Eine Spur von Lavendel (German Edition)
einer Minute hatte sich der Wind unerwartet gedreht, etwas war in ihr aufgebrochen. Sie konnte es sich selbst nicht erklären. Obwohl er sich Mühe gab, sie verwöhnte, und obwohl sie nicht wusste, wie sie überhaupt jemals wieder ohne ihn leben konnte, war jetzt ein Augenblick gekommen, der unabwendbar alles zwischen ihnen verändern würde. „Was siehst du denn in mir, Alexander?“
Er wollte nach ihr greifen, doch sie wich noch ein Stück zurück. Seine Hand fasste ins Leere, und ein beklemmendes Gefühl machte sich in ihm breit. „Herrgott! Du bist … Ich … habe dir schon einmal gesagt, dass du wichtig für mich bist“, stammelte er drauflos. „Du bist für mich wichtiger geworden, als ich es jemals angestrebt hätte, und ich … bin … nach wie vor verrückt nach dir. Verdammt noch mal, Linda, was soll das jetzt!“
Ihre Augen funkelten ihn an. „Na, das ist doch mal eine ganz neue Aussage!“
Bebend vor Wut und diesem beklemmenden Gefühl, das ihm die Luft aus den Lungen presste, versuchte er noch einmal vergeblich, sie an sich zu ziehen. Wieder entwand sie sich ihm und verpasste damit seinem Stolz und seinem Ego einen gehörigen Tritt.
„Ich will dir gerne sagen, was ich für dich bin, Alexander Hellberg! Ich bin in erster Linie deine Geliebte, die Frau, die dir zuhört, deine Langeweile vertreibt und dir ab und zu sogar dein Lieblingsessen kocht.“ Sie holte tief Luft, um nicht allzu laut zu werden und auch, weil sie selbst wusste, dass sie im Augenblick nicht hundertprozentig fair war. „Es ist noch nicht lange her, da habe ich zu dir gesagt, dass ich glücklich sein werde, solange du nur bei mir bist. Jetzt weiß ich, dass ich mir damit etwas vorgemacht habe, nur weil ich dich unbedingt bei mir haben wollte. Alles ist ganz anders gekommen, denn ich fühle mich verflucht austauschbar, Alexander! Das ist kein schönes Gefühl. Und ich glaube … ich kann damit doch nicht so gut umgehen, wie ich einmal dachte.“
Er starrte sie wortlos an und fühlte sich grauenhaft. Bis vor wenigen Minuten war doch alles, sein Leben, noch in bester Ordnung gewesen. Besser, als es überhaupt jemals gewesen war. In diesem Augenblick schien sich das direkt vor seinen Augen wieder aufzulösen. Er schluckte hörbar und räusperte sich schließlich. „Du bist … nicht austauschbar, Linda. Du bist … für mich … Ich …“
Verdammt noch mal, sag es endlich, dachte sie, aber er brach wieder einmal ab und sah stumm auf seine geschlossenen Fäuste. Offenbar hatte er noch nicht einmal gemerkt, dass er sie geballt hatte.
Sie war mit ihrem Latein am Ende, und sie tat den letzten und einzigen Schritt, der ihr noch blieb. „Ich liebe dich, Alexander Hellberg. Ich werde dich immer lieben.“
Seine Augen leuchteten auf, und noch einmal kam er einen Schritt näher. Abwehrend hob sie ihm ihre rechte Hand entgegen. „Fahr mit diesem Wissen alleine zu deiner Familie, Alex. Denk über unsere Beziehung nach, und wenn du wieder zurück bist, reden wir noch einmal über alles.“Sie warf einen Blick auf die Wanduhr. „Es ist mitten in der Nacht. Du hast morgen wieder einen harten Tag und solltest noch ein paar Stunden schlafen. Es wird wohl für uns beide das Beste sein, wenn du heute nicht hier übernachtest.“
Sein Kopf war völlig leer. Dieser Tag hatte ohnehin schon eine Menge von ihm gefordert. Sie schickte ihn fort – und diese Tatsache traf ihn völlig unvorbereitet. In seinem Körper schien die Hölle los zu sein. Seine Brust wurde von einer seltsamen Beklemmung eingeengt. Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, nickte er nur. Im Vorbeigehen strich er ihr stumm übers Haar, verließ dann die Küche, und schon eine Sekunde später fiel die Haustür hinter ihm ins Schloss.
Linda stand mit vor der Brust verschränkten Armen in der Küche und rührte sich nicht. Es dauerte noch einige Augenblicke, bis sie endlich nachgab und ihren Tränen freien Lauf ließ.
Monika sah auf den ersten Blick, dass mit Alexander etwas nicht stimmte, als er am nächsten Morgen im Büro erschien. Er wirkte unausgeschlafen und blieb den gesamten Vormittag eher einsilbig.
Im Fall des Vaters, der seine Frau und die Kinder getötet hatte, folgte nun die reine Routinearbeit. Es gab nicht mehr sehr viel zu ermitteln. Der Täter war geständig und befand sich zurzeit in der geschlossenen Psychiatrie. Nach Aussagen der behandelnden Ärzte war er hochgradig suizidgefährdet. Was allerdings noch ausstand, war der Bericht der
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