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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Irgendwann muß der General den Raum ja verlassen haben.«
    »Richtig. Ich nahm ihn mit hinauf zu meinem Sohn Valentine, der zufällig zu Hause war. Der Ärmste kurierte gerade die Masern aus. Die beiden mochten sich wirklich sehr gern. Thaddeus hatte sich schon immer für ihn interessiert, und Valentine ist – wie jeder Junge, der allmählich erwachsen wird – vom Militär, vom Ausland und vom Reisen überaus fasziniert.«
    Sie blickte ihm gerade in die Augen.
    »Er hat Thaddeus’ Geschichten über Indien und den Fernen Osten regelrecht verschlungen. Leider hat mein Mann für derlei Dinge nicht allzuviel übrig.«
    »Sie brachten General Carlyon nach oben zu Ihrem Sohn. Blieben Sie dann ebenfalls dort?«
    »Nein. Mein Mann holte mich herunter, weil die Party dringend einiger Führung bedurfte. Wie ich bereits erwähnt habe, ließ das Benehmen gleich mehrerer Gäste ziemlich zu wünschen übrig. Fenton Pole und Mrs. Hargrave versuchten verzweifelt, eine zivilisierte Konversation in Gang zu halten. Das hat Maxim mir jedenfalls gesagt.«
    »Sie ließen den General also bei Valentine und gingen wieder nach unten?«
    »Ja.« Ihre Züge wurden hart. »Es war das letzte Mal, daß ich ihn lebend gesehen habe.«
    »Und Ihr Mann?«
    Sie veränderte ein wenig die Position, ohne sich jedoch von dem üppigen Schwung der Vorhangfalten zu lösen.
    »Er blieb oben. Und fast im selben Moment, als ich hier unten ankam, machte Alexandra sich auf den Weg hinauf. Sie war leichenblaß, außer sich vor Wut und fürchterlich angespannt. Ich dachte mir schon, daß sie die Absicht hatte, einen gewaltigen Streit vom Zaun zu brechen, aber keiner von uns konnte sie aufhalten. Ich hatte keine Ahnung, was mit ihr los war; ich weiß es bis heute nicht.«
    Monk sah sie ausdruckslos an.
    »Mrs. Carlyon behauptet, ihn umgebracht zu haben, weil er ein Verhältnis mit Ihnen hatte und jeder darüber Bescheid wußte.«
    Sie riß die Augen auf und stierte ihn völlig entgeistert an, als hätte er etwas derart Abwegiges und Lächerliches von sich gegeben, daß es schon nicht mehr beleidigend, sondern direkt komisch war.
    »So, tut sie das! So was Verrücktes! Das glaubt sie doch selbst nicht! Es ist nicht nur falsch, es ist noch dazu völlig an den Haaren herbeigezogen. Wir waren gut befreundet, sonst nichts. Und absolut niemand wäre je auf die Idee gekommen, daß mehr dahinterstecken könnte – glauben Sie mir. Fragen Sie sie doch! Ich bin eine amüsante und unterhaltsame Frau – zumindest hoffe ich das –, die in der Lage ist, dauerhafte Freundschaften einzugehen, aber ich bin doch nicht verantwortungslos!«
    Er lächelte sie an, weigerte sich jedoch nach wie vor, ihr das erwartete Lob auszusprechen. »Können Sie sich irgendeinen Grund vorstellen, warum Mrs. Carlyon diesen Verdacht hatte?«
    »Nein, keinen. Jedenfalls keinen vernünftigen.« Auch sie lächelte wieder. Ihre glänzenden Augen ruhten gelassen auf ihm, und er konnte endlich erkennen, daß sie haselnußbraun waren.
    »Wirklich, Mr. Monk, ich bin sicher, daß sie ein anderes Motiv hatte – irgendeinen heimlichen Groll, von dem wir nichts wissen. Und ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht, weshalb das so wichtig ist. Wenn sie ihn tatsächlich getötet hat, und das scheint doch zweifelsfrei festzustehen, welche Rolle spielt es dann noch, warum?«
    »Für den Richter könnte es durchaus eine Rolle spielen, wenn er nämlich das Strafmaß bestimmen muß. Falls sie verurteilt wird«, gab er zurück und forschte in ihrem Gesicht nach Mitleid, Wut, Kummer, irgendeiner beliebigen Gefühlsregung. Alles, was er sah, war kühle Überlegung.
    »Mit solchen Feinheiten des Gesetzes kenne ich mich nicht aus.« Wieder ein Lächeln. »Ich dachte eigentlich, sie würde so oder so gehängt.«
    »Da könnten Sie recht haben«, räumte er finster ein. »Sie sind an der Stelle stehengeblieben, als sich Ihr Mann und der General oben befanden und Mrs. Carlyon gerade hinaufgegangen war. Was geschah dann?«
    »Maxim kam herunter, und etwas später, nach zehn Minuten etwa, tauchte auch Alexandra wieder auf. Sie sah grauenhaft aus. Kurz darauf ging Maxim in die Halle – wir hatten alle die Hintertreppe benutzt, weil man so schneller zu Valentines Zimmer kommt –, und kehrte nach wenigen Minuten mit der Botschaft zurück, daß Thaddeus einen Unfall gehabt hätte und ernstlich verletzt wäre.
    Charles – Dr. Hargrave, meine ich – stürzte sofort zu ihm, um ihm zu helfen, war aber gleich wieder da und

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