Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Tiefe Am Himmel

Eine Tiefe Am Himmel

Titel: Eine Tiefe Am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
abgehackt. Er schnellte sich zu ihr zurück und schlug abermals zu. Und abermals wehrte sich Qiwi nicht, hob nicht einmal die Hände, um das Gesicht zu bedecken.
    Und Pham Nuwen stieß sich vorwärts, noch ehe er wirklich nachgedacht hatte. Etwas im Hintergrund seines Geistes lachte ihn aus, dass er Jahre der Verstellung aufs Spiel setzte, nur um eine Unschuldige zu schützen. Aber dasselbe Etwas jubelte auch.
    Phams Sprung wurde zu einer anscheinend unkontrollierten Drehbewegung, die rein zufällig seine Schulter in Vinhs Eingeweide rammte und ihn gegen die Wand schleuderte. Außer Sicht aller Kameras gab Pham seinem Gegner den Ellbogen zu kosten. Einen Augenblick nach dem Zusammenprall knallte Vinhs Kopf gegen die Wand. Wenn sie noch in den Korridoren von geschnittenem Diamant gewesen wären, hätte das eine ernste Verletzung bedeuten können. Auch so schon bewegte Vinh, als er von der Wand zurückkam, nur schwach die Arme. Kleine Bluttröpfchen sprühten von seinem Hinterkopf weg.
    »Such dir jemanden von deiner eigenen Kragenweite, Vinh! Feiges, elendes Stück Ungeziefer. Ihr Kauffahrer aus den Großen Familien seid doch einer wie der andere.« Phams Wut war echt – doch er war auch auf sich selbst wütend, dass er seine Tarnung aufs Spiel setzte.
    Langsam stellte sich in Vinhs Augen wieder Vernunft ein. Er warf einen Blick auf Qiwi vier Meter weiter im Gang. Das Mädchen erwiderte den Blick, ihr Gesichtsausdruck war eine seltsame Kombination von Schock und Entschlossenheit. Und dann schaute Vinh zu Pham, und dem alten Mann lief es kalt den Rücken hinunter. Vielleicht hatten Brughels Kameras nicht alle Einzelheiten des Kampfes mitbekommen, doch der Junge wusste, wie wohlkalkuliert Phams Angriff gewesen war. Einen Moment lang starrten die beiden einander an, und dann ließ Vinh mit einem Zucken seinen Halt los und schoss die Rampe zu den Taxischleusen entlang. Es war der eilige Rückzug eines blamierten und geschlagenen Mannes. Aber Pham hatte den Ausdruck in seinen Augen gesehen; er würde etwas in Sachen Ezr Vinh unternehmen müssen.
    Qiwi setzte an, Vinh zu folgen, hielt aber inne, ehe sie zehn Meter zurückgelegt hatte. Sie schwebte zur Abzweigung der Korridore und starrte in die Richtung, in die Vinh verschwunden war.
    Pham kam näher. Er wusste, dass er hier weg musste. Zweifellos beobachteten ihn jetzt mehrere Kameras, und in Qiwis Nähe fiel es ihm schwer, in seiner Rolle zu bleiben. Was also sagen, damit er sicher davonkam? »Mach dir keine Sorgen, Mädchen. Vinh ist es einfach nicht wert. Er wird dich nicht mehr behelligen; dafür verbürge ich mich.«
    Nach einem Augenblick wandte sich das Mädchen zu ihm um. Herrgott, sie sah ihrer Mutter so ähnlich; Nau hatte sie Wache für Wache im Einsatz gelassen. Ihr standen Tränen in den Augen. Er sah keine Schnitte oder Blut, aber Blutergüsse begannen auf ihrer dunklen Haut hervorzutreten. »Ich wollte ihm wirklich nicht weh tun. Gott, ich weiß nicht, was ich machen soll, wenn Trixia s…stirbt.« Qiwi strich sich das kurz geschnittene Haar zurück. Erwachsen oder nicht, sie sah so verloren aus wie in den ersten Tagen nach Diems ›Gräueln‹. Sie war so allein, dass sie sich einem Windbeutel wie Pham Trinli anvertraute. »Als… als ich klein war, habe ich Ezr Vinh mehr als sonst jemanden auf der Welt bewundert, ausgenommen meine Eltern.« Sie schaute Pham an; ihr Lächeln war zittrig und verletzt. »Ich wollte so sehr, dass er gut von mir dächte. Und dann griffen uns die Aufsteiger an, und dann ermordete Jimmy Diem meine Mutter und all die anderen… Wir sind alle in einem sehr kleinen Rettungsboot. Es darf niemand mehr getötet werden.« Sie schüttelte kurz und scharf den Kopf. »Wussten Sie, dass Tomas Nau seit den Diem-Massakern nicht mehr im Kälteschlaf war? Er hat jede Sekunde in all den Jahren durchlebt. Tomas ist so ernst, er arbeitet so hart. Er glaubt an Fokus, aber er ist offen für neue Arten, die Dinge anzupacken.« Sie sagte ihm, was sie Ezr hatte sagen wollen. »Bennys Salon würde ohne Tomas Nau nicht existieren. Nichts von dem Handel und den Bonsais würde existieren. Schritt für Schritt bringen wir die Aufsteiger dahin, unsere Lebensweise zu verstehen. Eines Tages wird Tomas imstande sein, meinen Vater und Trixia und alle Fokussierten freizulassen. Eines Tages…«
    Pham wollte die Hände ausstrecken und sie trösten. Pham Nuwen war außer den Mördern vielleicht der einzige lebende Mensch, der wusste, was Jimmy Diem wirklich

Weitere Kostenlose Bücher