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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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her?« fragte Luise ruhig.
    »Aus Wuppertal. Seine Fabrik stellt gummielastische Waren her. Hosenträger, Strumpfbänder, Ärmelhalter und neuerdings auch Sicherheitsgurte für Autos. Ich bringe ihn ins Hotel zurück, Luiserl. In einer Stunde bin ich wieder zurück.«
    Luise schwieg. Wer ist dieser Julius Salzer, dachte sie. Warum lügt er wieder? Friedrich und Ingenieur aus Wuppertal! Wer verbirgt sich hinter dem jungen betrunkenen Mann? Wie kommt er in unsere Wohnung?
    Sie wartete, bis sie Dahlmanns Wagen wegbrummen hörte. Dann suchte sie im Telefonbuch die Nummer der Auskunft.
    »Ich möchte die Rufnummer des Einwohnermeldeamtes Bückeburg«, sagte sie. »Ja. Danke. Ich warte …«
    In fünf Minuten würde man wissen, wer dieser Julius Salzer war.
    ***
    Ernst Dahlmann klingelte vergebens an der Tür Robert Sandens. Er war nicht zu Hause. Um diese Zeit waren die Nachmittagsproben. So fuhr Dahlmann weiter zum Theater und verhandelte in der Portiersloge am ›Eingang für Bühnenangehörige‹ lange und zäh, bis der Pförtner sich bereit erklärte, Herrn Sanden von der Probe wegzurufen. Zu dieser Tat wurde er erst inspiriert, als Dahlmann neben einer Zigarre auch einen Geldschein hinschob. »Zum Anzünden!« sagte er mit sauer-fröhlicher Miene. Der Portier lachte und klingelte zum Inspizienten. Dort erfuhr man, daß Herr Sanden gerade seine große Szene im zweiten Akt probte. Es war die erste Kostümprobe mit Bühnenbild und Beleuchtung. König Lear. Robert Sanden spielte darin den Narren.
    »Es wird bestimmt zwanzig Minuten dauern«, sagte der Portier. »Da kann man nicht einfach weggehen …« Er schnupperte an der Zigarre. »Setzen Sie sich doch in die Kantine, mein Herr. Ich schicke den Herrn Sanden dann dorthin. Wen soll ich denn melden?«
    Dahlmann hatte eine plötzliche Eingebung. »Sagen Sie, ein Abgesandter des Württembergischen Staatstheaters sei hier, aus Stuttgart. Es sei dringend.«
    Der Portier sah Dahlmann mit leicht offenem Mund nach. Ein Herr aus Stuttgart. Vom Staatstheater. Von der Konkurrenz. Und dann eine Zigarre und ein Geldschein … das war ein ganz neues Erlebnis in vierzigjähriger Theaterlaufbahn als Bühneneingangportier. Das war sicherlich eine moderne Einstellung zum Personal. Es war ja bekannt, daß die Leute im Süden ein moderneres Theater spielten als im Norden.
    Geduldig wartete Dahlmann über eine halbe Stunde. Dann sah er Robert Sanden in die Kantine kommen, noch im Kostüm des Learschen Bettlers, zerlumpt, mit Stroh im Haar wie sein wahnsinniger Herr, der König. Er sah sich um; als er Dahlmann sitzen sah, straffte sich seine Gestalt. Mit festen Schritten kam er auf ihn zu. Dahlmann blieb sitzen, die Hände um das Glas Bier gelegt.
    »Ich hätte mir denken können, daß kein Herr aus Stuttgart unangemeldet kommt«, sagte Sanden abweisend. »Andererseits paßt es zu Ihnen, sich hinter anderen zu verstecken.«
    »Vergessen Sie, daß Sie auf der Bühne stehen«, sagte Dahlmann ironisch. »Reden Sie wie ein normaler Mensch. Das hier ist keine Rolle, es ist tiefster Lebensernst.«
    »Was wollen Sie von mir?« Sanden blieb stehen, auch als ihm Dahlmann einen Stuhl hinrückte.
    »Ich will Sie zunächst fragen, wie Sie sich das mit meiner Frau denken!«
    »Ich liebe sie.«
    »Das ist nett gesagt!« Dahlmann umkrallte das Bierglas. »Jeder andere Mann würde Ihnen eine 'runterhauen wegen dieser Frechheit, das einfach ins Gesicht zu sagen.«
    »Ich habe Ihnen auf Ihre klare Frage nur die nötige klare Antwort gegeben.«
    »Und damit meinen Sie, sei alles klar?!«
    »Ja.«
    »Sie halten es für richtig, einfach eine Frau zu lieben, ohne zu fragen, ob sie verheiratet ist, ja, das stört Sie nicht im geringsten! Sie setzen sich über alle Moralgesetze hinweg, Sie zerbrechen eine Ehe, und wie ich sehe, sind Sie sogar auch noch stolz darauf.«
    »Ich liebe Luise … und das allein ist wichtig! Moral war von jeher ein Mäntelchen für die Bigotten, den sie sich umhängten, um ihre eigene Fäulnis zu verdecken.«
    »Das ist ja eine herrliche Ansicht!«
    »Ich begreife eine moralische Entrüstung gerade von Ihrer Seite aus nicht …«
    »Daß ich Luise auch liebe, ist Ihnen nie in den Sinn gekommen?!«
    »Aber ja. Meines Erachtens liegt es an Luise, für wen sie sich entscheidet.«
    »Nach dem Urteil des Paris nun das Urteil der Helena?! Halten Sie mich für einen Bajazzo, Sanden?! Es ist überhaupt von mir eine ungeheure Selbstbeherrschung, hier mit Ihnen über solche Dinge zu sprechen, als

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