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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bryant
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gerontologisch stabil“, fuhr Gerald fort, „es müßte länger funktionsfähig bleiben als Ihr eigener Körper. Mein Vater hat mir von Ihrer Kultur erzählt.“
    „Bei uns im Jahre 1963 machen wir auch Nierentransplantationen, aber sie gelingen nur zwischen Blutsverwandten. Andernfalls gibt es ein natürliches Abstoßungssyndrom.“
    Unerschüttert entgegnete Gerald: „Ich habe bereits dafür gesorgt, daß Ihr Organismus die neue Niere mit einer zeitweiligen Überdosis einseitiger Antikörper versieht. Dadurch kann er das neue Organ nicht als etwas Fremdes erkennen. Es wird weder mit den zweiseitigen Antikörpern noch mit den Blutkomponenten Probleme geben.“
    „Sie haben gehört, was Timnath über die Zeit und meine Rückkehr in mein Kontinuum gesagt hat“, erwiderte Vince nachdenklich. „Selbst wenn ich die Niere in mir habe – bleibt sie nicht trotzdem Tourmalines Körpergewebe und gehört sie nicht hierher nach Cinnabar? Es wird ziemlich eklig für mich, wenn sie verschwindet und auf ihrer eigenen T-Linie nach Cinnabar zurückkehrt.“
    „Timnath hat an alles gedacht.“ Es war Gerald anzuhören, wie stolz er auf seinen Vater war. „Er hat mir einen Subminiatur-Energieträger gegeben, den ich in die Niere implantiert habe; er ist nur ungefähr so groß wie ein paar tausend Nephrone. Sie werden nicht das geringste merken, und er wird solange reichen, wie die Niere lebt.“
    „Ich bin ein Cyborg“, sagte Vince erschüttert.
    „Na und? Das ist doch kein soziales Stigma.“
    „Es sollte eine Art Scherz sein.“
    „Mm.“ Gerald tippte vorsichtig noch ein paarmal zum Abschluß und legte den Stift auf das Tablett zurück. „Ich würde sagen, Sie sind durch. Sie können sogar alles trinken, was Sie wollen.“
    Vorsichtig kletterte Vincent vom Tisch herunter und merkte, daß seine Beine noch sehr schlapp waren.
    „Machen Sie sich ein bißchen Bewegung.“ Zum erstenmal lächelte Gerald. „Viel Spaß noch hier bei uns.“
    Mit einigen Abänderungen an Chassis und Bespannung und einem weiteren Heliumkanister zur Erhöhung der Steigkraft konnte Tourmalines Luftschiff ohne weiteres drei Personen tragen. Der Wind summte in den Aufhängungen der Antriebsaggregate und brachte den Salzgeruch des Ozeans mit. Neugierig umkreisten Möwen das Fahrzeug. Die Passagiere, denen im Moment kalt war, hüllten sich in Pelzdecken, die sie von der Schlafstelle mitgenommen hatten.
    „Wie wird das sein?“ fragte Vince beklommen.
    „Unvermittelt“, entgegnete Obregon. „Kein sensationelles Ein- und Auftauchen in die Realität und wieder hinaus, mit langsamem Verblassen am Schluß. Sondern ganz glatt und sauber.“
    „Das beruhigt mich.“
    Das Luftschiff segelte zu den roten Klippen, die den Tondelaya-Strand überragten. Gelangweilt ließen sich die Möwen auf die See hinaustreiben. „Es war eine schöne Zeit hier bei euch“, sagte Vince. Er saß zwischen Tourmaline und Obregon. Sie hatten ihre Arme um seine Schultern gelegt. „Es klingt blöd, ich weiß – aber ich wollte das ausdrücken, was ich fühle.“
    „Es hört sich ja wie Abschied an“, protestierte Tourmaline; „du weißt doch gar nicht, ob es schon so weit ist.“
    „Ich habe das Gefühl, es ist so weit.“
    Wortlos sahen alle drei ein Weilchen zu, wie die Türme von Cinnabar vorüberglitten.
    „Inzwischen bin ich tatsächlich dazu gediehen, daß ich euch alle beide Hebhabe.“
    „Das Gefühl ist, glaube ich, gegenseitig.“
    „Was auch immer zu Hause sein wird – ich werde das hier nie vergessen.“
    Lächelnd legte ihm Tourmaline ihren zierlichen Finger auf die Lippen.
    „Bestimmt nicht“, bekräftigte er, „ich könnte es nicht.“
    Das Luftschiff überquerte die Klippen, sie sahen den Sand und die langsamen gleichmäßigen Wogen.
    „Ich möchte nie von hier weg“, sagte Vince. „Wißt ihr, ich habe noch niemals …“
    Und da war er verschwunden. Mit einem hörbaren plopp schoß die Luft in die Stelle ein, wo er eben noch gewesen war.
    „Ich nehme an“, sagte Obregon, „daß diese drei Kilo zusammengeschmolzener Zeitmaschine in diesem Augenblick ebenfalls aus der Existenz geploppt sind.“
    Tourmaline sah hinaus und hinunter auf den reinlichen Sand. „Ich bin sehr traurig“, sagte sie.
     
     
    „… heute früh in Dallas“, sagte der Radiosprecher.
    In unterschiedlichem Maße geschockt sammelten sich Studenten und Bibliothekpersonal an der Buchausgabe.
    „… anscheinend von einer oberen Etage der Staatsbibliothek von Texas.

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