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Eine Tiefe Am Himmel

Eine Tiefe Am Himmel

Titel: Eine Tiefe Am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zeit lang ohnmächtig über ein Problem nach… und flüchtete dann zu etwas, das alsbald ebenso schrecklich war, und flüchtete abermals… um schließlich zu dem ersten Schrecken zurückzukehren.
    Qiwi. Das war seine Schande. Er hatte sie zweimal geschlagen. Hart. Wenn Pham Trinli nicht dazwischengegangen wäre, hätte ich sie weiter geschlagen? Da tat sich vor ihm ein Schrecken auf, den er sich nie hätte träumen lassen. Gewiss, er hatte immer Angst gehabt, eines Tages könnte er einen Bock schießen oder sogar feige sein, aber… heute hatte er etwas in sich erblickt, etwas von Grund auf Unanständiges. Qiwi hatte dazu beigetragen, Trixia auszustellen. Gewiss. Doch sie war nicht die Einzige, die darin verwickelt war. Und ja, Qiwi genoss Vorteile unter Tomas Nau… aber Gott, sie war erst ein Kind gewesen, als das alles begann. Warum also habe ich mich auf sie gestürzt? Weil es einst so ausgesehen hatte, als sei er ihr nicht gleichgültig? Weil sie sich nicht wehrte? Das war es, worauf die unerbittliche Stimme im Hintergrund seines Geistes beharrte. Im Innersten war Ezr Vinh vielleicht nicht einfach unfähig oder schwach, vielleicht war er einfach Dreck. Ezrs Denken drehte sich immer wieder um diese Schlussfolgerung, kam ihr immer näher, bis er seitwärts flüchtete zu…
    Pham Trinli. Das war das Geheimnis. Gestern hatte Trinli zweimal gehandelt, beide Male hatte er Ezr davor bewahrt, ein noch größerer Narr und Schurke zu sein. Über Ezrs Hinterkopf zog sich ein blutiger Grind, wo Trinlis ›schwerfälliger‹ Körperstoß ihn gegen die Wand geschleudert hatte. Ezr hatte Trinli im Sportraum des Temps gesehen. Der alte Mann trieb ziemlich großen Aufwand, aber sein Körper war nicht in besonders guter Verfassung. Seine Reaktionszeit machte nicht viel her. Aber irgendwie wusste er sich zu bewegen, Zufälle eintreten zu lassen. Und wenn er zurückdachte, erinnerte sich Ezr an frühere Gelegenheiten, wo Pham Trinli am rechten Ort war… Der Temp-Park direkt nach dem Massaker. Was hatte der alte Mann eigentlich gesagt? Es hatte den Kameras nichts offenbart, hatte nicht einmal Ezrs Aufmerksamkeit erregt – aber etwas, das er gesagt hatte, hatte die Gewissheit wachgerufen, dass Jimmy Diem ermordet worden war, dass Jimmy an allem, was Nau behauptete, unschuldig war. Alles, was Pham tat, war laut und egoistisch und unfähig, dennoch… Ezr überdachte alle Einzelheiten wieder und wieder, Dinge, die er vielleicht sehen konnte, während sie anderen entgingen. Womöglich sah er in seiner Verzweiflung schon Trugbilder. Wenn Probleme so anwachsen, dass auf keine Lösung mehr zu hoffen ist, schleicht sich der Wahnsinn ein. Und gestern war etwas in ihm zerbrochen…
    Trixia. Das war der Schmerz und die Wut und die Angst. Gestern war Trixia dem Tod sehr nahe gewesen, ihr Körper so gequält und gekrümmt wie der von Xopi Reung. Vielleicht sogar schlimmer… Er erinnerte sich, wie ihr Gesicht ausgesehen hatte, als sie aus dem MRT-Programmgerät kam. Trud sagte, ihre linguistischen Fähigkeiten seien vorübergehend heruntergeschraubt worden. Vielleicht war das der Grund für ihre Verzweiflung – das Einzige zu verlieren, das ihr noch etwas bedeutete. Und vielleicht log er, wie Ezr Reynolt und Nau und Brughel im Verdacht hatte, in so vielen Dingen zu lügen. Vielleicht war Trixia wirklich kurzzeitig defokussiert worden und hatte sich umgeschaut und gesehen, wie alt sie geworden war, und erkannt, dass man ihr das Leben gestohlen hatte. Und vielleicht werde ich es niemals erfahren. Ich werde sie weiterhin Jahr für Jahr beobachten, ohnmächtig und wütend und… schweigend. Es musste jemanden geben, gegen den man losschlagen, den man bestrafen konnte…
    Und so war der Bratenspieß wieder zu Qiwi herumgegangen.
    Zwei Kilosekunden verstrichen, vier. Zeit genug, um wieder und wieder zu den Problemen zurückzukehren, für die es keine Lösung gab. Derlei war schon früher bei etlichen schrecklichen Gelegenheiten passiert. Manchmal hatte er die ganze Nacht auf dem Bratenspieß verbracht. Manchmal wurde er so müde, dass er einfach einschlief – und dann hörte es auf. Heute Nacht, als er zum x-ten Male über Pham Trinli nachdachte, wurde Ezr wütend. Und wenn er just verrückt wäre? Wenn ihm nichts blieb als Trugbilder einer Rettung, na schön, greif zu! Vinh stand auf und setzte die Datenbrille auf. Schwerfällige Sekunden vergingen, ehe er durch die Zugangsroutinen der Bibliothek hindurch war. Er hatte sich noch immer nicht an

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