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Eine Studie in Scharlachrot

Eine Studie in Scharlachrot

Titel: Eine Studie in Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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hinein hörte ich das leise, melancholische Klagen seiner Geige und wußte, daß er noch immer brütete über dem seltsamen Problem, das zu entwirren er sich vorgenommen hatte.
6. Tobias Gregson zeigt, was er kann
    Am nächsten Tag waren die Zeitungen voll vom »Brixton-Rätsel«, wie sie es nannten. Jede brachte einen langen Bericht von der Angelegenheit, und einige hatten zusätzlich Leitartikel darüber. Es fanden sich in den Zeitungen einige Informationen, die mir neu waren. In meinem Notizbuch habe ich noch immer zahlreiche Ausschnitte und Auszüge, die sich mit dem Fall beschäftigen. Hier nun eine Zusammenfassung einiger von ihnen:
    Der
Daily Telegraph
bemerkte, in der Verbrechensgeschichte habe es kaum je eine Tragödie mit seltsameren Charakteristika gegeben. Der deutsche Name des Opfers, das Fehlen eines jeglichen Motivs und die sinistre Schrift an der Wand, all dies deute darauf hin, daß das Verbrechen von politischen Flüchtlingen und Revolutionären begangen worden sei. In Amerika seien die Sozialisten weitverzweigt, und der Verstorbene habe zweifellos ihre ungeschriebenen Gesetze übertreten und sei von ihnen zur Strecke gebracht worden. Nach ätherischen Anspielungen auf Femegericht 19 , Aqua Tofana 20 , Carbonari 21 , die Marquise von Brinvilliers 22 , Darwins Theorie, die Lehrsätze von Malthus und die Ratcliff-Highway-Morde 23 schloß der Artikel damit, daß er die Regierung ermahnte und eine striktere Überwachung von Ausländern in England befürwortete.
    Der
Standard
kommentierte die Tatsache, daß sich gesetzlose Gewalttaten dieser Art gemeinhin unter liberalen Regierungen zu ereignen pflegten. Sie ergäben sich daraus, daß man den Massen den Kopf verwirre, was folgerichtig jede Autorität schwäche. Der Verstorbene sei ein amerikanischer Gentleman gewesen, der sich einige Wochen lang in der Metropole aufgehalten habe. Er habe im Gästehaus von Madame Charpentier, Torquay Terrace, Camberwell, geweilt. Auf Reisen habe ihn sein Privatsekretär Mr. Joseph Stangerson begleitet. Am Dienstag, dem 4. des lfd., hätten die beiden sich von ihrer Wirtin verabschiedet und sich zur Euston Station begeben, in der erklärten Absicht, den Expreß nach Liverpool zu nehmen. Später seien sie gemeinsam auf dem Bahnsteig gesehen worden. Weiteres wisse man nicht über sie, bis schließlich, wie gemeldet, Mr. Drebbers Leichnam in einem leerstehenden Haus in der Brixton Road aufgefunden wurde, viele Meilen von Euston entfernt. Wie er dorthin gelangt sei oder wie er sein Schicksal erlitten habe, seien Fragen, die noch der Ruch des Mysteriums umgebe. Gänzlich unbekannt sei der Aufenthalt von Mr. Stangerson. Man freue sich zu erfahren, daß Mr. Lestrade und Mr. Gregson, beide von Scotland Yard, mit dem Fall befaßt seien, und setze vertrauensvoll voraus, daß diese wohlbekannten Beamten alsbald Licht in diese Angelegenheit brächten.
    Die
Daily News
bemerkte, es gebe keinen Zweifel an der politischen Natur dieses Verbrechens. Der Despotismus und Liberalenhaß der kontinentalen Regierungen habe die Wirkung gezeitigt, an unsere Gestade eine große Anzahl von Männern zu spülen, aus denen hervorragende Bürger hätten werden können, wenn sie nicht durch die Erinnerung an all das, was sie erlitten, verbittert wären. Unter diesen Männern gebe es einen verbindlichen Ehrenkodex, den auch nur im mindesten zu übertreten mit dem Tode bestraft werde. Man solle keine Anstrengung scheuen, den Sekretär Stangerson ausfindig zu machen und sich einiger besonderen Gewohnheiten des Verstorbenen zu vergewissern. Es sei ein großer Fortschritt gewesen, die Anschrift des Hauses zu ermitteln, in welchem er in Pension gelebt habe – ein Erfolg, der allein dem Scharfsinn und der Tatkraft von Mr. Gregson, Scotland Yard, zu verdanken sei.
    Sherlock Holmes und ich überflogen diese Artikel gemeinsam beim Frühstück, und ihn schienen sie beträchtlich zu erheitern.
    »Ich habe es Ihnen doch gesagt – was auch immer geschieht, Lestrade und Gregson ernten bestimmt die Lorbeeren.«
    »Das hängt davon ab, wie die Sache ausgeht.«
    »Gott segne Ihre Einfalt, Watson, aber davon hängt es überhaupt nicht ab. Wenn der Mann gefaßt wird, dann
wegen
ihrer Bemühungen; wenn er entkommt, dann
trotz
ihrer Bemühungen. Was sie auch tun, sie werden Bewunderer finden.
Un sot trouve toujours un plus sot qui l’admire.
24 «
    »Was um alles in der Welt ist das?« rief ich, denn in diesem Augenblick hörte ich das Trappeln vieler Füße in der Diele

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