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Eine tolle Zeit

Eine tolle Zeit

Titel: Eine tolle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Ausdruck, der nur sie selbst anging, und gleich darauf löste sich auch Illy vom Klavier und folgte nach, seine Tentakel auf dem Boden hinter sich herziehend.
    Ich konnte mir nicht recht vorstellen, daß er in die ser Gesellschaft auf kleine Illies hoffte, sofern die Witze über die Lunaner nicht doch stimmten, aber vielleicht war er wirklich uninteressiert, vielleicht aber auch nicht; vielleicht dachte er sich auch nur, daß Illy auf der Seite mit den größten Bataillonen stehen sollte.
    Ich hörte schlurfende Schritte hinter uns, und da kam Doc aus der Galerie und hielt mit verschränkten Armen eine abstrakte Plastik, von der Größe eines Neugeborenen. Sie war eine Anhäufung schimmernd grauer Kugeln groß wie Golfbälle, die so etwas wie ein großes Gehirn bildeten, in dem sich aber hier und dort Löcher auftaten. Er hielt uns das Ding entgegen wie ein Säugling, der bewundert werden sollte, und beweg te Lippen und Zunge, als ringe er verzweifelt um Worte, obwohl nichts Verständliches dabei herauskam, und ich dachte: »Maxim Alexejetisch mag ja stinkbesoffen sein und alle möglichen Löcher im Gehirn haben, aber seine Instinkte stimmen, gepriesen sei sein sentimentales kleines russisches Herz.«
    Wir alle drängten uns um den Kontrolldiwan wie ei ne Football-Mannschaft beim Köpfezusammenstecken. Friedensteam, so wollte es mir scheinen. Siebensee würde in der Verteidigung oder Mitte spielen und Illy als Linksaußen – was für ein Fänger! Auch die Kopfzahl stimmte! Erich war allein an der Bar, aber jetzt kam auch er – »O nein, das kann doch nicht sein«, dachte ich – sogar er kam jetzt auf uns zu. Dann sah ich, daß sein Gesicht ziemlich in Bewegung war, wie ich es noch nie gesehen hatte. Er blieb auf halbem We ge stehen und zwang sich zu einem Lächeln, aber auch das fiel fürchterlich aus. »So typisch mein kleiner Kommandant«, dachte ich. »Kein Teamgeist.«
    »Also haben Lili und Bruce – ja, und Großmütterchen Maud – jetzt ihr kleines Nest«, sagte er, und seine Stimme war gar nicht weit von einem schrillen Mißklang entfernt. »Aber was sollen wir anderen sein – Vogelscheuchen?«
    Er krümmte den Hals und schlug die Hände auf und ab und krächzte: »Kuckuck! Kuckuck!« Und ich sagte mir: »Ich hab mir ja oft gedacht, daß du verrückt bist, jetzt weiß ich’s aber bestimmt.«
    »Teufelsdreck! – Ja! Aber ihr alle scheint von diesen Kinderträumen angesteckt zu sein. Seht ihr denn nicht, daß die Veränderungswelt das natürliche und richtige Ende der Evolution ist? – eine Periode des Genusses und des Abwiegens, ein letztes Zurechtrücken der Din ge, das die Frauen Vernichtung nennen – ›Hilfe, ich werde vergewaltigt!‹ – ›Oh, was tun sie meinen Kindern an?‹ – das die Männer aber als Erfüllung ansehen.
    Ihr habt in der Götterdämmerung hübsche Rollen zugeteilt bekommen, und ihr geht nun zum Autor hinüber und klopft ihm auf die Schulter und sagt: ›Entschuldigen Sie, Herr Wagner, aber dieses Stück ist ein bißchen zu morbid. Warum schreiben Sie mir keine Oper über die Kinder, die süßen kleinen, blauäugigen Lockenköpfchen? Handlung? Oh, Junge trifft Mäd chen, und sie tun sich zusammen, um Nachkommen zu ha ben, etwas in der Art.‹
    Ach was, Teufelsdreck! Habt ihr schon mal über legt, wie das Leben sein muß ohne Tür , die man durchschreiten kann, um Freiheit und Abenteuer zu finden, um seinen Mut und seine Geschicklichkeit auf die Probe zu stellen? Wollt ihr euch graue Bärte wachsen lassen und ewig in diesem ungestülpten Asteroiden herumschleichen? Wollt ihr bis ans Ende eurer Tage hier drinnen bleiben und über kleine Baby-Kosmen red en? – übrigens mit einer scharfen Bombe als Gesellschafter. Die Höhle, der Mutterleib, das kleine graue Nestheim – wollt ihr das? Es wird wachsen? O ja, wie die Stadt, die den wilden Wald umschließt, ein Auswuchs von Kindern, Kirche, Küche – daß ich das noch erlebe!
    Frauen! – wie ich ihre schimmernden Augen hasse, wenn sie mich vom Kamin her ansehen, mit gebeugten Schultern, im Schaukelstuhl sitzend, glücklich über ihr Alter, wie sie sagen: ›Er wird schwach, er läßt nach, bald muß ich ihn ins Bett legen und jede Kleinigkeit für ihn tun.‹ Ihre schmutzige Dreifache Göttin, Kaby, Gebärende, Braut und Beerdigerin des Mannes! Frau, die Schwachmachende, die Kettenanlegende, die Verkrüppelnde! Frau! – und die lockigen kleinen Krebsgeschwüre, die sie haben will!«
    Er schwankte auf uns zu und deutete dabei

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