Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Tiefe Am Himmel

Eine Tiefe Am Himmel

Titel: Eine Tiefe Am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
geliebt, von ihrem hochgelegenen Sitzgitter herabzuschauen. Es war nicht der höchste Ort in Weißenberg, aber hoch genug.
    Viki rannte hinein, schlug die Tür zu. Einen Augenblick lang war sie ein wenig benommen vom raschen Aufstieg. Und dann… Das war das Kankerhaus, das im Laufe der letzten fünf Jahre erhebliche Ausmaße angenommen hatte. Als die Winter kälter wurden, hatte es seinen ursprüngliche Charme verloren; man konnte nicht so tun, als seien die kleinen Wesen Leute, als ihnen Flügel zu sprießen begannen. Dutzende von ihnen flirrten bei den Futterstellen ein und aus. Das Ultra und Blau ihrer Flügel glich fast einem Tapetenmuster an den Seiten des Hauses. Sie und Gokna hatten sich endlos gestritten, wer über dieses Haus bestimmte.
    Sie hatten sich fast um alles gestritten. Dort an der Wand stand das Puppenhaus aus einer Granathülse, das Gokna aus dem Bau heraufgebracht hatte. Es hatte wirklich Gokna gehört, dennoch hatten sie sich darum gestritten.
    Goknas Zeichen waren hier überall. Und Gokna würde niemals mehr hier sein. Sie konnten nie wieder miteinander reden, nicht einmal streiten. Fast hätte Viki kehrtgemacht und wäre wieder aus dem Zimmer herausgeschossen. Es war, als wäre ein ungeheuerliches Loch in ihre Seite gerissen worden, ihre Arme und Beine vom Körper abgeschnitten. Es war kein Platz mehr für ihr Leben. Viki sank in sich zusammen und zitterte.
     
    Väter und Mütter sind sehr unterschiedliche Arten von Leuten. Soweit es die Kinder hatten feststellen können, galt das zum Teil sogar für normale Familien. Papa war die ganze Zeit da. Er war es, der unendliche Geduld aufbrachte, dem sie für gewöhnlich ein paar zusätzliche Vergünstigungen abschwatzen konnten. Doch Scherkaner Unterberg hatte sein eigenes besonderes Wesen: Er betrachtete jedes Gesetz der Natur und der Kultur als Hindernis, über das nachzudenken, mit dem zu experimentieren war. In allem, was er tat, lagen Humor und Klugheit.
    Mütter – ihre Mutter jedenfalls – waren nicht ständig da, und man konnte sich nicht darauf verlassen, dass sie jeder kindischen Forderung nachgeben würden. General Viktoria Schmid war oft genug bei ihren Kindern, einen von zehn Tagen hier oben in Weißenberg und viel öfter, wenn sie einen Ausflug zum Landeskommando machten. Sie war da, wenn echte Gesetzte festgelegt werden mussten, solche, die zu umgehen vielleicht sogar Scherkaner Unterberg zögerte. Und sie war da, wenn man etwas richtig gründlich vermasselt hatte.
    Viki wusste nicht, wie lange sie zusammengekrümmt dagelegen hatte, als sie Schritte die Stufen zu ihrem Zimmer heraufticken hörte. Sicherlich nicht mehr als eine halbe Stunde: Vor dem Fenster war es noch die Mitte eines kühlen, schönen Nachmittags.
    Es ertönte ein leichtes Klopfen an der Tür. »Junior? Können wir reden?« Mutter.
    Etwas Seltsames regte sich in Viki: Willkommen. Papa konnte verzeihen, er verzieh immer… aber Mutter würde verstehen, wie schrecklich es für sie wirklich gewesen war.
    Viki öffnete die Tür, trat zurück, den Kopf gesenkt. »Ich dachte, du hättest bis heute Abend zu tun.« Dann bemerkte sie, dass Viktoria Schmid Uniform trug, Jacke und Aufschläge schwarz-schwarz, die Schulterstücke ultra und rot. Sie hatte die Generalin hier oben in Weißenberg noch nie in dieser Uniform gesehen, und sogar unten im Landeskommando war sie für besondere Gelegenheiten reserviert gewesen, für Besprechungen mit gewissen Vorgesetzten.
    Die Generalin trat leise in den Raum. »Ich… habe entschieden, dass dies hier wichtiger ist.« Sie bedeutete Klein Viktoria mit einer Geste, sich neben sie zu setzen. Viki setzte sich und empfand zum ersten Mal, seit all das begonnen hatte, Ruhe. Zwei Vorderarme der Generalin legten sich sacht um ihre Schultern. »Es sind ernste… Fehler gemacht worden. Du weißt, dass dein Vater und ich uns darüber einig sind?«
    Viki nickte. »Ja, ja!«
    »Wir können Gokna nicht wieder lebendig machen. Aber wir können uns an sie erinnern und sie lieben und die Fehler korrigieren, die diese schreckliche Sache möglich gemacht haben.«
    »Ja!«
    »Dein Vater – ich – wir dachten, wir könnten euch aus den größeren Problemen heraushalten, zumindest, bis ihr erwachsen wärt. Bis zu einem gewissen Punkt hatten wir vielleicht Recht. Doch jetzt sehe ich, dass wir euch einer schrecklichen Gefahr ausgesetzt haben.«
    »Nein!… Mutter, verstehst du nicht? Ich war es, u-und Gokna, die die Regeln verletzt haben. Wir haben Hauptmann

Weitere Kostenlose Bücher