Eine Stuermische Nacht
hinzu:
»Man kann nicht behaupten, dass er sonderlich gut aussieht, aber es lässt sich nicht leugnen, dass er mit diesen rauen Zügen und den breiten Schultern auf das weibliche Geschlecht anziehend wirkt.« Penelope seufzte verträumt.
»Kein Wunder, dass Emily so rasch zugestimmt hat, ihn zu heiraten. All dieser dunklen Männlichkeit zu widerstehen muss nahezu unmöglich sein.«
»Stimmt«, murmelte Cornelia, und ihre haselnussbraunen Augen funkelten, »sein Urgroßvater war genauso … und ihm zu widerstehen ist mir gar nicht in den Sinn gekommen.«
Es war nicht allzu spät, als die Gesellschaft sich auflöste und die Gäste aufbrachen. Emily und Cornelia blieben nicht unten, nachdem die Smythes abgefahren waren, sodass Emily schon weit vor Mitternacht in ihrem Bett lag.
Eine Kerze brannte in dem Ständer neben ihrem Bett, und da Emily nicht einschlafen konnte, studierte sie das komplizierte Muster in dem seidenen Betthimmel über sich. Während des ganzen Tages hatte sie keinen ungestörten Augenblick gehabt, keine Zeit, darüber nachzudenken, was sie getan hatte. Aber jetzt, da sie zum ersten Mal allein war, rang sie mit den gewaltigen Veränderungen, die in ihrem Leben stattfinden würden. Gütiger Himmel! Sie hatte sich einverstanden erklärt, Lord Joslyn zu heiraten.
Sie war sich nicht ganz sicher, wie es um ihr Herz bestellt war, aber sie konnte nicht abstreiten, dass sie ihn faszinierend fand. Und ebenso wenig konnte sie sich vormachen, dass sie seine Gesellschaft nicht höchst anregend fand – wenn er nicht gerade absichtlich aufreizend war. Von seinem Reichtum und seinem Titel einmal abgesehen, sprach etwas an Joslyn sie auf einer Ebene an, wie es kein anderer Mann je zuvor getan hatte. Man konnte nicht abstreiten, dass er die köstlichsten und aufregendsten Gefühle in ihr weckte, wenn er sie in seine Arme schloss. Eine Weile lang verlor sie sich in den Erinnerungen an den fordernden Mund auf ihrem und die Kraft in den starken Armen, wenn er sie an sich drückte. Zu ihrer nicht geringen Verwunderung und Verlegenheit richteten ihre Brustspitzen sich auf, und wohlige Schauer liefen durch ihren Körper.
Ihre Wangen wurden flammend rot, und sie vergrub ihr Gesicht in einem der Kissen. Er hat mich verhext, überlegte sie, nicht glücklich darüber, und ich bin wie ein naives Milchmädchen in seine Arme gesunken, ohne die Folgen oder sonst etwas zu bedenken außer dem Wunder seines Kusses. Sie schnaubte abfällig. Nicht ganz richtig im Kopf, das war sie.
Sie rollte sich auf den Rücken und starrte wieder hinauf in den Betthimmel, als ob die Antwort auf ihre Gefühle und Empfindungen in dem verschlungenen Muster zu finden sei. Bereute sie es, seinen Antrag angenommen zu haben? Nein, nicht wirklich. Aber seine Werbung, wenn man es denn so nennen wollte, war jedenfalls nicht dem üblichen Weg gefolgt. Noch vor einem Monat war Lord Joslyn ein völlig Fremder für sie gewesen, nicht mehr als ein Name, und dennoch hatte sie jetzt, gerade einmal drei Wochen nach der schicksalhaften Begegnung im besten Zimmer der Krone , seinen Heiratsantrag angenommen.
Er hat mich überrumpelt, gestand sie sich ein. Es gab viel an Lord Joslyn zu bewundern, und er hatte sich als ehrenwerter Mann erwiesen, ein Mann, dem man vertrauen konnte, und – nicht zu vergessen, überlegte sie mit einem ironischen Lächeln, Cornelia mochte ihn.
Sie musste wieder daran denken, wie er ausgesehen hatte, als er in das Zimmer gestürmt war, in dem Ainsworth sie gefangen gehalten hatte, wie ein Racheengel, mit blitzenden Augen und dem Messer in der Hand; er war ihr zu Hilfe gekommen, in dem Moment, als sie ihn am nötigsten gebraucht hatte. Er war vieles: faszinierend, vertrauenswürdig, charmant, reich … freundlich alten Damen gegenüber, fügte sie noch mit einem Lächeln hinzu. Das durfte sie nicht vergessen. Sie vermutete, dass sie zwar vielleicht noch nicht in ihn verliebt war, aber auf bestem Wege dahin. Natürlich hatte sie zugestimmt, ihn zu heiraten.
Emily runzelte die Stirn. Ihre Gründe dafür, seinen Antrag anzunehmen, lagen auf der Hand. Aber warum wollte er sie heiraten? Sie besaß kein Vermögen. Sie hatte keine großartige vornehme Familie, von einem Titel gar nicht zu reden. Ganz im Gegenteil, wenn sie an ihren Cousin Jeffery dachte. Sie war keine bemerkenswerte Schönheit oder sonderlich geistreich. Sie seufzte. Es gab nichts an ihr, das sie erkennen konnte, das einen Mann wie Lord Joslyn anziehen würde. Ihre Lippen
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