Eine Tiefe Am Himmel
Brisgo-Lücke konnte so wichtig sein, so bekannt…? J. S. Parks Loyalität hatte jemandem aus diesem Zeitalter gehört. Wem?
Und dann erinnerte sich Ezr, gehört zu haben, Kapitän Park habe persönlich den Namen seines Flaggschiffs ausgewählt. Die Pham Nuwen.
Pham Trinli. Pham Nuwen. Der Verlorene Prinz von Canberra.
Und ich bin endlich total verrückt geworden. Es gab Bibliotheksanfragen, die dieser Schlussfolgerung im Handumdrehen den Garaus machen würden. Ja, und damit wäre nichts widerlegt: Wenn er Recht hatte, wäre die Bibliothek selbst eine raffinierte Lüge. Ja doch, klar. Das war die Art verzweifelte Halluzination, vor der er sich hüten musste. Wenn man sein Verlangen hoch genug schraubt, kann Gewissheit aus dem Hintergrundrauschen erstehen. Aber wenigstens hat mich das von dem Bratenspieß befreit!
Es war schrecklich spät. Er starrte noch eine Weile auf das Bild von Trixia, in traurigen Erinnerungen verloren. Innerlich beruhigte er sich. Es würde noch öfters blinden Alarm geben, doch vor ihm lagen Jahre, ein Leben geduldigen Zuschauens. Er würde irgendwo einen Riss im Verlies finden, und wenn es so weit war, dürfte er sich nicht fragen, ob das ein Trugbild seiner Phantasie war.
Der Schlaf kam, und mit ihm Träume, angefüllt von der üblichen Verzweiflung und der neuen Scham, und nun auch vermengt mit seiner jüngsten Verrücktheit. Schließlich stellte sich so etwas wie Frieden ein, Schweben im Dunkel seiner Kabine. Ohne einen Gedanken.
Und dann noch ein Traum, so real, dass er nicht an ihm zweifelte, bis er vorüber war. Kleine Lichter leuchteten in seinen Augen, doch nur, wenn er die Augen geschlossen hielt. Wenn er aufwachte und sich aufsetzte, war der Raum dunkel wie immer. Wenn er sich hinlegte, die Augen zum Schlafen geschlossen, begannen die Fünkchen von neuem.
Die Lichter redeten zu ihm, ein Spiel, Blinksprache. Als er sehr klein war, hatte er derlei oft gespielt, während er draußen von Fels zu Fels huschte. Heute Nacht wiederholte sich ein einziges Muster immer wieder, und in Vinhs Traumzustand bildete sich fast mühelos die Bedeutung:
»NICK WN DU MCH VRSTEHST… NICK…«
Vinh stieß vor Überraschung ein wortloses Stöhnen aus – und das Muster änderte sich:
»SEI STILL SEI STILL SEI STILL…« lange Zeit. Und dann änderte es sich wieder: »NICK WN DU MCH VRSTEHST…«
Das war leicht getan. Vinh bewegte den Kopf den Bruchteil eines Zentimeters.
»OK. STELL DCH SCHLAFND. SCHLSS D HAND. BLINK N HNDFLÄCH.«
Nach all den Jahren war die Konspiration auf einmal so einfach. Man brauchte nur so zu tun, als sei die Handfläche eine Tastatur, und seinen Mitverschworenen etwas zuzutippen. Natürlich! Seine Hände waren unter der Decke, sodass niemand sonst es sehen konnte! Er hätte laut gelacht angesichts dieser Schlauheit, nur dass es nicht zur Rolle gepasst hätte. Jetzt war es so offensichtlich, wer gekommen war, um sie zu retten. Er schloss die rechte Hand und tippte: »HLO WEISR PRNZ. WRUM HAT S SO VRDMMT LANG GDAURT?«
Lange Zeit folgten weiter keine kleinen Blitze. Ezrs Geist driftete langsam in tieferen Schlaf ab.
Dann: »DU WUSSTST S VOR HEUT NACHT? DAMMICH.« Noch eine lange Pause. »TUT MIR SR LEID. DACHT DU BST KPUTT.«
Vinh nickte sich selbst zu, ein wenig stolz. Und vielleicht würde Qiwi ihm verzeihen, und Trixia würde ins Leben zurückkehren, und…
»OK«, tippte Ezr dem Prinzen zu. »WIE VIL LEUT HABN WIR?«
»GHEIM. NUR ICH WEISS. JEDR KNN REDN ABR KEINR KNNT ANDRE.« Pause. »AUSSR DIR HEUT NACHT.«
Aha. Fast die perfekte Verschwörung. Die Mitglieder konnten zusammenarbeiten, aber niemand außer dem Prinzen konnte einen anderen verraten. Jetzt würde alles so viel einfacher sein.
»BIN JTZT SR MÜD. WILL SCHLFN. WIR REDN SPÄTR WEITR.«
Pause. War sein Wunsch so seltsam? Nächte sind zum Schlafen da. »OK. SPÄTR.«
Während das Bewusstsein langsam verblasste, ruckelte sich Vinh tiefer in seine Hängematte und lächelte vor sich hin. Er war nicht allein. Und die ganze Zeit über war das Geheimnis zum Greifen nahe gewesen. Erstaunlich!
Am nächsten Morgen erwachte Vinh ausgeruht und sonderbar glücklich. Hm. Womit hatte er das verdient?
Er glitt in den Duschsack und seifte sich ein. Der Vortag war so düster gewesen, so schändlich. Bittere Wirklichkeit sickerte wieder in ihn herein, doch seltsam langsam… Ach ja, da war ein Traum gewesen. Das war nicht ungewöhnlich, doch die meisten von seinen Träumen taten bei der Erinnerung so
Weitere Kostenlose Bücher