Eine Tiefe Am Himmel
nicht, dass jeder Ältere unten bei den Jüngeren in Wahrheit ein Versager sein musste. Es machte Ezr nichts aus, dass er ignoriert wurde; das gab ihm Gelegenheit, ohne Ablenkung zu beobachten. Pham Trinli schien die Aufmerksamkeit zu genießen. Von Gefechtsprogrammierer zu Gefechtsprogrammierer versuchte Trinli alles zu überbieten, was der blasse blonde Bursche sagte, und gab dabei vertrauliche Informationen preis, dass Ezr ganz zappelig wurde.
Eins musste man diesen Aufsteigern lassen, sie beherrschten die Technik. Sie hatten Staustrahlschiffe, die schnell zwischen den Sternen reisten; damit standen sie an der Spitze technischen Könnens. Und es schien kein dekadentes Wissen zu sein. Ihre Fähigkeiten bei der Informationsübertragung und bei Computertechnik standen denen der Dschöng Ho nicht nach – und das machte, wie Vinh wusste, Kapitän Parks Sicherheitsleute nervöser als bloß die Geheimniskrämerei der Aufsteiger. Die Dschöng Ho hatten die Früchte der goldenen Zeitalter von hundert Zivilisationen geerntet. Unter anderen Umständen wären die Fähigkeiten der Aufsteiger Anlass zu aufrichtigem kaufmännischem Frohlocken gewesen.
Fähig waren sie, und fleißig auch. Ezr schaute über die Tische hinaus. Ohne zu schmeicheln, aber dieser Ort war beeindruckend. Die ›Wohnquartiere‹ in Staustrahlschiffen waren im Allgemeinen lachhaft. Solche Schiffe brauchten erhebliche Abschirmungen und maßvolle Festigkeit der Konstruktion. Selbst mit Bruchteilen der Lichtgeschwindigkeit dauerte eine interstellare Reise Jahre, und Mannschaft wie Passagiere verbrachten den größten Teil dieser Zeit als Kälteschlaf-Leichen. Dennoch hatten die Aufsteiger viele von ihren Leuten aufgetaut, ehe Wohnraum zur Stelle war. In weniger als acht Tagen hatten sie dieses Habitat gebaut und auf Bahn gebracht – sogar, während noch die letzten Korrekturen der Umlaufbahn erfolgten. Das Bauwerk hatte einen Durchmesser von über zweihundert Metern, es war ein Teilring und bestand durchweg aus Materialien, die über zwanzig Lichtjahre heranbugsiert worden waren.
Innen begann sich Üppigkeit zu zeigen. Die Gesamtwirkung war klassizistisch auf einem niedrigen Niveau, wie frühe Habitate im Sonnensystem, ehe man sich auf Lebenserhaltungssysteme richtig verstanden hatte. Die Aufsteiger waren Meister der Gewebe und keramischer Stoffe, obwohl Ezr vermutete, dass es bei ihnen keine Biokünste gab. Bespannungen und Mobiliar zielten darauf ab, die Krümmung des Fußbodens zu kaschieren. Der Luftzug von den Ventilatoren kam lautlos und gerade stark genug, um den Eindruck endlosen Luftraums zu erwecken. Es gab keine Fenster, nicht einmal die Rotation korrigierende Bildschirmansichten. Wo die Wände sichtbar waren, waren sie mit kunstvoll von Hand gefertigten Bildern (Ölgemälden?) bedeckt. Ihre kräftigen Farben schimmerten sogar im gedämpften Licht. Er wusste, dass Trixia gern einen näheren Blick darauf geworfen hätte. Noch mehr als die Sprache, behauptete sie, zeige einheimische Kunst das innerste Wesen einer Kultur.
Vinh schaute wieder zu Trixia, lächelte sie an. Sie würde es durchschauen, aber vielleicht täuschte es die Aufsteiger. Ezr würde alles dafür gegeben haben, über die scheinbare Herzlichkeit von Kapitän Park zu verfügen, der oben am ersten Tisch mit Tomas Nau von den Aufsteigern eine so liebenswürdige Konversation machte. Man hätte die beiden für Schulfreunde halten können.
Vinh lehnte sich zurück, horchte nicht auf den Inhalt, sondern auf den Ton.
Nicht alle Aufsteiger waren lächelnde, gesprächige Typen. Die Rothaarige am oberen Tisch, nur ein paar Plätze von Tomas Nau entfernt: Sie war vorgestellt worden, doch Ezr konnte sich nicht an ihren Namen erinnern. Abgesehen vom Glitzern einer silbernen Halskette, war die Frau einfach – streng – gekleidet. Sie war schlank, unbestimmten Alters. Ihr rotes Haar hatte sie sich vielleicht für den Abend zugelegt, aber die pigmentlose Haut wäre schwerer zu fälschen gewesen. Sie war von exotischer Schönheit, abgesehen von ihrem linkischen Gebaren, dem harten Zug um den Mund. Ihr Blick glitt die Tische auf und ab, doch sie hätte ebenso gut allein sein können. Vinh registrierte, dass die Gastgeber keinen Gast neben ihr platziert hatten. Trixia neckte Vinh oft, er sei ein großer Frauenheld, wenn auch nur in Gedanken. Nun, diese sonderbar aussehende Dame wäre eher in Ezr Vinhs Albträumen als in seinen Wunschvorstellungen vorgekommen.
Drüben am oberen Tisch war Tomas
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