Eine stuermische Braut
Diensten zu sein.«
Logan gelang es nicht ganz, die Lippen ruhig zu halten, als er ebenfalls grüßend den Kopf senkte.
»Es ist mir ebenfalls ein Vergnügen, eure Dienste zu erwidern.«
»Jimmy, der Major zieht in die Kabine nebenan ein. Heute Abend essen wir hier. Zur gewohnten Zeit. Und jetzt ...« Linnet forderte Logan mit einem Blick auf, ihr zu folgen, schnappte sich ihren Hut und eilte zur Tür. »Jetzt drehe ich eine Runde über das Deck.«
Logan hielt sich in ihrem Schlepptau, während sie über das Deck kreiste. Lauschte, als ein Matrose nach dem anderen sie als »Captain« ansprach, sah das Leuchten in ihren Blicken und den Ausdruck in den Gesichtern, der von Eifer kündete und dem Zutrauen, das sie in Linnets Kommando setzten. Er hatte schon Kommandeure erlebt, die zu weniger Demut angeregt hatten.
Und je länger er zuhörte, wie sie jeden Mann über seine Familie befragte, über sein Zuhause oder aus welcher kleinen Gemeinde der Insel er stammte, desto stärker wurde ihm bewusst, dass sie einen wahren Adlerblick für Details hatte. Je länger er ihren schnellen, entschlossenen Befehlen lauschte, desto mehr begriff er, dass der Respekt, der ihrem Rang gebührte - selbst wenn sie ihn in mancher Hinsicht von ihrem Vater geerbt hatte - in solcher Überfülle vorhanden war, dass sie ihn sich letztlich nur selbst erarbeitet haben konnte.
Und doch, es war ihm ein Rätsel, wie es dazu gekommen war - wie es ihr hatte gelingen können, eine solche Position in dieser Weise auszufüllen.
Es bot sich ihm keine echte Gelegenheit, die Sache weiter zu verfolgen, als sie sich mit Anbruch der Nacht in ihre Kabine auf dem inzwischen ruhigen Schiff zurückzogen und zu Abend aßen. Jimmy kam ständig herein und ging wieder hinaus, stand oft an Linnets Stuhl und redete wie ein Wasserfall, wobei er sie größtenteils über den neuesten Klatsch aus der Mannschaft informierte.
Logan bemerkte rasch, dass Jimmy keine Notwendigkeit sah, seine Berichte zu zensieren, nur weil Linnet weiblich war.
Je gründlicher er es bedachte, desto mehr vermutete er, dass die Mannschaft sie als ... nein, nicht als Mann betrachtete, gewiss nicht, aber als eine andere Kategorie Frau - als eine Frau, die offenkundig in der Lage war, sie zu führen.
Die Vergleiche, die sie zwischen sich und Königin Elisabeth angestellt hatte, schienen noch passender zu sein.
Nach dem Dinner folgte er ihr wieder an Deck und heftete sich ihr an die Fersen, als sie im schwachen Mondlicht hier ein Seil überprüfte, dort ein aufgerolltes Segel. Immerhin waren sie allein.
»Ich dachte, dass Seeleute abergläubisch sind und deshalb keine Frauen an Bord dulden.«
Sie lachte. Auf dem Vorschiff angekommen, wirbelte sie herum und streifte mit der Hüfte ein aufgespultes Seil. Dann schaute sie ihn an, musterte ihn in der Dämmerung und lächelte schwach.
»Der größte Teil der Mannschaft segelt mit mir, seit ich ein Kind war. Ganz bestimmt diejenigen, die schon älter sind. Normalerweise ist die Esperance nur kurz unterwegs. Daher hat mein Vater mich oft mitgenommen.« Sie ließ den Blick schweifen. Aus ihrer Miene sprach Zuneigung. »Als kleines Kind bin ich wie wild über das Schiff getobt. Auch als junges Mädchen. Und nachdem meine Mutter gestorben war, war ich bei jeder Reise dabei. Ich war elf Jahre alt.« Sie begegnete seinem Blick. »Ich war sogar an Bord, als wir bei der Evakuierung von A Coruña geholfen haben.«
Logan lehnte sich seitlich an und erwiderte ihren Blick.
»Du warst also eine Seemannsgöre. Und als dein Vater gestorben ist, hast du sein Kapitänspatent geerbt?«
»Mehr oder weniger. Der Rang ist natürlich nur ehrenhalber. Aber auf Guernsey wirst du niemanden finden, der daran herummeckert.« Sie verzog die Lippen. »So wie niemand mein Recht infrage stellen würde, das Steuer zu ergreifen. Kein Hafenmeister hier oder in England oder selbst in Frankreich. Oder irgendeine Schifffahrtsbehörde. Obwohl ich als Frau noch nicht einmal ein Kapitänspatent halten darf.« Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf den hinteren Teil des Schiffes. »An Bord gibt es zwei Männer im Kapitänsrang, die das Schiff auch befehligen könnten. Aber sie sind damit zufrieden, mir die Sache zu überlassen. Die Erfahrung spricht dafür, und auf See herrscht viel weniger Toleranz gegenüber Fehlern.«
Wie weit sie wohl schon gefahren war? Hatte sie schon Seegefechte gesehen? Wie viel Zeit eines Jahres hatte sie an Bord verbracht? War die Esperance schon einmal
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