Eine sueß saure Liebesgeschichte
Ich kann es an deinen funkelnden Augen sehen. Diesen Blick kenne ich nur zu gut. Also komm endlich runter und sei wieder zahm.«
»Zahm? Wenn du zahm suchst, dann bist du bei mir aber völlig falsch.« Erst jetzt merke ich, dass er mich nur provozieren wollte und ich ärgere mich darüber, dass ich es nicht rechtzeitig erkannt habe.
»Du willst mit mir spielen? Als gut. Wir spielen Verstecken und du zählst bis hundert.« Ich lege zwanzig Euro auf den Tisch und verlasse ohne Abschiedsgruß das Lokal.
Wutentbrannt fahre ich nach Hause. Auf Anjas Mailbox hinterlasse ich die Nachricht, dass unser Treffen ausfällt. Als ich vor meiner Haustür stehe, entdecke ich ein Paket. Der schwarze Lackkarton trägt keine Aufkleber. Weder von der Post noch von den einschlägigen Paketdiensten. Ich glaube nicht, dass mir jemand eine Briefbombe schickt und rufe nicht die Polizei oder den THW an, sondern reiße neugierig den Deckel hoch. Meine Augen starren gebannt auf eine Lederjacke im Biker Stil der Größe 38. Feinstes, schwarzes Nappaleder. Und auch noch von meinem Lieblingslabel. Das ist doch die Jacke aus dem Schaufenster von heute Morgen! Das super teure Teil, für das ich ein halbes Monatsgehalt investieren müsste. Wer schenkt mir ein so kostbares Kleidungsstück? Ich suche nach einer Karte und werde unter dem dünnen Seidenpapier fündig. Völlig verblüfft lese ich die handgeschriebenen Zeilen.
Für den Müll ist diese Jacke zu schade, oder? Umtausch bei Nichtgefallen nur in meiner Gegenwart. Ich küsse dich. MS
Ich schaue noch einmal die Straße hinauf, aber ich kann Martins Wagen nicht entdecken. Bei King Kong ist auch niemand zu Hause. Die Nachfrage, ob er etwas beobachtet hat, kann ich mir sparen. Ich gehe ins Haus und noch im Flur ziehe ich die Jacke über. Sie ist federleicht und passt wie angegossen. Auf nackter Haut fühlt es sich an, als wenn mich Martins Hände streicheln würden. Woher wusste er? Wann hat er das Paket vor die Tür gelegt? Ich bin drauf und dran ihn anzurufen und mich zu bedanken. Aber mein Verstand siegt und befiehlt mir, das sündhaft teure Geschenk nicht anzunehmen. Mit einem leichten Seufzer ziehe ich die Jacke wieder aus und lege sie zurück in den Karton.
»Wenn du sie nicht willst, dann gebe sie mir. Ich hätte keine Skrupel, sie zu tragen«, sagt Anja, als sie mir stolz ihre neue Frisur vorstellt. Ehrlich gesagt, finde ich, dass sie genau wie vor dem Friseurbesuch aussieht.
»Eine neue Farbe kann ich auch nicht entdecken. Und dafür hast du extra hundert Euro mehr ausgegeben?«
»Was hast du denn vermutet? Dass ich mich von dunkelbraun in Pumuckel rot umfärben lasse. Genau das macht einen guten Coloristen doch aus, dass die Farbe natürlich wirkt. Sonst hätte ich mir auch eine billige 5 Euro Tube aus dem Drogeriemarkt kaufen können.« Ich habe das Thema Haare schon längst abgehakt und denke darüber nach, wie ich die Jacke wieder loswerden kann, ohne mit Martin zusammen zu treffen.
»Ich werde sie morgen mit der Post an die Firma schicken. Per Einschreiben und Rückschein.«
»Dir ist ja nicht zu helfen«, sagt sie und verschwindet in ihre Haushälfte.
Den Nachmittag verbringe ich im Schatten meiner Terrasse. Schließlich will ich das rapide Zellsterben meiner bald fünfzigjährigen Haut nicht noch weiter beschleunigen. Mit einem guten Buch habe ich es mir auf den Korbstühlen gemütlich gemacht. Erst als Kurt schwanzwedelnd zur Pforte rennt, blicke ich auf. Martin tritt in den Garten und ruft mir schon von weiten zu
»Mein Geschenk hat dir also nicht gefallen?«
»Was willst du hier?«
»Dir Benehmen beibringen! Wenigstens ein kurzes Dankeschön per SMS wäre doch wohl angebracht gewesen, oder?«
»Ich nehme die Jacke nicht an!«
»Gefällt sie dir nicht?«
»Woher wusstest du ....? Hast du mich etwa heute beim Bummeln beschattet?«
»Das hätte ich gern gemacht. Aber vielleicht erinnerst du dich daran, dass ich ein Unternehmen leite und mir die Zeit fehlt, dir auf deiner Shopping Tour heimlich zu folgen.«
»Dann sage mir, woher du wusstest, dass mir die Jacke gefällt. Und wie konntest du sie so schnell herbringen? Ich bin doch sofort nach Hause gefahren.«
»Sie gefällt dir also doch!«
»Weiche mir nicht aus. Also?«
»Den Tipp mit der Jacke hatte ich von Anja. Geliefert hat sie ein Kurier. Und nun sprich mir nach!« Er kniet sich dicht vor meinen Stuhl und schaut mir
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