Eine Tiefe Am Himmel
und jetzt kam es von Norden her wieder, genau zur rechten Zeit.
»Glauben Sie, dass wir es diesmal sehen können? Es wird fast genau über uns hinwegfliegen.«
»Ich weiß nicht. Wir haben kein Gerät, das wir schnell genug schwenken können, um es beim Überflug zu verfolgen.« Er ging wieder zur Treppe. »Vielleicht könnten wir das Dreizentimeterrohr nehmen.«
»Ja!« Shepry rannte um ihn herum…
»Schnall deinen Atmer fest! Pass auf die Energieleitungen auf!«
… und war verschwunden, polterte die Stufen hinauf.
Aber der kleine Kuppli hatte Recht! Es blieben keine zwei Minuten mehr, bis sich das Objekt direkt über ihnen befand, und dann noch ein paar, und es würde verschwunden sein. Hm. Vielleicht reichte die Zeit nicht einmal mehr für das Fernrohr. Nedering hielt inne, schnappte sich ein Vierer-Okular von seinem Schreibtisch. Dann lief er hinter Tourer die Treppe hinauf.
Oben ging ein leichter Windhauch; eine Kälte, scharf wie der Biss eines Tarants, drang sogar durch seine elektrischen Beinkleider hindurch. In etwa siebzig Minuten würde die Sonne aufgehen, so trüb ihr Licht auch war, und der beste Teil seiner Beobachtungszeit würde vorüber sein. Diesmal spielte es einfach keine Rolle. Diese Nacht hatte sich aus der guten kalten Welt eine günstige Gelegenheit erhoben.
Es blieb höchstens noch eine Minute, bis das Rätsel über ihnen war. Es musste jetzt ein gutes Stück über dem Horizont stehen und südwärts auf sie zu gleiten. Nedering ging um die runde Wand der Hauptkuppel herum und starrte nach Norden. In der Gerätekammer nebenan hörte er Shepry mit dem Dreizentimeterrohr kämpfen, dem kleinen Teleskop, das sie den Touristen zeigten. Er müsste dem Kind helfen, aber es blieb wirklich keine Zeit.
Vertraute Sternbilder erstreckten sich kristallklar bis hinab zum Horizont. Diese Klarheit war es, die aus der kleinen Insel für Obret Nedering wahrlich ein Paradies machte. Es müsste einen Funken reflektierten Sonnenlichts geben, der langsam am Himmel aufstieg. Er würde sehr schwach sein; die tote Sonne war so trüb. Nedering starrte und starrte, schaute angespannt nach der geringsten Bewegung aus… Nichts. Vielleicht hätte er beim Radar bleiben sollen, vielleicht verpassten sie jetzt ihre einzige Gelegenheit, wirklich gute Daten zu bekommen. Shepry kam jetzt mit dem Dreizentimeterrohr aus der Kammer. Er mühte sich ab, um es auszurichten. »Helfen Sie mir!«
Sie hatten beide falsch geraten. Die gute Gelegenheit war vielleicht ein Engel, aber ein wankelmütiger. Obret wandte sich wieder Shepry zu, ein wenig verlegen, dass er ihn ignoriert hatte. Natürlich beobachtete er noch immer den Himmel, den Bereich kurz vor dem Zenit, wo es einen winzigen Lichtflecken geben müsste. Ein Stück Schwärze huschte über die glühende Ansammlung im Sternhaufen des Räubers. Ein Stück Schwärze. Etwas… Riesengroßes.
Alle Würde vergessend, ließ sich Nedering auf die Seite fallen und hob das Vierer-Okular an seine Minderaugen. Aber heute Nacht hatte er weiter nichts zur Verfügung… Er drehte sich langsam, verfolgte dem erahnten Kurs am Himmel und betete, sein Ziel wiederzufinden.
»Herr Doktor? Was ist los?«
»Shepry, schau nach oben… schau einfach nach oben.«
Der Kuppling verstummte für eine Sekunde. »Oh!«
Obret Nedering hörte nicht hin. Er hatte das Ding im Gesichtsfeld des Vierers und widmete seine ganze Aufmerksamkeit der Aufgabe, es zu verfolgen, es zu sehen und sich einzuprägen. Und was er sah, war ein Fehlen von Licht, ein Schatten, eine Silhouette, die über die galaktische Schwade von Sternenwolken raste. Es überspannte fast einen Viertelgrad. In der Lücke zwischen Sternenwolken war es wieder unsichtbar… und dann sah er es wieder eine Sekunde lang. Nedering hatte fast eine Vorstellung von seiner Form: ein gedrungener Zylinder, der nach unten zeigte, mit einer Andeutung von etwas Komplexem, das mittschiffs herausragte.
Mittschiffs.
Der Rest seiner Bahn führte vor lockeren Sternbildern vorbei zum Südhorizont hinab. Nedering versuchte vergebens, es die ganze Strecke über zu verfolgen. Wenn es nicht den Räuber-Haufen durchquert hätte, hätte er es vielleicht überhaupt nicht erfasst. Danke, gute Gelegenheit!
Er setzte das Vierer ab und stand auf. »Wir wollen noch ein paar Minuten aufpassen.« Was mochte noch für Kram mit diesem Ding einherfliegen?
»Oh, bitte, lassen Sie mich nach unten gehen und das ins Netz geben«, sagte der Kuppling. »Über hundertfünfzig
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