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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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gesellschaftlich nicht besser da als sie – oder zumindest als ihre Eltern. »Meine Reisen fanden bedauerlicherweise im Rahmen des Krieges statt und hatten nicht das geringste mit kultureller Bildung in Italien zu tun. Obwohl ich tatsächlich einmal kurz dort gewesen bin, weil mein Schiff einen Hafen anlaufen mußte.«
    »Wirklich?« Felicia wölbte die Brauen, war jedoch weit davon entfernt, ihre guten Manieren auch nur eine Sekunde zu vergessen. »Hat der Krieg Sie dazu gezwungen, von zu Hause fortzugehen, Miss Latterly? Leider gibt es im Augenblick anscheinend in vielen Teilen des Empires Probleme. Und dann hört man neuerdings auch noch Gerüchte über Unruhen in Indien, obwohl ich nicht weiß, ob sie ernstzunehmen sind.«
    Hester schwankte zwischen Ausflüchten und der Wahrheit, entschied dann aber, daß die Wahrheit auf lange Sicht sicherer war. Felicia Carlyon war niemand, dem ein fehlender Zusammenhang oder kleinere Ungereimtheiten entgingen.
    »Ich war mit Miss Nightingale auf der Krim.« Der magische Name reichte gemeinhin vollauf, um die meisten Leute zu beeindrucken, und war gleichzeitig die beste Referenz.
    »Gütiger Gott!« stieß Felicia aus und nippte vornehm an ihrem Tee.
    »Wie ungewöhnlich!« preßte Randolf zwischen seinen Koteletten hervor.
    »Ich finde es faszinierend.« Zum erstenmal seit ihrer Ankunft im Salon sprach Edith ein Wort. »Eine ausgesprochen sinnvolle Art, sein Leben zu verbringen.«
    »Mit Miss Nightingale auf Reisen zu gehen nimmt kaum ein ganzes Leben in Anspruch, Edith«, erwiderte Felicia kühl. »Es mag ja recht abenteuerlich sein, aber es ist gewiß nur von kurzer Dauer.«
    »Zweifellos aus edlen Motiven heraus geschehen«, fügte Randolf hinzu. »Nichtsdestotrotz ungewöhnlich und nicht ganz schicklich für eine – eine…« Er verstummte.
    Hester wußte, was er hatte sagen wollen. Mit dieser Einstellung war sie schon oft konfrontiert worden, besonders von Seiten älterer Kriegsdiener. Nicht schicklich für eine Dame von Stand. Weibliche Wesen, die sich der Armee anschlossen, waren entweder die Ehefrauen der angeworbenen Soldaten, Wäscherinnen, Mägde oder Huren – von den Damen der meisten höheren Offiziere einmal abgesehen, doch das war etwas völlig anderes. Sie wußten, daß Hester nicht verheiratet war.
    »Die Krankenpflege ist in den letzten Jahren um einiges besser geworden«, sagte sie lächelnd. »Sie gilt inzwischen als Beruf.«
    »Nicht für Frauen«, entgegnete Felicia ausdruckslos.
    »Obwohl Ihre Arbeit zweifellos ehrenvoll war und ganz England das zu schätzen weiß. Was tun Sie jetzt, wo Sie wieder zu Hause sind?«
    Hester hörte, wie Edith die Luft anhielt, und sah, daß Damaris den Blick rasch auf ihren Teller senkte.
    »Ich betreue einen Offizier im Ruhestand, der sich einen komplizierten Beinbruch zugezogen hat«, erklärte sie, krampfhaft bemüht, sich auf die Komik der Situation zu konzentrieren, nicht auf das Demütigende. »Er braucht jemanden, der mehr Erfahrung im Umgang mit Verletzungen hat als ein Dienstmädchen.«
    »Sehr lobenswert«, meinte Felicia mit einem leichten Nicken und nahm noch ein Schlückchen Tee.
    Hester erahnte intuitiv, was sie nicht hinzugefügt hatte, daß es nämlich gut war für Frauen, die ihren Lebensunterhalt selbst verdienen mußten und aus dem heiratsfähigen Alter heraus waren. Nie würde sie zulassen, daß ihre eigenen Töchter in einen solch grauenhaften Engpaß gerieten, nicht solange sie noch ein Dach über dem Kopf hatten und auch nur ein einziges Kleidungsstück besaßen, das man ihnen überstülpen konnte.
    Hester war die Liebenswürdigkeit in Person.
    »Danke, Mrs. Carlyon. Es ist wirklich überaus befriedigend, einem anderen Menschen helfen zu können, und Major Tiplady kommt aus sehr guter Familie. Sein Ruf ist ausgezeichnet.«
    »Tiplady –?« Randolf krauste die Stirn. »Tiplady? Kann mich nicht erinnern, je von ihm gehört zu haben. Wo, sagten Sie, hat er gedient?«
    »In Indien.«
    »So was! Thaddeus – mein Sohn, wissen Sie – hat viele Jahre in Indien gedient. Ein herausragender Mann, General ist er gewesen. In den Sikhkriegen von ‘45 bis ‘64 und dann wieder ‘49. Bei den Opiumkriegen ‘39 in China war er auch dabei. Ein prachtvoller Bursche – da können Sie jeden fragen! Ganz, ganz prachtvoll, wenn ich so sagen darf. Ein Sohn, auf den jeder Mann stolz gewesen wäre. Wüßte nicht, daß er jemals den Namen Tiplady erwähnt hat.«
    »Ich glaube, Major Tiplady war in Afghanistan, während

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