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Eine tolle Zeit

Eine tolle Zeit

Titel: Eine tolle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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hatte.
    Wenn so ein Veränderungsknabe zu mir sagte: ›Hal lo, Schönheit, wie wär’s mit einem Lächeln?‹ oder ›Das ist aber ein schmuckes Kleid, Kind‹ – schon lag ich wieder im Bellevue-Krankenhaus und schaute auf mei nen geschwollenen Körper hinunter, und das Licht stach wie Eiszapfen auf mich ein, oder ich befand mich in dem miesen Schlafzimmer in Stepney, wo sich Phyllis neben mir zu Tode hustete, oder bestenfalls war ich eine Sekunde lang ein kleines Mädchen in Glamorgan, das die Straße der Römer betrachtete und an das wunderbare Leben dachte, das vor ihm lag.«
    Ich sah Erich an und erinnerte mich, daß auch er eine lange, unangenehme Zukunft vor sich hatte, drüben im Kosmos, und er lächelte ohnehin nicht, und ich dachte, vielleicht lernt er jetzt ein wenig Demut bei der Erkenntnis, daß noch jemand zwei solche Zukunftslinien hat, aber ich bezweifelte das eigentlich.
    Lili fuhr gepreßt fort: »In allen drei Leben bin ich ein Mädchen gewesen, daß sich in einen großen jungen Dichter verliebte, den sie nie kennengelernt hatte, die Stimme der neuen Jugend und aller Jugend, und sie brachte ihre erste große Lüge vor, um in das Rote Kreuz und hinüber nach Frankreich zu kommen, damit sie näher bei ihm war, und das Ganze war Gefahr und dunkler Zauber und ein Ritter in schimmernder Rüstung, und sie stellte sich vor, wie sie ihn verwundet auffand, aber nicht ernsthaft verletzt, eine kleine Bandage um den Kopf, und sie wollte ihm eine Zigarette anzünden und leise lächeln, ohne ihn ihre wahren Gefühle ahnen zu lassen, sondern sie wollte sich nur im besseren Licht präsentieren und sehen, ob das bei ihm etwas auslöste …«
    Und dann zerfetzten ihn die Maschinengewehre der Boches bei Passchendaele, und die Bandagen reichten nicht aus, und das Mädchen blieb innerlich siebzehn und wurschtelte sich durch und versuchte lasterhaft zu sein, obwohl sie sich dabei nicht sehr geschickt anstell te, und versuchte zu trinken, und da war das Talent schon etwas größer, obwohl sich zu Tode zu trinken nicht annähernd so einfach ist, wie es sich anhört, auch nicht mit einer Nierenschwäche zur Unterstützung. Aber sie schaffte es.
    Dann kräht plötzlich ein Hahn. Sie erwacht zusammenfahrend aus den grauen Todesträumen, die ihre Lebenslinien erfüllen. Es ist ein kalter Morgen. Der Geruch eines französischen Bauerhofes. Sie betastet ihre Fußgelenke, und sie sind ganz und gar nicht wie Gummistiefel voller Wasser. Sie sind nicht im geringsten geschwollen. Es sind ganz junge Beine.
    Da ist ein kleines Fenster, und die Wipfel einer Baumreihe, bei denen es sich um Pappeln handeln könnte, wenn da mehr Licht wäre; bei der geringen Helligkeit kann sie jedenfalls Liegen wie ihre eigene erkennen und Köpfe unter Decken, und Uniformen hängen da, die große Schatten werfen, und ein Mäd chen schnarcht. Ein fernes Grollen ertönt, das ein we nig das Fenster erzittern läßt. Dann erinnert sie sich, daß sie Rotkreuz-Mädchen sind, viele, viele Kilometer von Passchendaele entfernt, und daß Bruce Marchant im Morgengrauen dieses Tages sterben wird.
    In wenigen Minuten wird er über den Hügel kom men, wo ein kurzgeschorener Maschinengewehrschütze zielt und seine Waffe ein wenig herumschwingt. Sie jedoch wird heute nicht sterben. Sie wird 1929 und 1955 ster ben.
    Und als sie gerade durchdrehen will, ertönte ein Knacken, und in dem Schatten erscheint ein Japaner mit einer Frauenfrisur, undenkbar bleich und mit tiefschwarzen Augenbrauen. Er trägt einen rosafarbenen Umhang und eine schwarze Binde, die an seiner Hüfte zwei Samuraischwerter hält, doch in der Rechten führt er eine seltsame Silberpistole. Und er lächelt sie an, als wären sie Bruder und Schwester und Liebende zugleich, und er sagt: ›Voulez-vous vivre, mademoiselle?‹ und sie starrt ihn an und er schwenkt den Kopf auf und nieder und sagt: ›Missy will leben, ja, nein?‹
    Sids Finger schlossen sich langsam um meine zitternden Hände. Es geht mir sehr an die Nieren, wenn ich von der Wiedererweckung anderer Leute höre, und obwohl meine weitaus verrückter vonstatten ging, hatten auch die Krauts damit zu tun. Ich hoffte, sie würde den Rest des Standardvorgangs übergehen, und das tat sie auch.
    »Fünf Minuten später ist er eine Treppe hinabgegangen, die eher wie eine Leiter aussieht, um unten zu warten, und sie kleidet sich in aller Hast an. Ihre Kleidung leistet ein wenig Widerstand, als haftete sie am Haken und an der schmutzigen Wand, und sie

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