Eine Trillion Euro
Arbeite den ganzen Tag. Ich bin sehr oft in meinem Container, die Bücher habe ich auch schon dort – ja, auch den Brehme. Man kann eigentlich sagen, ich wohne dort. Manchmal denke ich: So muss mein alter Herr zu seinem Geld gekommen sein: sich in eine Sache verbeißen und nicht locker lassen, bis sie vom Tisch ist. Das wäre nach dem Geschmack von meinem Papa gewesen. Und es ist natürlich eine verflucht knifflige Aufgabe, in die ich mich da verbissen habe. Wenn ich die Containerfabrik wirklich bauen will, mit der die Portatech nur geschwindelt hat, löse ich ein paar Probleme, die so bisher noch nicht angegangen worden sind. Und es ist auch nicht billig. Die ganzen Spezialanfertigungen und so. Aber ich sitze an dem kleinen hölzernen Schreibtisch in meinem Container, lese, rechne und konstruiere, und mehr und mehr denke ich, dass es klappen kann.
Witzig finde ich, wie mir der Eimer hilft, den ich mir damals aus Kinzighofen mitgenommen habe. Ein Klo habe ich hier draußen ja nicht, und wenn es mal schnell gehen muss und ich nachher gleich weiterarbeiten will, ist es eben der Eimer. Der Deckel ist auch nützlich, da muss ich nicht immer gleich ausleeren und sauber machen. Über meinem Schreibtisch hängt ein großes Plakat von Vaucansons Ente. Manchmal kackt sie mir auf den Tisch, aber nein: Das sind nur neugierige Amseln, die in den Container eindringen und an meinen Wurstsemmeln herumpicken, wenn ich mal kurz spazieren oder einkaufen bin. Macht mir nichts aus, mir sind jetzt andere Sachen wichtig.
Zunächst einmal muss ich natürlich eine Art Modell bauen. Ich kann ja jetzt nicht die ganze Eimerproduktion von Hand hier entwickeln, ich muss ein Modell bauen mit wesentlichen Komponenten, um zu sehen, ob das überhaupt funktionieren kann. Und später brauche ich dann einen zweiten Container, in den ich zusammen mit einem verschworenen Team die wirklich funktionierende Miniaturfabrik einbaue. Wenn das so läuft, wie ich mir das vorstelle, wird das natürlich Schritt für Schritt enger in meinem Wohncontainer. Das finde ich schon jetzt schade. Ich will hier eigentlich gar nicht mehr raus. Es ist echt gemütlich.
Wenn ich danebenhaue, kann ich immer noch Rache nehmen. Ich ziehe dann genauso einen Anlagenschwindel auf wie die Portatech und hole mir mein Geld zehnfach zurück. Das wäre auch eine Möglichkeit. Die Dummen sterben ja nie aus.
Rüdiger wäre ziemlich überrascht, wenn er mich besuchen würde. Irgendwie vermisse ich ihn.
Eduardo Vaquerizo
Viel von Geld war eben die Rede. Wir sind daran gewöhnt. Geld beschäftigt uns alle. Es prägt unser Leben aus keinem anderen Grund als dem, dass immer zu wenig davon da zu sein scheint. Doch was wäre eigentlich, wenn plötzlich Überfluss herrschte? Eduardo Vaquerizo zeigt in seiner Geschichte, dass wir wahrscheinlich mühelos andere Möglichkeiten fänden, uns in den vertrauten Zustand des Mangels zurückzuversetzen.
Eduardo Vaquerizo ist 1968 geboren und – nicht unüblich im Bereich der Science-Fiction – Luftfahrtingenieur von Beruf. Doch seit jeher getrieben von einer Leidenschaft für Naturwissenschaft und Technik, Literatur und Fantasie, hat er auch schon immer geschrieben. Seit zehn Jahren veröffentlicht er auch Dutzende von Kurzgeschichten, zahllose Rezensionen und Artikel sowie, fünf Romane. El lanzador, sein erster Roman, ist die surrealistische Geschichte einer Stadt und ihrer Bewohner. Rax, harter Cyberpunk in einem Madrid der nahen Zukunft, gewann den Ignotus, den Literaturpreis der spanischen Science-Fiction-Gesellschaft. Sein bekanntester Roman ist Stranded, das Buch nach dem gleichnamigen spanischen Science-Fiction-Film über eine gescheiterte Expedition zum Mars. Eduardo Vaquerizos Affinität zum Film manifestiert sich auch in bisher drei Drehbüchern, die allerdings bis jetzt noch auf ihre Umsetzung warten.
Eine Kritik beschreibt seinen Stil als »reich an visuellen Metaphern, einen musikalischen Rhythmus des Textes anstrebend, eine erschöpfende Analyse der Wahrnehmung von Wirklichkeit«.
Bleibt hinzuzufügen: Eduardo Vaquerizo vermag auch Wirklichkeiten wahrzunehmen, die noch gar nicht existieren …
Der Wert des Geldes
von Eduardo Vaquerizo
Marta bewässerte die Blumen. Mit einer kurzen, präzisen Bewegung des Handgelenks unterbrach sie den Wasserstrahl immer genau in dem Augenblick, in dem jede Pflanze die exakt richtige Menge Wasser erhalten hatte – das Fingerspitzengefühl der vielen Jahre, die sie schon darum kämpfte,
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