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Eine tolle Zeit

Eine tolle Zeit

Titel: Eine tolle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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das den anderen nun auch zu denken gab, denn Erichs verzweifelte Bissigkeit blieb ohne Echo.
    Aber ich begriff ehrlich nicht, worin die große Gelegenheit bestehen sollte, wo wir doch hier in einem grauen Sack der Leere abgeschnitten waren, und ich begann zu überlegen und hatte ein ganz komisches Gefühl, und ich sagte mir: »Halt den Hut fest, Greta. Es ist die Hoffnung.«
    »Das Schlimme an der Existenz als Dämon ist doch, daß man den ganzen Bereich der Zeit durchstreifen kann«, sagte Lili lächelnd. »Man kann niemals die Hintertür vor dem Gestern oder die Vordertür vor dem Morgen verschließen und einfach nur in der Gegenwart leben. Aber jetzt hat jemand eben das für uns getan: die Tür ist geschlossen, wir brauchen die Vergangenheit oder die Zukunft nie wieder ein zweitesmal durchzukauen. Die Spinnen und Schlangen können uns nie finden – oder hat schon mal jemand davon gehört, daß eine wirklich verlorengegangene Station gerettet wur de? Und Leute, die es wissen müssen, haben mir das gesagt. Die Introversion ist das Ende, was die Menschen draußen betrifft. Wir sind also in Sicherheit vor den Spinnen und den Schlangen, wir brauchen nie wieder Sklaven oder Feinde zu sein, und wir haben eine Stati on, in der wir unser neues Leben leben, der Ort, der seit Anbeginn für uns bereitet war.«
    Sie hielt inne. »Gewiß versteht ihr doch, was ich meine? Sidney und Beauregard und Dr. Pjeschkow sind es, die mir das erklärt haben. Die Station ist ein ausbalanciertes Aquarium – wie der Kosmos. Niemand weiß, wie viele Zeitalter der Großen Zeit sie schon in Gebrauch ist, ohne daß neues Material hinzugefügt wurde – nur Luxusartikel und Menschen – und ohne Ausstoß von Abfall. Niemand weiß, wie viele weitere Zeitalter sie das Leben noch schützt. Ich habe noch nie gehört, daß sich ein Nebenversorger erschöpft hätte. Wir haben all die Zukunft und all die Sicherheit, die man sich nur wünschen kann. Wir haben einen Ort, an dem wir zusammen leben können.«
     
    Wissen Sie, sie hatte ganz recht, und ich machte mir klar, daß ich die ganze Zeit im Unterbewußtsein überzeugt gewesen war, daß wir ersticken oder sonst etwas erleiden würden, wenn wir nicht schnell eine Tür errichten konnten. Ich von allen hätte es besser wissen sollen, denn ich war einmal fast hundert Schlafperioden lang ohne Tür hier in der Station, weil wir eine Versteckperiode im Veränderungskrieg hatten, und wir hatten unsere Wiedergewinnungsanlage aktivieren müssen, und alles hatte geklappt. Und da mein Geist nun mal so arbeitet, begann ich mir auch in schnellen Bildern die Folgen unseres Zusammenlebens vorzustellen, wir alle, wie Lili gesagt hatte.
    Ich begann die Leute in Paaren aufzuteilen; es ging nicht anders. Also – vier Frauen, sechs Männer; zwei AIs.
    »Greta« sagte ich mir, »du wirst bestimmt Miss Pol ly Andry. Wir haben jeden Tag eine Zeitung und Volkstanzunterricht, wir schließen tagsüber die Bar, und Bruce wird eine gereimte Geschichte der Station schreiben.«
    Obwohl ich wußte, daß das mehr als blöd war, dach te ich auch an Schule und an Kinder. Ich fragte mich, wie Siddys Nachkommen aussehen würden oder die Kinder meines kleinen Kommandanten. »Geht nicht zu nahe an die Leere heran, meine Kleinen.« Natürlich würde es den beiden AIs besonders schwer fallen, aber zumindest Siebensee war ja gar nicht so andersartig, und die Genetik-Knaben hatten schon wunderbare Fortschritte gemacht, und Maud müßte darüber Bescheid wissen, und es gab da einige erstaunliche Geräte in der Krankenabteilung, wenn Doc erst mal ausgenüchtert war. Das Poltern kleiner Hufe …
    »Mein Verlobter hat davon gesprochen, eine Friedensbotschaft in den übrigen Kosmos zu tragen«, fügte Lili hinzu, »und der Großen Veränderung ein Ende zu bereiten und alle Wunden zu heilen, die in die Kleine Zeit gerissen wurden.«
    Ich sah Bruce an. Sein Gesicht war verkniffen und angespannt, wie es auch den Besten ergeht, wenn das eigene Mädchen über die Angelegenheiten ihres Mannes zu reden beginnt, und ich weiß nicht, wieso, aber ich sagte mir: »Sie kreuzigt ihn, sie nagelt ihn an das Kreuz ihrer Absichten, wie es eine Frau so an sich hat, auch wenn das wie jetzt wenig sinnvoll ist.«
    Und Lili fuhr fort: »Das war zwar ein wunderbarer Gedanke, aber jetzt können wir keine Nachrichten empfangen oder aussenden, und ich meine, es wäre ohnehin zu spät, eine Friedensbotschaft könnte nichts mehr nützen. Der Kosmos ist viel zu zerfasert

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