Eine Spur von Verrat
eifersüchtig auf mich, aber sie hatte nicht den geringsten Grund. Ich meine, wir haben absolut nichts Unanständiges getan.« Sie machte nur eine ganz kurze Pause. Louisa Furnival war viel zu kultiviert, um nach offensichtlichem Lob zu heischen, und Monk spendete ihr auch keins, obwohl er flüchtig daran gedacht hatte. Falls General Carlyon nie irgendwelche unanständigen Gedanken bezüglich dieser Frau in den Kopf gekommen waren, konnte er in der Tat kein besonders heißblütiger Mann gewesen sein.
»Alexandra machte von Anfang an einen furchtbar schlechtgelaunten Eindruck«, fuhr sie fort. »Sie hat nicht ein einziges Mal gelächelt, es sei denn aus purer Höflichkeit, und ist jedem Gespräch mit ihm erfolgreich aus dem Weg gegangen. Wenn Sie die Wahrheit hören wollen, Mr. Monk: für mich als Gastgeberin war es ganz schön anstrengend zu verhindern, daß die Situation für die übrigen Gäste nachgerade unhaltbar wurde. Zeuge eines Familienkrachs zu werden ist ziemlich unangenehm und für die meisten Menschen unerträglich. Meiner Meinung nach muß der Streit sehr ernst gewesen sein, denn Alexandra kochte den ganzen Abend vor unterdrückter Wut – was niemandem entging.«
»Aber das war einseitig, sagen Sie?«
»Wie bitte?«
»Einseitig«, wiederholte er. »Ihren Angaben zufolge war der General nicht wütend auf sie; er benahm sich ganz normal.«
»Ja – das stimmt«, sagte sie leicht erstaunt. »Vielleicht hatte er ihr irgend etwas verboten oder eine Entscheidung getroffen, die ihr nicht gefiel, was sie ihm nachhaltig übelnahm. Aber das ist wohl kaum ein Grund, jemanden zu ermorden, nicht wahr?«
»Was wäre denn ein Grund zu töten, Mrs. Furnival?«
Sie schnappte nach Luft und warf ihm dann ein strahlendes, durchtriebenes Lächeln zu.
»Was für verblüffende Dinge Sie manchmal sagen, Mr. Monk! Ich habe keine Ahnung. Ich habe noch nie mit dem Gedanken gespielt, jemanden umzubringen. Ich trage meine Kämpfe anders aus.«
Er blickte sie unbewegt an. »Und wie tragen Sie sie aus, Mrs. Furnival?«
Ihr Lächeln wurde breiter. »Heimlich, Mr. Monk. Heimlich und ohne jede Vorwarnung.«
»Und Sie gewinnen?«
»Immer!« Zu spät – es war heraus. Sie hätte es gern zurückgenommen. »Nun ja, meistens«, räumte sie etwas verlegen ein. »Und wenn nicht, würde ich gewiß keinen…« Sie kam ins Stocken, denn sie merkte, wie plump es war, sich zu rechtfertigen. Er hatte sie nicht beschuldigt, den Gedanken nicht einmal durchblicken lassen. Sie hatte ihn selbst ins Spiel gebracht.
Sie fuhr mit ihrer Geschichte fort und starrte wieder auf die gegenüberliegende Wand. »Dann sind wir alle zum Dinner gegangen. Sabella machte nach wie vor freche Bemerkungen, Damaris Erskine verhielt sich dem armen Maxim gegenüber unmöglich, und Alex sprach mit jedem außer Thaddeus – ja richtig, mit mir auch kaum. Sie hatte anscheinend das Gefühl, daß ich für ihn Partei ergriff, was vollkommen dumm war. Selbstverständlich habe ich mich herausgehalten. Ich bin lediglich meinen Pflichten als Gastgeberin nachgekommen.«
»Und was geschah nach dem Dinner?«
»Ach, die Männer blieben wie üblich am Tisch, um ihren Portwein zu trinken, und wir sind in den Salon gegangen, um ein bißchen zu plaudern.« Sie hob zugleich amüsiert und gelangweilt ihre wunderschönen Schultern. »Sabella ging nach oben. Wenn ich mich recht entsinne, klagte sie über Kopfschmerzen. Sie hat sich nie ganz von der Geburt ihres Kindes erholt.«
»Unterhielten Sie sich über etwas Bestimmtes?«
»Ich weiß es wirklich nicht mehr genau. Wie gesagt, es war ziemlich anstrengend. Damaris Erskine hatte sich bereits den ganzen Abend wie eine komplette Närrin benommen. Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum. Normalerweise ist sie eine vernünftige Frau, aber seit kurz vor dem Dinner schien sie plötzlich am Rande eines hysterischen Anfalls zu stehen. Vielleicht hatte sie Streit mit ihrem Mann, wer weiß. Sie stehen sich eigentlich sehr nahe, doch an diesem Abend hat sie ihn gemieden wie die Pest, was sehr ungewöhnlich für die beiden ist. Ich habe mich ein paarmal insgeheim gefragt, ob sie womöglich schon zu tief ins Glas geschaut hatte, ehe sie zu uns gekommen ist. Anders kann ich mir ihr Verhalten – und warum ausgerechnet der arme Maxim ihr Opfer war – überhaupt nicht erklären. Sie ist ja ziemlich exzentrisch, aber das war wirklich des Guten zuviel!«
»Ich werde versuchen dem nachzugehen«, bemerkte Monk.
»Und was passierte dann?
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