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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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weiß wie die Wand, aber das war sie schon den ganzen Abend gewesen. Louisa wurde ungewöhnlich still; nach kurzer Zeit meinte sie, sie würde Sabella herunterholen. Schließlich müsse sie wissen, daß ihr Vater verletzt sei. Ich kann mich wirklich nicht mehr erinnern, was dann geschah, bis Charles –Dr. Hargrave – zurückkam und uns sagte, Thaddeus wäre tot, wir müßten es sofort melden und dürften nichts berühren.«
    »Ihn einfach so liegen lassen?« fragte Edith erschüttert. »Auf dem Fußboden in der Halle, in eine Ritterrüstung verstrickt?«
    »Richtig…«
    »Es blieb ihnen nichts anderes übrig.« Hester sah von einer Schwester zur anderen. »Und wenn er tot war, konnte es ihm nicht mehr weh tun. Es ist nur die Vorstellung…«
    Edith schnitt ein Gesicht, sagte jedoch nichts und zog lediglich die Beine fester an.
    »Ganz schön absurd, nicht wahr?« meinte Damaris kaum hörbar. »Ein General der Kavallerie, der überall auf der Welt gekämpft hat, kommt schließlich dadurch ums Leben, daß er über ein Treppengeländer in eine Hellebarde fällt, die von einer Ritterrüstung gehalten wird. Armer Thaddeus – er besaß nie den geringsten Sinn für Humor. Ich glaube nicht, daß er die Komik daran erkannt hätte.«
    »Nein, ganz gewiß nicht.« Edith versagte einen Moment lang die Stimme, dann holte sie tief Luft und fuhr fort: »Und Papa auch nicht. Ich an deiner Stelle würde in seinem Beisein so etwas nicht sagen.«
    »Um Gottes willen!« brauste Damaris auf. »Ich bin schließlich keine komplette Närrin. Natürlich tue ich das nicht! Aber wenn ich nicht drüber lache, weiß ich wirklich nicht, wie ich mit dem Weinen aufhören soll. Der Tod ist oft absurd. Die Menschen sind absurd. Ich bin absurd!« Sie richtete sich kerzengerade auf und fuhr auf dem Sofa herum, bis sie Hester wieder direkt gegenübersaß.
    »Irgend jemand hat Thaddeus ermordet, und es muß einer von uns gewesen sein – einer von denen, die an jenem Abend dort waren. Das Ganze ist grauenhaft. Die Polizei sagt, er könnte unmöglich so auf die Spitze der Hellebarde gefallen sein. Sie hätte seinen Körper niemals durchdrungen, sie wäre einfach abgerutscht. Er hätte sich Genick oder Wirbelsäule brechen und deshalb sterben können, aber so war es nicht. Er überstand den Sturz ohne einen einzigen Knochenbruch. Ja, er schlug sich den Kopf an und erlitt mit ziemlicher Sicherheit eine Gehirnerschütterung, aber es war diese Hellebarde in der Brust, die ihn tötete – und die wurde hineingestoßen, als er bereits auf dem Boden lag.«
    Ein Zittern durchlief ihren Körper. »Das ist zutiefst entsetzlich und hat auch nicht im entferntesten etwas Komisches an sich. Ist er nicht albern, dieser reichlich widerwärtige Drang, über die schlimmsten und tragischsten Dinge zu lachen? Die Polizei war bereits hier und hat alle möglichen Fragen gestellt. Es war furchtbar, richtig unwirklich – wie in einer von diesen Laternamagica-Vorstellungen, nur daß sie dort selbstverständlich nicht mit derartigen Geschichten aufwarten.«
    »Und die Polizei ist zu keinem Ergebnis gekommen?« drang Hester gnadenlos in sie, doch wie hätte ihre Intervention sonst irgendeinen Sinn gehabt? Mitleid brauchten diese Leute nicht; das bekamen sie überall.
    »Nein.« Damaris’ Miene verfinsterte sich. »Anscheinend hatten gleich mehrere von uns die Gelegenheit, und sowohl Sabella als auch Alex waren offensichtlich erst kurz vor seinem Tod mit ihm aneinandergeraten. Vielleicht noch jemand – wer weiß.« Sie stand unvermittelt auf. »Gehen wir jetzt zum Tee«, rief sie gezwungen fröhlich. »Mama ist bestimmt verärgert, wenn wir zu spät kommen, und das würde nur alles verderben.«
    Hester setzte sich bereitwillig in Bewegung. Von der Tatsache einmal abgesehen, daß sie das Thema »Dinnerparty« zumindest für den Augenblick ausgeschöpft hatten, war sie sehr auf Ediths Eltern gespannt und einer Tasse Tee in der Tat nicht abgeneigt.
    Edith entwirrte ihre Beine, strich ihre Röcke glatt und folgte ihnen die Treppe hinab durch die geräumige Halle in den Hauptsalon des Hauses, wo der Tee eingenommen wurde. Es war ein faszinierender Raum. Hester konnte ihn leider nur kurz auf sich wirken lassen, da sowohl ihre Neugier als auch ihre guten Manieren verlangten, daß sie sich voll und ganz auf die Hausherren konzentrierte. Sie nahm jedoch flüchtig in Brokat gekleidete Wände wahr, an denen Gemälde in Blattgoldrahmen hingen, eine wunderschöne Stuckdecke, in dekorative

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