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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verbitterung. Es war ihm so elend, daß er sich zwang, nicht über sich selbst zu weinen. Sie alle … alle … ein Teufel stirbt nicht allein!
    Noch eine Woche.
    Die Rechnung und Logik Luises, daß sie nur lebend für Dahlmann etwas wert sei, zerfiel zu Staub.
    Ihr Leben war nur noch sieben Tage wert.
    Sie wußte und ahnte es auch nicht –
    *
    Der letzte, verzweifelte Versuch, etwas zu retten, galt Monika Horten.
    Dahlmann jagte nach seinen sinnlosen Runden durch Hannover wieder hinaus zu der kleinen Waldhütte. Er war sich klar darüber, daß Sanden sofort nach seinem Weggang Luise angerufen hatte. Vielleicht war sie jetzt schon aus dem Haus. Das kümmerte ihn in diesem Augenblick nicht, man konnte sie zurückholen, wenn es gelang, was ihm als letzter Ausweg in den Kopf geschossen war.
    Ein Ausweg über die Straße der Seele.
    Wenn es ihm gelang, Monika umzustimmen, wenn er bescheiden wurde und nur einen Bruchteil des Geldes mitnahm, soviel, daß er sich im Ausland eine andere Existenz gründen konnte, ja, selbst wenn es ihm gelang, sein Ziel unter Zwang zu erreichen … Monika mußte einen Brief schreiben! Nichts als einen Brief an ihre Schwester Luise, abgeschickt aus Köln. Sie sollte darin schreiben, daß sie gehört hätte, Luise wolle sich von Ernst abwenden. Der Text flog Dahlmann durch den Kopf, als er auf der Landstraße nach Osten jagte.
    »… ich habe dich im Leben noch nie um etwas gebeten, Luise, aber nun flehe ich dich an, beim Andenken an Vater und Mutter, bleib bei Ernst, verlaß ihn nicht, er liebt dich doch …«
    Dahlmann war sich nicht klar, ob dieser Brief bei Luise wirken würde … aber er zögerte wieder hinaus, er machte Luise nachdenklich, vielleicht kam es zu einer klärenden Aussprache … jede Stunde war Dahlmann wichtig, die er für sich gewann, denn er war von früheren Monaten her noch im Besitz von zwei Blankoschecks, die er einlösen wollte, wenn auf den Bankkonten die Mittel vorhanden waren. Es könnten fünfzigtausend Mark sein, dachte er. Ein Fünftel dessen, was ich haben könnte. Man wird bescheiden wie der Teufel, der in der Not Fliegen frißt …
    Als er das Waldhaus sah, wurde er ganz ruhig. Aus dem Kamin stieg kein Rauch auf, er hörte keinen Lärm, kein Hämmern an die Läden, denn Monika mußte das Kommen des Wagens ja gehört haben.
    Hunger wird sie haben, dachte Dahlmann. Fast vierundzwanzig Stunden nur mit Kakao! Er schleifte die beiden Kartons mit Lebensmitteln zur Tür und schloß auf.
    Wieder schlug ihm der schimmlig-süße Geruch entgegen, er ließ die Tür offenstehen und drückte die Kartons in den großen Raum.
    In der Hütte brannte kein Licht, die Petroleumlampen standen noch so, wie er sie hingestellt hatte. Auch der Zettel mit seiner Nachricht stak noch am geblümten Schirm.
    Ernst Dahlmann ließ den Karton mit Büchsen, den er trug, auf den Tisch fallen.
    »Monika …«, rief er. Und dann lauter, mit zitternder Stimme … »Monika –«
    Mit ein paar großen Sätzen sprang er zum Alkoven und riß den Vorhang zurück.
    Monika Horten lag in dem breiten Bett, wie er sie gestern hingelegt hatte. Bis zum Hals zugedeckt, das blonde Haar um den Puppenkopf, weggestrichen von der Stirn. Nur das Gesicht war jetzt gelb, die Nase stach spitz und weiß hervor, die Augen waren unter den geschlossenen Lidern eingesunken. Aus den ein wenig geöffneten Lippen kam kein Atem mehr. Als Dahlmann die Hand auf ihre Stirn legte, zuckte er entsetzt zurück. Sie war eiskalt.
    »Monika …«, stammelte er … »Monika … das ist doch nicht wahr … Moni … Mein Gott, mein Gott … das ist nicht wahr …«
    Als er das Unabänderliche erkannte, als er ihren Tod bestätigt fand, nachdem er sie abgehorcht und den Puls gefühlt hatte, als er begriff, daß sie an seiner Morphiuminjektion gestorben war, an einer zu hohen Dosierung, die ihr Herz nicht verarbeiten konnte, als ihm bewußt wurde: Du bist ein Mörder! Nun ist es soweit … Du hast einen Menschen getötet … mit deinen Händen … da brach er zusammen und fiel ohnmächtig neben dem Bett auf den Dielenboden.
    Wie lange er gelegen hatte, wußte er nicht. Seine Gedanken richteten sich nicht nach der Uhrzeit, als er erwachte und sich neben dem Bett mit der Toten fand. Die Ohnmacht hatte das Entsetzen nicht gemildert, aber sie hatte den Kopf frei gemacht für schnelle Entschlüsse.
    Die Tatsache war nicht mehr zu ändern. Hier lag eine Tote, und sie war getötet worden durch Ernst Dahlmann. Wenn es auch ein Versehen war, wenn es

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