Eine Sünde zuviel
nicht eher zu stören, als bis sie herbeigeschellt wurde.
»Guten Tag«, sagte Faber und schob sich einen Stuhl ans Bett. »Was machen die Rippchen? Wußte gar nicht, daß Sie Selbstversorger sind … wollte eigentlich Sauerkraut mitbringen. Rippchen mit Sauerkraut … delikat …«
Ernst Dahlmann verzog sein Gesicht zu einem müden Lächeln. Er war nicht aufgelegt, dumme Späße über sich ergehen zu lassen.
»Was führt Sie zu mir, Herr Kommissar?« fragte er geradezu. Der dicke Faber räusperte sich kräftig.
»Eine Routinesache, mein Lieber. Ich habe Ihre Aussage noch einmal durchgelesen und finde da eine Lücke.«
»Eine Lücke?« Dahlmanns Augen wurden lauernd. »Wieso?«
»Für eine Nachtfahrt fehlt uns eine Erklärung.«
»Nachtfahrt?«
»Ja. Sie waren in der Nacht vom dreiundzwanzigsten zum vierundzwanzigsten unterwegs. Sie kamen sehr spät – oder früh, wie man's nimmt – zurück. Wo waren Sie da?«
Ernst Dahlmann lächelte verzerrt. »Muß ich das sagen, Herr Kommissar?«
»Besser wär's, ehe wir anfangen, alles durch die Mangel zu drehen.«
»Wenn es sich um eine Kavaliersangelegenheit handelt?«
Der dicke Faber betrachtete Dahlmann äußerst verblüfft. Man ist doch dämlich, dachte er dabei. An so etwas hätte ich eher denken müssen! Mal sehen, was dabei herauskommt.
»Vor der Polizei gibt es keine Kavaliere«, sagte er weise. »Nur Verdächtige –«
»Also muß ich?«
»Nur, wenn Sie sich nicht dabei schaden.«
»Nein. Also …« Dahlmann faltete umständlich die Zeitung zusammen. »Ich habe von einem Bekannten, von Dr. Forster, eine einsame Jagdhütte gemietet. Sie wissen, Herr Kommissar, eine solche Hütte, die flotte Ehemänner –« Er schwieg und blinzelte Faber zu. Der Kommissar nickte verständig.
»Weiter.«
»In dieser Hütte hatte ich ein Rendezvous.«
»Sehr schön. Mit wem?«
»Das Mädchen hieß Eva.«
»Sehr sinnig. Und weiter …«
»Weiter nichts.«
»Wieso?«
»Ich kenne den Nachnamen nicht.«
Der dicke Faber drückte das Kinn an den Kragen. »Sie waren mit einem Mädchen Eva in einer Waldhütte und wissen nicht den Nachnamen? Mein lieber Dahlmann, Sie müssen die Polizei nicht für Hornochsen halten.«
»Ich versichere, daß ich den Namen nicht kenne. Ich traf dieses Mädchen Eva am Tage vorher am Bahnhof, ein süßes Püppchen übrigens, wir tranken Kaffee zusammen, und ich lud sie ein zu einer Abendfahrt. Die machten wir dann auch … und ich habe mich nie darum gedrängt, den Namen zu erfahren, weil es eine einmalige Episode bleiben sollte.«
»Sie sind ein tief moralischer Mensch, ich merke es.« Der dicke Faber kratzte sich die Nase. »Und diese Eva kennt auch Ihren Namen nicht?«
»Nein.«
»Sie haben keine neue Verabredung getroffen?«
»Nein.«
»Schade. Diese Eva wäre etwas für das Sittendezernat. Schwamm drüber. Wo liegt die Jagdhütte?«
Dahlmann beschrieb Faber den Weg. Auf den Rand der Zeitung kritzelte er sogar eine kleine Lageskizze, die Faber abriß und in die Tasche steckte.
»Was werden Sie nun tun, Herr Kommissar?« fragte Dahlmann. Er atmete auf. Faber schien ihm die Geschichte mit der mysteriösen Eva abzukaufen.
»Wir sehen uns das Liebesnest mal an.«
»Aber zu meiner Frau kein Wort darüber …«
»Herr Dahlmann!« Der dicke Faber erhob sich ächzend. Krankenhausstühle sind immer unbequem. »Wenn wir Polizisten auch ungehobelte Knochen sind … diskret sind wir! Auf Wiedersehen.«
»Guten Tag –« Dahlmann ließ sich in die Kissen zurücksinken. An der Tür drehte sich Faber noch einmal um.
»Ich habe ganz vergessen, zu fragen, wie es Ihnen geht.«
»Gesundheitlich ganz gut.«
»Das ist eine Einschränkung.«
Dahlmann hob die Schultern. Faber trat einen Schritt zum Bett zurück.
»Ärger zu Hause?« fragte er. »Mit Ihrer Frau?«
»Sie war seit sechs Tagen nicht mehr im Krankenhaus.« Dahlmanns Gesicht wurde hart und kantig. »Sie hat einen Geliebten … wissen Sie das, Herr Kommissar?«
»Nein. Wen denn?«
»Den Schauspieler Robert Sanden.«
»Sieh an, sieh an … von der Pille zum Kothurn –«
»Lassen Sie bitte die faden Witze, Herr Kommissar. Mir ist das nicht zum Lachen. Ich leide unter diesem Fehltritt meiner Frau –«
»Aber sie hat keine Jagdhütte, mein Lieber!« Der dicke Faber lächelte gehässig. Dahlmann schwieg verbissen. »Lassen Sie sich scheiden«, riet Faber und ging wieder zur Tür. »Es gibt so viele Evas …«
»Danke für den Rat.«
»O bitte. Bei einem Anwalt kostet er dreißig
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