Eine Spur von Lavendel (German Edition)
ersten Leiche, ja, da haben alle noch Verständnis, aber dann …“
„Rede keinen Unsinn! Wenn Kinder im Spiel sind, klingt die Todesmelodie eben anders.“
„Wie häufig hast du dir schon tote Kinder angucken müssen, Alex?“
Er zerwühlte ihr liebevoll die kurzen Locken und lächelte bitter, ignorierte aber ihre Frage und lenkte ab. „Die Unterhaltung mit den Gerichtsmedizinern hat Zeit bis morgen, Frau Kollegin. Warte einen Augenblick.“ Er hob seinen Telefonhörer ab und drückte auf eine Taste. „Tobias, gut, dass du noch da bist. Ich könnte in einer bestimmten Sache deine Hilfe gebrauchen. Würdest du noch einmal zu mir kommen, bevor du gehst? Danke.“
Eine Minute später stand Tobias Kroning in der offenen Bürotür. Er lächelte verhalten in Monikas Richtung, sah dann aber rasch Alexander an.
„Was kann ich für dich tun, Alex?“
„Da ich euch beiden einige Dienstgrade voraushabe, erteile ich euch hiermit die dienstliche Anweisung, noch gemeinsam einen Feierabenddrink zu nehmen. Ich weiß aus Erfahrung, dass man viel besser abschalten kann, wenn man nach so einem Scheißtag nicht gleich nach Hause fährt, jedenfalls nicht, wenn man dort mit sich alleine ist.“
„Dienstliche Anweisung?“, fragte Monika grinsend.
„Ja, genau. Geht zusammen was trinken, und redet euch den Frust von der Seele. Ich selbst bin leider verhindert, wie du ja weißt. Es gibt da jemanden, der auf mich wartet.“
Monika stand auf und schlüpfte in ihre Jacke. Tobias Kroning stand noch immer reglos in der Tür und machte einen eher hilflosen Eindruck. „Guck nicht so verdattert, Kroning. Du hast gehört, was der Hauptkommissar angeordnet hat. Hol deine Jacke. Ich will einen knallbunten Cocktail, der schnell in den Kopf steigt. Du zahlst.“
Alexander sah schmunzelnd hinter den beiden her und wünschte Tobias Kroning in Gedanken viel Glück, dann griff er ebenfalls nach seiner Jacke.
Es tat ihm unsagbar gut, Linda in den Armen zu halten und ihre kleinen, ewig sanften Hände zu spüren. „Sie haben schon einiges in den Nachrichten gebracht. Es muss furchtbar für dich und deine Kollegen gewesen sein. Wie kann ein Vater nur seine unschuldigen kleinen Kinder ermorden, Alex?“
Er küsste sie aufs Haar und löste sich etwas von ihr. „Ja, es war furchtbar. Und es ist in der Tat unbegreiflich, dass der Mann das getan hat. Dieser Typ war noch bis gestern Nachmittag ein völlig normaler und unauffälliger Bürger, Linda. Er ist Busfahrer, kegelte mit Freunden im Verein und war nach außen hin ein liebevoller und treu sorgender Familienvater. Auch seine Kollegen schätzten und mochten ihn sehr. Dann eröffnet seine Frau ihm, dass sie einen anderen Mann kennengelernt hat und sich scheiden lassen will. Eine Stunde später hat er bereits seine ganze Familie ausgelöscht. Alles nach dem Motto: Wenn ich dich nicht mehr haben kann, soll dich auch kein anderer Mann kriegen. Manchmal fragt man sich, wie viele von diesen menschlichen Zeitbomben noch unter uns leben.“
Alexander schwieg eine Weile. Sein Gesicht wirkte nachdenklich, während er sich eine Haarsträhne von ihr um den Zeigefinger wickelte. „Tut mir übrigens leid, dass ich dich nicht rechtzeitig angerufen habe. Es ist noch ungewohnt für mich, an so was zu denken. Hast du mit dem Essen auf mich gewartet?“
Linda schüttelte den Kopf, und dabei entglitt ihm die honigfarbene seidige Strähne. „Monika hat mich früh genug informiert. Hast du Hunger? Soll ich dir noch etwas zurechtmachen?“
„Nein, lass nur. Ich habe vorhin einen Burger gegessen. Aber zu einem kalten Bier würde ich bestimmt nicht Nein sagen.“
„Schon unterwegs.“
Alexander trank das Bier in der Küche, und Linda setzte sich zu ihm. Ihre Unterhaltung drehte sich noch einige Zeit um die schreckliche Familientragödie und auch um ähnliche Fälle, mit denen er schon zu tun gehabt hatte, doch schließlich berichtete er ihr schmunzelnd von Tobias’ Interesse an Monika und seinem Versuch, den beiden auf die Sprünge zu helfen.
„Das hast du gut gemacht, Alex. Hoffentlich haben die zwei jetzt einen schönen Abend miteinander.“
„Mhm, ich habe einfach so ein Gefühl, dass sie ganz gut zusammenpassen würden“, sagte er und lächelte.
Sie stand kurz auf, um sich Mineralwasser einzuschenken. Mit dem vollen Glas in der Hand wandte sie sich ihm wieder zu. „Bist du sehr müde, oder kann ich noch etwas mit dir besprechen?“
Alexander schüttelte seinen Kopf und schob die leere
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