Eine tollkuehne Lady
warf ihr einen vielsagenden Blick zu und schob sich dann den Mittelfinger in den Mund, um ihren Geschmack zu kosten.
Mit großen Augen starrte sie ihn an.
„Ich glaube, allmählich beginne ich, Sie kennenzulernen“, erklärte sie plötzlich.
„Verdammt“, erwiderte er ein wenig spöttisch.
In diesem Augenblick hörten sie, wie Derek aus der Ferne Ians Namen rief. Ian fluchte leise, und sie beide drehten sich beunruhigt um.
„Ah, dies ist der Teil, in dem Ihre Brüder mich umbringen werden“, meinte Ian.
„Meine Brüder werden Sie nicht umbringen. “
„Sie könnten es aber, und ich vermute, es würde ihnen gefallen. “
„Oh, reden Sie keinen Unsinn! “
„Lord Griffith! “ Dereks Stimme hallte von der obersten Tempelstufe wider. Als Georgie Ian fragend ansah, machte er sich bereit, die Höhle zu verlassen.
Offensichtlich war es unmöglich, sein tadellos gebundenes Krawattentuch wieder herzurichten, daher stopfte er das weiße Tuch in seine Tasche, dann griff er nach unten und zog, offensichtlich noch immer erregt, seine Hose zurecht.
Auch Georgie beeilte sich, ihr Kleid in Ordnung zu bringen.
In aller Eile versuchten sie sich wieder zu sammeln. Hin und wieder warf Ian ihr sehnsuchtsvolle Blicke zu und machte den Eindruck auf sie, als focht er einen inneren Kampf aus, um sein Verlangen zu zügeln. Oh je, dachte Georgie. Wie es schien, hatte sie den armen Mann in eine beklagenswerte Verfassung gebracht.
Doch zum Glück erwies sich Ian als Meister der Selbstdisziplin. Zumindest äußerlich wieder kühl und beherrscht, nahm er ihre Hand, hob sie an seine Lippen und drückte einen Kuss darauf. „Fertig? “
Georgie nickte und holte tief Luft.
Seite an Seite folgten sie dem Ruf ihres Bruders. Sie fragte sich, ob Derek ihre Schuhe an der Schwelle zu dem heiligen Ort gesehen hatte, aber als Ian und sie die Treppe erklommen hatten, war er nicht mehr da. Sie stellten fest, dass er auf den Platz zurückgekehrt war und dort noch immer nach Ian suchte.
Als Georgie und Ian aus der Gebetshöhle traten, befanden sich ihre beiden Brüder in der Nähe des Tigerkäfigs und eilten gerade zurück zum Palast.
„Gentlemen! “, rief Ian ihnen nach und hörte sich so ehrwürdig an wie immer.
Welch ein Rätsel er ist, überlegte Georgie im Stillen, als sie Zeuge wurde, wie der so sinnliche Privatmann sich in den reservierten, ernsthaften Menschen verwandelte, als den er sich nach außen hin gab.
Ihre Brüder wandten sich gleichzeitig um.
In dem Moment, da Gabriel und Derek sie zusammen sahen, tauschten die Brüder einen Blick, von dem Georgie befürchtete, dass er Ärger bedeutete, zumindest für sie. Dann kamen die beiden auf sie zu. Im Licht des Mondes war es nicht eindeutig zu erkennen, aber die Brüder wirkten nicht glücklich.
„Stimmt es? “, wollte Derek wissen. Er klang aufgebracht.
„Gütiger Himmel“, murmelte Georgie und fragte sich, ob die Brüder wohl irgendwie erraten hatten, dass sie und Ian einander noch vor wenigen Augenblicken in den Armen gelegen hatten.
Aber das war unmöglich.
„Keine Sorge“, flüsterte Ian ihr beruhigend zu. „Ich mache das schon. “ Laut entgegnete er auf Dereks Frage: „Was soll stimmen, Major? “
„Hat dieser prahlerische kleine Bantamhahn unsere Schwester beleidigt, als wir nicht zuhörten? “
„Ah. “
„Gerade wurde uns zugetragen, was Prinz Shahu über Georgie gesagt hat“, berichtete Gabriel. „Ist es wahr? “
„Nun, es ist nichts passiert“, mischte Georgie sich hastig ein. „Da-darüber haben Lord Griffith und ich gerade gesprochen. “
Ian warf ihr einen Blick zu, der ihr noch einmal versichern sollte, dass er dies regeln würde.
„Was ist geschehen? “, fragte Gabriel.
„Jugendliche Dreistigkeit, und zwar in Vollkommenheit. Dazu ein bisschen französischer Champagner. Seine Hoheit versuchte, Aufmerksamkeit zu gewinnen, indem er unverschämt wurde. “
„Was hat er gesagt? “, riefen die beiden beinahe gleichzeitig.
„Nur, dass er sich bei seinem Vater für unsere Sache einsetzen würde, wenn wir sie dazugeben. “
Georgie lachte ein wenig, als Ian dabei mit einer Kopfbewegung auf sie deutete. Beide bemühten sich, das Ganze als etwas erscheinen zu lassen, das man nicht allzu ernst nehmen müsste. Denn wenn Gabriel und Derek erst einmal verärgert waren, sah es für denjenigen, der sie verärgert hatte, finster aus. Die Männer, die in der Vergangenheit mit diesen beiden ausgezeichneten Duellanten aneinander geraten
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