Eine Sündige Nacht
Morgenmantel über und ging hinunter in die Küche, um sich eine Tasse Kaffe zu holen, bevor sie sich in der Bibliothek an die Arbeit machen wollte. Mrs. Haney summte vor sich hin, während sie die Teller spülte. Für automatische Geschirrspüler hatte sie nur Verachtung übrig.
»Guten Morgen. Sie klingen fröhlich.«
»Rink hat gut gefrühstückt«, sagte sie strahlend.
Caroline lächelte. Die Haushälterin sprach über ihn, als ob er vier Jahre alt sei. »Er ist schon wach und auf den Beinen?«
»Aber ja.« Mrs. Haney wies mit dem Kopf zur Hintertür, und Caroline trank einen Schluck Kaffee, während sie dorthin ging. Rink stand neben einem der preisgekrönten Lancaster-Pferde und sprach mit Steve. Sie beobachtete, wie er sich in den Sattel schwang und seine Füße, die in Stiefeln steckten, in die Steigbügel schob. Der Hengst tänzelte überheblich herum, bis Rink entschlossen am Zügel zog. Das Pferd reagierte sofort, und als Rink Steve dankend zugenickt hatte, verschwanden Ross und Reiter quer über die Wiesen in Richtung Straße.
Caroline sah ihm hinterher, solange er zu sehen war. Im frühen Morgenlicht war sein Haar schwarz und glänzend wie
Pech. Die Muskeln an seinem Rücken und seinen Schenkeln spannten sich, als er mühelos über einen Zaun sprang und das Pferd in den Wald lenkte.
Als Caroline sich abwandte, sah sie, dass Mrs. Haney sie neugierig betrachtete. Nervös fasste sich Caroline an die Kehle. »Ich muss einige Anrufe erledigen, ich gehe dann jetzt in die Bibliothek«, plapperte sie los und verließ eilig die Küche. Sie konnte nicht gegen ihre Schwäche für Rink ankommen, aber sie musste aufpassen, dass niemand sonst davon Wind bekam.
Die Schwester im Krankenhaus hatte wenig Neues zu berichten, als sie dort anrief. »Er ist noch nicht wach. Er hat fast die ganze Nacht geschlafen. Einmal ist er aufgewacht, aber wir haben ihm gleich ein weiteres Beruhigungsmittel gegeben.«
»Danke«, sagte sie, legte auf und wählte Grangers Nummer. »Gibt es etwas, das ich tun sollte und an das ich bisher nicht gedacht habe?«, fragte sie den Anwalt. »Ich möchte nicht so dreist sein und den Anschein erwecken, dass ich irgendwas mit Roscoes geschäftlichen oder privaten Angelegenheiten zu tun habe, aber ich würde mich gerne nützlich machen, soweit ich kann.«
»Ich würde dich niemals für dreist halten«, sagte Granger freundlich. »Und es ist dein Recht, dir Sorgen zu machen.«
»Ich mache mir keine Sorgen um mich. Ich möchte bloß sichergehen, dass Laura Jane gut versorgt ist. Und Rink natürlich auch.«
Der Anwalt schwieg, und Caroline wusste, dass er sich selbst an seine berufliche Schweigepflicht erinnerte. »Ich kenne nicht alle von Roscoes Vorkehrungen, Caroline. Ich schwöre bei Gott, dass es so ist. Vor einigen Jahren hat er ein
neues Testament aufgesetzt, und er hat mich dabei um Rat gefragt. Ich bin überzeugt, dass er einige Vorkehrungen für dich getroffen hat. Ich glaube nicht, dass uns Überraschungen erwarten.«
Sie hoffte stark, dass er recht hatte, aber behielt ihre Befürchtungen diesbezüglich für sich. Sie besprachen noch einige unbedeutendere geschäftliche Dinge und verabschiedeten sich danach voneinander.
Kaum hatte sie aufgelegt, klingelte das Telefon wieder. »Hallo?«
»Mrs. Lancaster?«
Der Lärm im Hintergrund verriet ihr, dass der Anruf aus der Entkörnungsanlage kam. »Ja.«
»Barnes hier. Erinnern Sie sich an die Maschine, von der ich Ihnen gestern erzählt habe? Heute Morgen klang sie, als ob sie ihre eigenen Eingeweide zermahlen würde, also haben wir sie abgestellt.«
Caroline rieb sich die rechte Schläfe. Sie konnten sich einen Maschinenschaden der schlimmeren Art nicht leisten, jetzt, wo die Erntezeit bevorstand. Die Cotton Gin trennte die Samenkapseln von den Baumwollfasern. Mit nur einem einzigen Maschinenstillstand konnte man während der Ernte viele wertvolle Produktionsstunden verlieren.
»Ich komme gleich rüber«, sagte sie schnell.
Während sie die Treppenstufen hinaufeilte, kippte sie den Rest ihres inzwischen kalt gewordenen Kaffees hinunter. Innerhalb einer halben Stunde hatte sie gebadet und sich angemessen mit einem Popeline-Rock und einem Stricktop gekleidet. Sie trug Schuhe mit flachen Absätzen. Ihre Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz im Nacken zusammengefasst und ein knallig gemustertes Tuch darum gebunden.
Wenn sie zur Fabrik ging, war sie immer einfach gekleidet. Ein Grund dafür war, dass es sonst unpraktisch gewesen wäre.
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