Eis gelegt.
Der Tote im Fitness-Studio entpuppte sich im Laufe des Tages überraschenderweise als geltungssüchtiger Selbstmörder, der einfach eine Menge Pech gehabt hatte, weil er nicht rechtzeitig gefunden worden war. Somit konnte der Fall ordnungsgemäß abgeschlossen werden. Monika übernahm freiwillig den gesamten Schreibkram, und Alexander raffte sich dazu auf, seine vernachlässigten Statistiken auf den neuesten Stand zu bringen. Beide hackten dienstbeflissen auf ihre Computertastaturen ein, als es zaghaft an ihrer Bürotür klopfte.
Erleichtert über die willkommene Unterbrechung hob Alexander seinen Kopf und bat den Besucher herein. „Charlie!“
„Tag, Alex.“
Sein Herz setzte kurz aus, bis er sich vergewissert hatte, dass sie allein war. „Komm rein, Kleines, was kann ich für dich tun?“ Während er sprach, kam ihm schon ein neuer, erschreckender Gedanke und ließ ihn mitten im Satz hochschnellen. „Ist zu Hause etwas passiert, Charlie?“
„Nein, nichts … eigentlich. Ich wollte bloß mit dir sprechen.“ Sie trat an seinen Schreibtisch und setzte sich auf den Besucherstuhl.
Monika erhob sich und nickte ihr kurz zu. „Ich besorge dir eine kalte Cola, okay?“
Charlotte lächelte die junge Frau höflich an. „Ja, danke, das wäre wirklich nett von Ihnen.“
Alexander setzte sich ebenfalls wieder und warf Monika ein kurzes, dankbares Lächeln zu, bevor sie den Raum verließ. Dann glitt sein Blick zurück zu Charlotte.
„Was gibt’s, Charlie?“
„Du musst unbedingt mit meiner Mutter sprechen, Alex.“
Seine Kehle war plötzlich staubtrocken, und er räusperte sich. „Warum sollte ich das tun?“
„Mama ist völlig
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