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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bryant
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bitte.“
    Tourmaline öffnete eine Schiebetür im Baumstamm und holte eine Schale mit frischem Obst hervor. „Was möchten Sie trinken?“
    „Milch, bitte.“
    Sie nahm aus dem gleichen Fach einen Krug hervor, sah sich um, sagte: „Ach, entschuldigen Sie“, und da wuchs auch schon ein Tisch mit einigen pilzförmigen Stühlen aus dem Boden.
    Bald lag ein Häufchen Obstschalen und -kerne vor Vince. „Wohnen Sie immer hier?“ fragte er.
    Tourmaline schüttelte den Kopf. „Ich wohne mal hier, mal da; aber hier mit am liebsten. Furchtbar gern schalte ich die Abschirmungen aus und schlafe auf der obersten Plattform im Freien.“
    „Das muß ja eine Menge Geld kosten. Sind Sie reich?“
    Wieder schüttelte Sie den Kopf. „Nur in dem Sinne, daß eine beträchtliche Zahl von Menschen Freude an meinen Talenten hat. Der Medienkonzern richtet mir diese Wohnungen ein.“
    Er sah sie fragend an.
    „Meine Arbeitgeber. Unterhaltungsindustrie in der Hauptsache.“
    „Sie sind im Show-Geschäft?“
    „Ich bin Unterhaltungskünstlerin.“
    Vince hatte die letzte Orange gegessen.
    „Noch mehr?“
    „Lieber nicht“, sagte er bedauernd.
    Nachdenklich sah sie ihn an. „Wollen wir eine kleine Fahrt machen?“
    „Wohin?“
    „Durch gewisse Viertel von Cinnabar.“
    „Doch gern.“ Er breitete die Arme aus. „Wenn ich schon mal hier bin, kann ich mir auch die Sehenswürdigkeiten anschauen. Kann Mr. Obregon mit uns Verbindung aufnehmen?“
    „Sagen Sie Timnath. Ja, wenn er uns etwas mitteilen will, kann er uns erreichen.“ Es fiel Tourmaline auf, daß Vince zum erstenmal seit seiner Ankunft in Cinnabar lächelte, als bekäme er jetzt erst Spaß an seinem Abenteuer.
    „Wohin gehen wir?“ fragte er. „Bitte nicht wieder durch diesen – Rollkorridor, ich habe zuviel gegessen.“
    „Ich habe ein anderes Fahrzeug“, beruhigte sie ihn; „es eignet sich großartig für so eine kleine Rundfahrt.“ Sie warf die Überreste von Vinces Mahl auf die Plattform, wo die Vögel sie aufpicken konnten. Dann kletterten sie beide Treppe um Treppe bis zum Wipfel des Baumes.
    Als sie aus den letzten Zweigen der Krone auftauchten, atmete Vince tief ein. „Ooch! Ein Luftschiff?“ Er starrte auf den achtzig Fuß langen zigarrenförmigen Sack.
    „Ein Heliumballon“, erläuterte Tourmaline.
    Die metallene Wendeltreppe führte den Pfeiler hinauf, der als Landemast diente. Die Hülle war tiefblau, dunkler als der Himmel. Am letzten Drittel des ziemlich dicken Gasschlauches hingen zwei Aggregate mit vierflügeligen Propellern. Dahinter war die Steuerung angebracht.
    „Wo sitzen wir denn?“ fragte Vince.
    „Vor den Motoren ist eine Passagierkanzel. Jetzt ist sie transparent.“
    „Ich glaube, undurchsichtig wäre sie mir lieber.“
    Sie kamen unterhalb des Schattens dieses seltsamen Luftschiffes aus dem Baum, Tourmaline machte eine Handbewegung, und die Passagierkanzel erschien – nichts weiter als eine Plattform mit einfachem umlaufenden Sicherungsgeländer. Vorsichtig stieg Vince hinüber und merkte zu seinem Erstaunen, daß die Plattform überhaupt nicht wackelte.
    „Es ist ganz ungefährlich“, sagte Tourmaline, die ihm gefolgt war.
    Vince entdeckte, daß die Kanzel mit weichen, tiefen, bequemen Kissen ausgelegt war. Auf Händen und Knien spähte er vorsichtig über die vordere Kante. Unter ihnen schwankten die Bäume.
    „Haben Sie was dagegen, wenn ich das hier ausziehe?“ fragte Tourmaline. „Beim Fliegen mag ich nur Sonne und Luft auf der Haut haben.“
    „Bitte, bitte – ist ja schließlich Ihr Luftschiff.“
    „Ballon heißt das.“ Sie zog das Hemdchen über den Kopf und warf es hinaus. Es flatterte abwärts und hing wie eine blaue Fahne an einem der höchsten Zweige. „Sie sollten das auch versuchen.“
    „Danke – ich fühle mich ganz bequem so.“
    „Aber Sie können mich ruhig anschauen. Es macht mich nervös, wenn Sie weiter so tun, als hätten Sie jedesmal, wenn Sie mich sehen, einen blinden Fleck im Auge.“
    Vincent wurde wieder einmal rot.
    Tourmaline warf die Halteleine los. Die Zwillingspropeller begannen zu rotieren. Leise schwirrend stieß das Luftschiff in den Himmel über Cinnabar.
    Lässig beschrieb Tourmaline einen Kreis mit dem Arm. „Das da ist im Grunde die ganze Welt: die Wüste, der Grüngürtel, die Stadt, das Meer.“
    „Gibt es denn keine anderen Städte?“
    „Nicht daß ich wüßte. Vielleicht eine. Können Sie sehen?“ Sie deutete hinaus in die bräunliche Öde der Wüste. Vince

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