Eine Tiefe Am Himmel
Vegetation ›verbrennen‹. Solche Bakterien wären am allerbesten an ein Leben nach Beginn des Dunkels angepasst.
Im Rückblick gesehen war es hauptsächlich Scherkaners Unwissenheit, die es ihm erlaubte, den Einfall zu verfolgen. Die beiden Lebensstrategien erforderten völlig unterschiedliche Chemismen. Die Wirkung äußerer Oxidation war sehr gering und kam in warmer Umgebung nicht vor. In vielen Situationen war der Trick ein ernstes Handicap für die kleinen Biester; die beiden Metabolismen waren füreinander im Allgemeinen giftig. Im Dunkel gewannen sie einen sehr kleinen Vorteil, wenn sie sich nahe an einem vulkanischen Hot-Spot befanden. Es wäre niemals bemerkt worden, hätte Scherkaner nicht danach gesucht. Er hatte ein Biologielabor für Studenten in einen gefrorenen Sumpf verwandelt und war dafür (vorübergehend) von der Schule geworfen worden, doch da waren sie: seine Exotherms.
Nach sieben Jahren selektiver Züchtung durch die Abteilung für Materialforschung hatten die Bakterien einen reinen, schnelloxidierenden Metabolismus. Wenn Scherkaner also Exothermschlamm in den Luftschnee fallen ließ, gab es einen Ausbruch von Dampf und dann ein winziges Leuchten, das schwächer wurde, während das noch flüssige Tröpfchen herabsank und sich abkühlte. Eine Sekunde verging, und wenn man sehr genau hinsah (und wenn die Exotherms in dem Tröpfchen Glück gehabt hatten), sah man ein schwaches Leuchten unter dem Schnee, das sich über die Oberfläche von allem fraß, was da an organischem Material verschneit sein mochte.
Das Glühen breitete sich zu seiner Linken stärker aus. Der Luftschnee zitterte und sackte ein, und eine Art Dampf stieg daraus auf. Scherkaner ruckte an dem Kabel zu Unnerbei und führte die Gruppe zu dichterem Brennstoff. So schlau der Einfall auch war, Exotherms zu verwenden war immer noch eine Art Feuermachen. Luftschnee gab es überall, doch die brennbaren Stoffe waren verborgen. Es war nur das Werk von Billionen Niederer Bakterien, das es erlaubte, den Brennstoff zu finden und zu nutzen. Eine Zeit lang war sogar die Materialforschung von ihrer eigenen Schöpfung eingeschüchtert. Wie die Mattenalgen der Südlichen Sandbänke waren diese winzigen Wesen in gewissem Sinne sozial. Sie bewegten und vermehrten sich so schnell wie nur je eine Matte, die die Sandbänke überzog. Was, wenn diese Exkursion die Welt in Brand steckte? Doch in Wahrheit war der Hochgeschwindigkeits-Metabolismus bakterieller Selbstmord. Unterberg und Begleitung hatten höchstens fünfzehn Stunden, bis die letzten von ihren Exotherms allesamt gestorben sein würden.
Bald hatten sie den See hinter sich gelassen und gingen über ein ebenes Feld, das in den Jahren des Schwindens als Bowlingrasen für den Befehlshaber des Stützpunkts gedient hatte. Hier gab es reichlich Brennstoff; an einer Stelle gerieten die Exotherms in einen zusammengebrochenen Haufen von Vegetation, die Überreste eines Songe-Baums. Der Haufen glühte immer wärmer, bis ein strahlendes smaragdfarbenes Licht durch den Schnee explodierte. Ein paar Augenblicke lang waren das Feld und die Gebäude ringsum deutlich zu sehen. Dann schwand das grüne Licht, und es blieb nur das warmrote Glühen.
Sie waren ungefähr hundert Meter vom U-Boot entfernt. Wenn es keine Hindernisse gab, hatten sie gut viertausend Meter weit zu gehen. Die Gruppe richtete sich auf eine mühevolle Routine ein: ein paar Dutzend Meter gehen, stehen bleiben und Exotherms verstreuen. Während Nishnimor und Haven sich ausruhten, schauten sich Unterberg und Unnerbei um, wo die Exotherms die reichsten Brennstofflager gefunden hatten. An diesen Stellen füllte jeder seinen Schlammkorb auf. Manchmal war nicht viel Brennstoff zu finden (etwa als sie über eine breite Zementplatte gingen), und sie kaum etwas einzuschaufeln hatten als Luftschnee. Den brauchten sie auch; sie mussten atmen. Doch ohne Brennstoff für die Exotherms drang die Kälte rasch so stark durch die Gelenke der Anzüge und von den Fußplatten herauf, dass die Beine gefühllos wurden. Dann hing der Erfolg davon ab, ob Scherkaner richtig erriet, wohin sie sich wenden sollten.
Das fand Scherkaner eigentlich ziemlich leicht. Er hatte seine Orientierung im Licht des brennenden Baumes gewonnen, und inzwischen war offensichtlich, welche Muster des Luftschnees Vegetation verbargen. Es war alles in Ordnung, er fror nicht wieder ein. Der Schmerz an den Spitzen von Händen und Füßen war scharf, und jedes Gelenk schien ein
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