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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bryant
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Zeitmaschine ist?“ fragte er Vince.
    „Ich habe Science Fiction gelesen, aber ich weiß, daß es keine Zeitmaschinen geben kann.“
    „Darüber haben wir ja gerade ausführlich gesprochen, Timnath“, warf Tourmaline ein.
    „Zeitmaschinen sind möglich, glauben Sie mir“, versicherte Obregon. Eingehend betrachtete er den schwarzen Kasten von allen Seiten. „Unkompliziert. Offenbar nur so zusammengebastelt.“ Er bückte sich und sah genauer hin. „Da ist eine Metallplatte angeschraubt: Eigentum der Physikalischen Abteilung des Central Texas College of Science.“ Er sah Vince an. „Kommen Sie von dort her?“
    „Nie gehört. Ich bin Student an der Universität von Denver.“
    „Wo ist das?“
    „Colorado.“
    „Nie gehört.“ Obregon tippte vorsichtig an die elektronischen Komponenten. „Das ist bestimmt ein Prototyp.“
    Vincent holte tief Atem. „Ist das hier die Zukunft?“
    „Nicht für uns.“
    „Sie reden wie die Personen in Alice im Wunderland.“ Seine Stimme und sein ganzer Körper zitterten. Wild starrte er vom einen zum anderen. Er schluchzte erstickt.
    „Du armer Kleiner!“ Tourmaline umfaßte ihn und schmiegte sein Gesicht zwischen ihre Brüste. Sein Rücken bebte, und sie streichelte ihn beruhigend. „Ist schon gut, weine nur. Dir passiert nichts, und wir sind deine Freunde.“ Vorwurfsvoll wandte sie sich an Obregon: „Rede doch nicht so kompliziert mit ihm!“
    „Ein gewisser kultureller Schock ist unvermeidlich.“
    Doch sie starrte weiter vorwurfsvoll, und schließlich sagte Obregon: „Mit einfachen Worten läßt sich das nicht erklären. Wir haben auch nicht genug Daten.“
    Vince schnaubte sich die Nase in ein Taschentuch, das Tourmaline ihm gegeben hatte. „Bin ich wirklich durch die Zeit gereist?“
    Obregon nickte. „Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß Sie sich, auf Ihren Ausgangspunkt bezogen, in der Zukunft befinden. Wie weit Sie gereist sind, weiß ich nicht. Meine Instrumente haben nur eine begrenzte Rückwärtsreichweite. Vielleicht kann mir Terminex helfen.“
    „Terminex?“
    „Der Computer.“
    „Ich möchte aber immer noch wissen, wie ich hierhergekommen bin.“
    „Ich auch. Mein Apparat hat Sie aus den wirbelnden Zeitströmen herausgefischt.“
    „Ich erinnere mich an eine Art riesigen Stromwirbel.“ Vinces Miene verdüsterte sich, als versuche er, die verfitzten Fäden eines Alptraumes zu entwirren.
    „Im Zentrum aller Zeit laufen die Ströme zusammen“, erläuterte Obregon, „und so sind Sie eben hier.“
    „Kann ich wieder zurück?“ fragte Vincent rasch.
    „Das weiß ich nicht.“
    Der Junge kniff die Augen zusammen; die Muskeln seines Gesichts verkrampften sich zu harten Flächen. Wieder begann er am ganzen Leibe zu zittern. Tourmaline wollte ihm die Hand auflegen, doch Obregon hielt ihr Gelenk fest. Nach einer Minute atmete Vincent ein paarmal tief und frei; dann öffnete er die Augen. Er blickte sich im Labor um, als sähe er es zum erstenmal. „Gibt es hier keine Fenster?“
    „Abgeschirmt“, erläuterte Obregon. Er klatschte zweimal in die Hände, und Sonnenlicht durchflutete den Raum, glänzte und gleißte auf Tischen, Schränken und Gerät. Vince starrte auf den grünen Abhang, der sich bis an den Fuß der Türme erstreckte. „Über uns sind noch weitere Institutsgebäude. Links können Sie die ersten Häuser von Craterside Park sehen. Noch ein Stückchen weiter ist das Meer. Die Wüste liegt hinter uns.“
    „Das hier ist die Stadt“, sagte Tourmaline. „Cinnabar.“
    „Ich bin in New York und Los Angeles gewesen“, sagte Vince, „aber so etwas habe ich noch nie gesehen.“ Er hielt inne. „Ist das die Welt? Die Erde, meine ich.“
    „Wir nennen es Erde“, erwiderte Obregon. „Die Welt, wo man zu Hause ist, heißt, glaube ich, immer und überall Erde.“
    „Ich wünschte, ich wäre zu Hause.“ Wieder schimmerten Tränen in seinen Augen. Wie zum Schutz legte ihm Tourmaline die Hand auf den Arm.
    „Was ist denn das?“
    Alle drei fuhren herum, denn der bis jetzt lautlose Kasten summte plötzlich.
    „Ich glaube, ich bleibe lieber allein mit dieser Zeitmaschine“, sagte Obregon. „Kümmerst du dich ein Weilchen um ihn, Tourmaline?“
    „Natürlich.“
    Hastig bedeutete Obregon ihnen, das Labor zu verlassen. „Ich sehe euch dann später. Vincent, essen Sie etwas und ruhen Sie. Haben Sie keine Angst. Es kommt schon alles wieder zurecht.“ Er lächelte ermutigend.
    Dann war das Laboratorium plötzlich weg: Tourmaline

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