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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bryant
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Pilotin.
    „Du bist ja auf einmal ein wahrer Energiekessel“, lachte sie. „Warst du wirklich noch Jungfer?“
    Er nickte und nahm die Hand weg.
    „Das soll keine Beleidigung sein“, versicherte sie, „ich habe nur schwere Bedenken gegen eine Kultur, die einen Sechzehnjährigen zwingt, diese Spannungen zu unterdrücken und aufzuspeichern. Das muß sehr unangenehm sein.“
    „Scheußlich ist es. Weißt du, ich habe im Schlafsaal gesessen und zugehört, wie die Jungen nach Hause kamen und von den Mädchen erzählten, mit denen sie ausgewesen waren. Manchmal wußte ich ja auch, daß sie schwindelten, aber ab und zu sagten sie wohl die Wahrheit. Und selbst als ich noch wirklich jung war, habe ich mich gefragt, wann ich so weit sein würde, oder ob überhaupt jemals. Dann versuchte ich, für ein Examen oder irgendwas zu arbeiten, aber schließlich gab ich es auf und machte die Türe zu und ging zu Bett, und dann … holte ich mir einen runter.“
    Mitfühlend hörte sich Tourmaline diesen Erguß an und versuchte, sich daran zu erinnern, wie einem zumute ist, wenn man so jung ist. Ihre Erinnerungen an diese Zeit waren lückenhaft und undeutlich. Sie küßte ihn und schmiegte den Kopf in den Raum zwischen seinem Kinn und Hals.
    „Schau!“ sagte Vince, „ich kann das Labor sehen, und da raucht es …“
    Das Laboratorium war ein zweistöckiger weißer Bau oben auf einer Anhöhe. Dichter schwarzer Qualm drang aus dem Erdgeschoß. Davor waren durcheinanderlaufende Menschen zu erkennen.
    „Da muß was passiert sein.“ Sie legte einen Hebel um, und das Summen der Propeller wurde schrill.
    „Die Zeitmaschine“, sagte Vince, „vielleicht ist sie explodiert.“
    Das Luftschiff ging in stumpfem Winkel auf die schwarze Rauchfahne nieder. Eine der wimmelnden Gestalten neben dem Labor sah zum Himmel hoch und rief etwas Unverständliches. Sie waren so dicht heran, daß sie das Prassern der Flammen hörten.
    „Das sind keine Feuerwehrleute.“
    „Hol sie der Teufel“, sagte Tourmaline, „das sind Neo-Crealisten.“ Das Feuer roch nach verbranntem Steak. „Timnath …!“
    „Er ist auf dem Dach“, sagte Vince und deutete hin.
    Der wirbelnde Rauch teilte sich sekundenlang, und sie sahen Obregon, der wild die Arme schwenkte. Unten fingen die Neo-Crealisten an zu brüllen und mit Steinen und Flaschen zu werfen. Gewichtig senkte sich das Luftschiff auf das Dach hinunter.
    „Au – das ist ja wie im Kino“, sagte Vince, „die Guten kommen gerade noch rechtzeitig zur Rettung.“
    „Sei nicht so romantisch“, verwies ihn Tourmaline, „die Neo-Crealisten sind romantisch genug.“
    Obregon wartete nicht, bis das Luftschiff aufsetzte. Als die Kanzel in Höhe seines Kopfes war, sprang er hoch und erwischte die Sicherheitsleine. „Gerade noch rechtzeitig“, sagte er, „nichts wie weg von hier!“
    Das Luftschiff stieg. „Der Auftrieb durch die heiße Luft wird das zusätzliche Gewicht kompensieren“, sagte Tourmaline; „bis zum Baum schaffen wir es leicht.“ Schrille wütende Rufe vom Boden her hallten ihnen nach.
    „Haben die Neo-Crealisten das angerichtet?“
    Obregon nickte. „Das ist mit das Erstaunlichste, was mir je passiert ist. Ich hatte das Labor aus dem Raum zurückgebracht und war mit der Zeitmaschine auf die zweite Ebene gegangen. Inzwischen hatten sich die Neo-Crealisten herangeschlichen und hatten eine Brandbombe ins Erdgeschoß geworfen – ich nehme an, sie haben den Druckkörper aus einer Brennstoffspraydose zusammengebastelt. Im zweiten Stock ist nicht viel anderes als Lagerraum; also kletterte ich aufs Dach. Aber ich bekam Angst; vielleicht würde ich springen und versuchen müssen, mit diesen Leuten zu verhandeln.“
    „Gibt es denn keine Polizei?“ fragte Vince.
    „Wenn ein Bezirk Vorschriften braucht, macht er sie sich selbst. In Craterside Park zum Beispiel ist law and order ganzgroß, doch hier draußen sind sie nicht mehr zuständig. Außerdem ist man nie auf die Idee gekommen, daß die Neo-Crealisten gewalttätig werden könnten.“
    Tourmaline berichtete ihm von dem Mob, der das Biogenetische Center belagerte.
    „Die werden ja tatsächlich unruhig“, meinte Obregon dazu, „ich werde froh sein, wenn dieser Nostalgie-Quatsch vorbei ist.“
    „Sie wollten dich umbringen.“
    „Das kam mir auch so vor. Ich hätte vielleicht gar nichts dagegen gehabt, mich mit ihnen herumzuschlagen, wenn mir nicht soviel daran liegen würde, dieses Zeitreise-Experiment abzuschließen.“
    „Die

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