Eine Tiefe Am Himmel
Truppführers kamen in kurzen, gequälten Ausbrüchen. »Fünf Hoch-g-Bomben von Aufsteiger-Positionen… Ziel: Parks Flaggschiff…«
Vinh lehnte sich über die Reihe von Liegen und schaute hinaus. Die Düsenflammen der Projektile zeigten vom Blickpunkt des Landers weg; es waren fünf schwache Sterne, die sich immer schneller über den Himmel bewegten, von verschiedenen Seiten auf die DHS Pham Nuwen zu. Doch ihre Flugbahnen waren keine glatten Bögen. Es waren scharfe Kurven und Schwankungen darin.
»Wir müssen unsere Laser auf ihnen haben. Sie schlagen Haken.«
Eins von den winzigen Lichtern verschwand. »Wir haben eine erwischt! Wir…«
Vier Lichtpunkte explodierten am Himmel. Es wurde immer heller, tausendmal heller als die verblasste Sonnenscheibe.
Dann war das Bild wieder weg. Die Kabinenbeleuchtung erlosch, ging kurz wieder an, wieder aus. Das tiefste Notsystem schaltete sich ein. Es gab ein schwaches rotes Liniennetz, das Ausrüstungsbuchten, Luftschleuse, das Notpult umrahmte. Das System war strahlengeschützt, aber sehr simpel und energiesparsam. Es gab nicht einmal eine Ersatz-Bildanzeige.
»Was ist mit Parks Flaggschiff, Truppführer?«, fragte Vinh. Vier Detonationen in nächster Nähe, so schrecklich hell – die Ecken eines regelmäßigen Tetraeders, die ihr Opfer umkrallten. Das Bild war fort, doch es hatte sich für immer in seine Erinnerung eingebrannt. »Jimmy!«, schrie Vinh nach vorn. »Was ist mit der Pham Nuwen?« Die roten Notlichter schienen um ihn zu schwingen; er verlor fast das Bewusstsein bei dem Schrei.
Dann kam Diems Stimme heiser und laut. »Ich… ich glaube, sie ist weg.« Geröstet, verdampft, keine der Umschreibungen fiel noch leicht. »Ich habe jetzt nichts, aber die vier Sprengköpfe… Gott, die waren direkt drüber!«
Etliche andere Stimmen unterbrachen ihn, doch sie waren sogar schwächer als die von Jimmy Diem. Als sich Vinh wieder auf den Weg nach vorn zu ihm machte, hörte der Zehntel-g-Schub auf. Ohne Licht und ohne Gehirn, was war der Lander anderes als ein dunkler Sarg? Zum ersten Mal im Leben spürte Ezr Vinh das Entsetzen, das der Verlust der Orientierung bei Planetenbewohnern auslöste: Schwerelosigkeit konnte bedeuten, dass sie die vorgesehene Umlaufbahn erreicht hatten oder dass sie in einer ballistischen Kurve fielen, die die Oberfläche des Planeten schnitt…
Vinh unterdrückte sein Entsetzen und glitt vorwärts. Sie konnten das Notpult benutzen. Sie konnten auf eine Nachricht lauschen. Sie konnten den Autopiloten vor Ort benutzen, um zu den überlebenden Dschöng-Ho-Kräften zu fliegen. Der Schmerz in seinem Kopf wuchs über alles hinaus, was Ezr Vinh jemals erlebt hatte. Die kleinen roten Notleuchten schienen immer schwächer zu werden. Er fühlte, wie sein Bewusstsein niedergedrückt wurde, und Panik stieg hoch und würgte ihn. Er konnte nichts tun.
Und kurz bevor alles weg war, erwies ihm das Schicksal eine Gunst, eine Erinnerung: Trixia Bonsol war nicht an Bord der Pham Nuwen gewesen.
ACHT
Mehr als zweihundert Jahre lang war das Uhrwerk unter dem gefrorenen See getreulich weitergelaufen, hatte Federwindung um Federwindung sich entspannt. Der Mechanismus tickte verlässlich bis zum Ablauf der letzten Feder – und dann blieb der eigentliche Auslösehebel an einem Fleckchen Luftschnee hängen. Dort hätte er bis zum Beginn der Neuen Sonne festhängen können, wären nicht gewisse andere unvorhergesehene Ereignisse eingetreten: Am siebten Tag des zweihundertundneunten Jahres breitete sich eine Serie heftiger Erdstöße von gefrorenen Meer her aus und rüttelte den Auslöser frei. Ein Kolben stieß einen Schaum von organischem Schlamm in einen Tank gefrorener Luft. Mehrere Minuten lang geschah nichts. Dann breitete sich ein Glühen durch den organischen Stoff aus, die Temperatur stieg über den Gefrierpunkt von Stickstoff und Sauerstoff, sogar über den von Kohlendioxid. Die Ausdünstungen einer Billion knospender Exotherms schmolz das Eis über dem kleinen Fahrzeug. Der Aufstieg zur Oberfläche hatte begonnen.
Aus dem Dunkel zu erwachen war nicht wie das Erwachen von einem gewöhnlichen Schlaf. Tausend Dichter hatten den Augenblick beschrieben, und – in neuerer Zeit – zehntausend Wissenschaftler hatten ihn studiert. Es war das zweite Mal, dass Scherkaner Unterberg ihn durchlebte (doch das erste Mal zählte eigentlich nicht, denn die Erinnerung war durchmischt mit nebelhaften Erinnerungen an die Babyzeit, wie er sich in den
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