Eine Tiefe Am Himmel
könnte derart schwer sein.
Ein winziges Licht schwang sich in mittlerer Entfernung dahin. Zweige glitten raschelnd zur Seite. Jemand war in den Park gekommen, rumorte bei der zentralen Lichtung. Das Licht blitzte kurz in Vinhs Gesicht, dann ging es aus.
»Aha. Dachte mir, dass Sie zum Boden gegangen sind.« Es war Pham Trinli. Der alte Mann packte einen tief wachsenden Ast und setzte sich auf das Moos neben Vinh. »Kopf hoch, junger Mann. Diem hatte das Herz am rechten Fleck. Ich habe ihm nach besten Kräften geholfen, nach draußen zu kommen, aber er war ein sorgloser Heißsporn – erinnern Sie sich, wie er geklungen hat? Ich hätte nie gedacht, dass er so töricht wäre, und jetzt sind eine Menge Leute umgekommen. Na ja, Mist passiert eben.«
Vinh wandte sich dem Klang der Worte zu; das Gesicht des Alten war ein grauer Schemen im Dämmerlicht. Einen Moment lang war Vinh drauf und dran, gewalttätig zu werden. Es würde so ein gutes Gefühl sein, dieses Gesicht zu Matsch zu hauen. Stattdessen setzte er sich ein wenig tiefer ins Dunkel zurück und sah zu, dass sein Atem regelmäßig blieb. »Ja, er passiert eben.« Und vielleicht wird auch dir etwas passieren. Sicherlich hatte Nau den Park verwanzen lassen.
»Mut. Sowas gefällt mir.« Im Dunkeln konnte Vinh nicht sagen, ob der Alte lächelte oder ob das alberne Kompliment ernst gemeint war. Trinli rutschte ein wenig näher heran, und seine Stimme sank zu einem Flüstern ab. »Nehmen Sie’s nicht so schwer. Manchmal muss man mitgehen, um weiterzukommen. Und ich glaube, ich kann diesen Nau beeinflussen. Die Rede, die er gehalten hat – haben Sie’s bemerkt? Nach all den Toten, die Jimmy verursacht hat, hat sich Nau angepasst. Ich garantiere, er hat seine Rede von irgendwo in unserer eigenen Geschichte abgeschrieben.«
Also gab es sogar in der Hölle Clowns. Pham Trinli, der alternde Zuchtmeister, dessen Vorstellung von raffinierter Konspiration ein geflüstertes Geplapper im Zentralpark des Temps war. Trinli blickte überhaupt nicht durch. Schlimmer, so vieles sah er genau falsch herum…
Sie saßen ein paar Sekunden lang in der fast vollständigen Finsternis, und Pham Trinli schwieg gnädig. Die Dummheit des Kerls war wie eine Ladung Steine, die in den Teich von Vinhs Verzweiflung geschüttet wurden. Sie wirbelte alles auf. Die Absurditäten lieferten ihm etwas außer ihm selbst, worauf er einschlagen konnte. Naus Rede… angepasst? In gewissem Sinne war Nau in dieser Sache die geschädigte Seite. Doch sie waren alle geschädigt. Zusammenarbeit war jetzt der einzige Ausweg. Er dachte über Naus Worte nach. Hm. Manche von den Sätzen waren wirklich entlehnt – von Pham Nuwens Rede bei der Brisgo-Lücke. Die Brisgo-Lücke war ein leuchtender Höhepunkt in der Geschichte der Dschöng Ho, wo die Kauffahrer eine Hochzivilisation und Milliarden Menschenleben gerettet hatten. Soweit etwas derart Großes überhaupt an einem bestimmten Punkt in der Raumzeit festgemacht werden konnte, war die Brisgo-Lücke der Ursprung der modernen Dschöng Ho. Die Ähnlichkeiten mit der gegenwärtigen Situation waren annähernd Null… außer dass auch dort Menschen von überallher zusammengearbeitet, sich angesichts schrecklicher Heimtücke behauptet hatten.
Pham Nuwens Rede war im Laufe der letzten zweitausend Jahre viele Male quer durch den Menschenraum gesendet worden. Es war kein Wunder, dass Tomas Nau sie kannte. Also hatte er hier und da einen Satz eingeflochten, einen gemeinsamen Hintergrund gesucht… nur dass Tomas Naus Vorstellung von ›Zusammenarbeit‹ bedeutete, Fokus zu akzeptieren und das, was Trixia Bonsol angetan worden war. Vinh erkannte, dass ein Teil seines Bewusstseins die Ähnlichkeiten gespürt hatte, von ihnen bewegt worden war. Aber wenn man nüchtern sah, was da abgeschrieben worden war, ergab sich ein anderes Bild. Es war alles so glatt, und es lief darauf hinaus, dass Ezr Vinh… Fokus akzeptieren musste.
Scham und Schuldgefühl waren die letzten zwei Tage über so niederdrückend gewesen. Jetzt drängten sich Ezr Fragen auf. Jimmy Diem war nie ein Freund von Ezr gewesen. Er war ein paar Jahre älter gewesen, und seit sie einander begegnet waren, war Diem sein Truppführer gewesen, sein ständiger Vorgesetzter. Ezr versuchte an Jimmy zurückzudenken, ihn von außen zu sehen. Ezr Vinh selbst war kein Glanzstück, doch er war im Umkreis der Spitze von Vinh.23 aufgewachsen. Unter seinen Tanten und Onkeln und Vettern waren einige der erfolgreichsten
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