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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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nervös, aber wachsam. Monk registrierte, wie sich sein Körper bei den Worten seiner Mutter verkrampfte und er die Augen zusammenkniff, ohne allerdings wegzusehen.
    »Was gibt es denn, Sir?« fragte er gedehnt. »Ich habe nichts gesehen, sonst hätte ich es der Polizei erzählt. Sie haben mich schon vernommen.«
    »Ja, das weiß ich.« Monk bemühte sich bewußt, sanfter mit ihm umzugehen, als er mit einem Erwachsenen verfahren wäre. Valentines Gesicht war bleich, die Augen dunkel umrandet. Wenn er den General tatsächlich so gern gehabt und als Freund wie auch Vorbild bewundert hatte, mußte es ein entsetzlicher Schock und zugleich ein grausamer Verlust für ihn sein. »Deine Mutter hat den General zu dir nach oben gebracht?«
    Valentines Körper straffte sich, und sein Blick wurde finster, als hätte man den Finger auf eine äußerst schmerzhafte, tief verborgene Wunde gelegt.
    »Ja.«
    »Ihr wart Freunde?«
    Wieder diese Wachsamkeit. »Ja.«
    »Es war also nicht ungewöhnlich, daß er dich besucht hat?«
    »Nein, ich – ich kenne ihn schon lange. Mein ganzes Leben, um genau zu sein.«
    Monk hätte ihm liebend gern sein Mitgefühl zum Ausdruck gebracht, wußte aber nicht, in welche Worte er es kleiden sollte. Die Beziehung zwischen einem Jungen und seinem Idol war eine sensible Angelegenheit und zuweilen extrem persönlich, weil mit Träumen und Wünschen verbunden.
    »Sein Tod muß ein furchtbarer Schlag für dich gewesen sein. Es tut mir wirklich leid.« Monk kam sich vor wie der Elefant im Porzellanladen. »Hast du deine Mutter oder deinen Vater irgendwo gesehen, während er bei dir war?«
    »Nein. Ich – der General – er war allein hier. Wir haben uns unterhalten…« Er warf seiner Mutter einen derart schnellen Blick zu, daß er Monk fast entgangen wäre.
    »Und worüber?«
    »Hmm…« Valentine zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht mehr genau. Über die Armee, glaube ich. Wie es dort so ist…«
    »Bist du Mrs. Carlyon begegnet?«
    Valentine war weiß wie die Wand. »Ja – ja, sie kam auch kurz rein.«
    »In dein Zimmer?«
    »Ja.« Er schluckte hörbar. »In mein Zimmer.«
    Es überraschte Monk nicht, daß der Junge blaß war. Er hatte einen Mörder und sein Opfer nur wenige Minuten vor der Tat gesehen. Er war mit allergrößter Wahrscheinlichkeit der letzte gewesen, der noch zu dessen Lebzeiten mit General Carlyon zusammengewesen war, ausgenommen Alexandra natürlich. Bei diesem Gedanken hätten sich wohl jedem die Haare gesträubt.
    »Und in welcher Verfassung war sie?« fragte er freundlich.
    »Erzähl mir alles, was dir dazu einfällt – und laß dich bitte nach Möglichkeit nicht von dem beeinflussen, was später passiert ist.«
    »Nein, Sir.« Valentine blickte ihn aus großen, leuchtendblauen Augen offen an. »Mrs. Carlyon war wirklich furchtbar aufgeregt, ganz schrecklich wütend. Sie hat sogar gezittert und konnte kaum sprechen. Ich hab’ mal einen Betrunkenen gesehen, und genauso kam sie mir vor. Als ob sie ihre Zunge und ihre Lippen nicht mehr unter Kontrolle gehabt hätte.«
    »Kannst du dich noch erinnern, was sie gesagt hat?«
    Valentine runzelte die Stirn. »Nicht genau. Eigentlich bloß, daß er nach unten gehen soll, weil sie mit ihm sprechen muß – oder weil sie vorher schon irgendwas mit ihm besprochen hatte, eins von beidem. Ich dachte, daß die zwei Streit gehabt hätten und daß sie wieder damit anfangen wollte. Sir?«
    »Ja?«
    Diesmal ging er dem Blick seiner Mutter bewußt aus dem Weg. »Können Sie Mrs. Carlyon bitte helfen?«
    Monk war verblüfft. Damit hatte er nicht gerechnet.
    »Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich hab’ ja gerade erst angefangen.« Er hätte den Jungen gern gefragt, warum ihm Alexandras Wohl so am Herzen lag, doch in Louisas Gegenwart war das wohl kein besonders geschickter Schachzug.
    Valentine wandte sich zum Fenster um. »Natürlich. Entschuldigung, das war dumm von mir.«
    »Du mußt dich nicht entschuldigen«, sagte Monk ruhig. »Es ist sehr anständig von dir, daß du danach fragst.«
    Valentine schaute ihn kurz an und sogleich wieder weg, aber Monk hatte die Dankbarkeit in seinen Augen gesehen.
    »War der General aufgeregt?« fuhr er fort.
    »Nein, eigentlich gar nicht.«
    »Du glaubst also, er hatte nicht die leiseste Ahnung, in welchem Aufruhr sie sich befand?«
    »Ja, sonst hätte er ihr wohl nicht den Rücken zugedreht, oder? Er ist viel größer als sie, und sie muß ihn schließlich überrascht haben, um ihn…«
    »Du hast

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