Eine Trillion Euro
überwältigte, seine Arbeit mochte zwar der eines Museumsangestellten gleichen, der in einer Ausstellung, die niemand besucht, Mumien abstaubt, aber die Mühe lohnte sich doch. Weil er und alle, die wie er waren, es ihnen schuldeten – diese alten Menschen waren die letzten Neandertaler des alten Europa.
Allmählich schlief Mombé ein. Er träumte. Es war ein sehr merkwürdiger Traum, in dem er – obwohl er niemals wirklich in Afrika gewesen war – gemeinsam mit einem verjüngten Herrn Müller zwischen Antilopen und Giraffen nackt durch die Savanne lief, glücklich wie Kinder unter der tropischen Sonne. Vierzig Minuten später weckte ihn ein Summen. Sie hatten Sevilla erreicht; der Bordcomputer hatte die Geschwindigkeit gesenkt und wollte nun wissen, wohin er fahren sollte.
Der Arzt kam zu sich, übernahm die Steuerung und schaltete den Autopiloten aus. Während er den Gleitwagen auf das Viertel San Vicente zulenkte, den Fluss Guadalquivir zu seiner Rechten lassend, betrachtete Mombé die urbane Landschaft, die sich vor seinen Augen entfaltete. Er sah die hohen Minarette der Moscheen, sah Synagogen und Pagoden mit den Kirchen Santa Ana und del Salvador wetteifern, er sah Basare und Gewürzmärkte, Kebab-Restaurants, Gouscous- und Sushi-Küchen, und er sah die Straßen überquellen mit einer Vielfalt von Rassen und Farben: Da waren Schwarze und Weiße, Araber, Hindus, blonde Nordmänner, schlitzäugige Asiaten und blasse Kelten, Quechua-Indios und Aimara-Indianer, stolze Äthiopier – ein Kaleidoskop aus Hautfarben und Ethnien, eine exotische Flut, die nicht einmal eine Mauer für eine Trillion Euro hatte aufhalten können.
Weit weg, hinter den Mauern der Wohnkolonie Costa Dorada, lag Hans Müller mit einem Helm voller Elektroden auf einem Diwan. Über ein dickes Kabel, das an eine Nabelschnur erinnerte, war er mit dem mnemonischen Stimulator verbunden. Wieder wurde er zu dem kleinen Jungen, der an einem warmen Abend zu Beginn des 21. Jahrhunderts an der Hand seines Vaters durch den Englischen Garten in München lief. Obwohl der alte Mann so reglos auf dem Diwan lag, dass es aussah, als sei er tot, umspielte ein seliges Lächeln seine Lippen. Er war glücklich.
Er war nach Hause zurückgekehrt.
W.J. Maryson
W.J. Maryson ein Multitalent zu nennen ist noch untertrieben. Er ist Profimusiker, hauptsächlich am Keyboard, der schon mit den besten Musikern der Niederlande und der restlichen Welt im Studio war. Er ist Maler. Er ist Produzent. Er war achtzehn Jahre lang in der Werbung tätig und hat eine erfolgreiche eigene Werbeagentur aufgebaut. Angesichts seines enormen kreativen Potenzials ist kaum zu glauben, dass er davor einst Beamter war und seine Tage mit dem Erstellen von Statistiken zubrachte. Ach ja, und dann wäre da noch das Schreiben …
Das war zwar auch schon immer da, kam aber lange Zeit zu kurz. W.J. Maryson schrieb irgendwann ein Drehbuch für eine Comicgeschichte, die nie publiziert wurde, füllte zwei Bände mit Gedichten, verwendete aber nie einen Gedanken an Prosa. Bis er Mitte 1993 krank wurde und begann, eine fantastische Geschichte zu schreiben, ohne irgendeine andere Absicht, als die Zeit erzwungener Ruhe auf diese Weise herumzubringen. Doch seiner Frau Elly gefiel so gut, was er geschrieben hatte, dass er sich überreden ließ, seinen Roman Sperling an einige Verlage zu schicken. Gleich zwei davon reagierten positiv – und eine neue Karriere war geboren.
Die inzwischen sechsteilige Reihe Die Legende vom Meistermagier gilt heute als beste Fantasy-Serie, die je ein Niederländer geschrieben hat, und, ist sowohl in den Niederlanden als auch in Belgien ein Klassiker. (Sie ist höchst erfolgreich auch auf Deutsch erschienen.) Der Nachfolger, die Reihe Unmagier, ist womöglich noch erfolgreicher; der erste Band belegte bereits Platz 2 im Wettbewerb um den Elf Fantasy Award für das beste Fantasybuch 2002. Die Reihe wird auch in Frankreich veröffentlicht werden, und sogar eine Übersetzung ins Englische ist in Vorbereitung.
Daneben hat W.J. Maryson auch Kurzgeschichten geschrieben, die in den Niederlanden, in Belgien, Deutschland, Frankreich, Österreich, der Schweiz, Dänemark, Norwegen und Schweden veröffentlicht sind.
Und natürlich geben auch W.J. Marysons andere Talente keine Ruhe. Er hat einige Umschläge für seine Bücher selber gemalt. Er hat zwei CDs komponiert, getextet und zusammen mit Freunden aufgenommen und produziert, die auf der Geschichte des ›Meistermagiers‹
Weitere Kostenlose Bücher