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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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ihrer dunklen Stimme und schlug ein Bein übers andere. Ein schlanker Fuß kam unter dem Saum ihres Gewands zum Vorschein, der in einem schmalen schwarzen, mit Silber beschlagenen Schuh steckte. Ich betrachtete ihn entzückt.
    »Den Umständen entsprechend gut, Mademoiselle«, krächzte ich. »Und solange Henri keine Witze erzählt, was er ja in Ihrer Gegenwart nicht wagen wird, spüre ich meine Rippen … äh … kaum.«
    Frebillon, der missmutig seine ruinierte Zigarre aus dem Waschbecken gefischt hatte und sie bekümmert betrachtete, blickte auf und brach in ein polterndes Lachen aus. Aber es klang nicht so unbeschwert wie sonst.
    »Keine guten Nachrichten«, seufzte die Bürgermeisterin.
    »Tut mir Leid«, sagte ich. »Es ist so gut wie alles schief gegangen.«
    »Nicht alles«, sagte Henri huldvoll lächelnd. »Du lebst noch.«
    Sie neigte den Kopf. »Und der Captain auch. Das ist das Wichtigste.«
    Ich starrte hingerissen die schlanke Fessel an, die unter dem Saum ihrer Burqa hervorlugte. Für einen Moment übermannte mich die Vorstellung, sie könnte unter ihrem Körperschleier nackt sein, wie die Damen in der Rue des Hirondels am Quai, die, wenn ein Kunde in heftiger Not Einlass begehrte, ihm ihre Burqa öffneten und sie als mobile Liebeslaube benutzten.
    »Ganz ruhig«, sagte das Gerät am Kopfende meines Bettes. Ich schloss die Augen und hielt den Atem an.
    »Sie haben Schmerzen?«
    »Nein, nein …«, versicherte ich hastig.
    »Wir werden Sie nicht lange belästigen, Monsieur Palladier. Ich brauche nur ein paar Informationen aus erster Hand.«
    »Hat Captain Wilberforth Ihnen nicht berichtet?«, fragte ich. »Ich bin ja nur als Dolmetscher dabei gewesen.«
    »Das ist der Grund, weshalb ich es von Ihnen wissen möchte.«
    »Wie geht es dem Captain überhaupt?«
    »Er hat die Bruchlandung besser überstanden als du«, sagte Henri lachend. »Er hat eine gebrochene Nase, ist aber sonst wohlauf.«
    »Du lachst?«, fragte ich. »Deine schöne Barke ist zu Bruch gegangen, und du scheinst darüber nicht sonderlich betrübt zu sein.«
    Natürlich konnte Frebillon den Verlust einer Windbarke aus der Westentasche begleichen. Er war einer der reichsten Männer der Stadt. Er mischte im Proteinhandel für die Flotte ganz oben mit und war als Transportunternehmer im Salzhandel die Nummer Eins am Binnenmeer. Aber er war sparsam, und ich mochte wetten, dass er die Überreste seiner Zigarre, die er in der Jackentasche hatte verschwinden lassen, trocknen und schließlich zu Ende rauchen würde, und sei es heimlich auf der Toilette.
    »Die Flotte wird mir den Verlust ersetzen«, erklärte er mit listig funkelnden Augen. »Der Captain hat es mir versichert. Das sind Peanuts, sagte er, was immer Peanuts sein mögen. Darauf käme es nun auch nicht mehr an.«
    »Ich hörte Schüsse heute Nacht«, sagte ich zur Bürgermeisterin gewandt.
    »Es hat Unruhen gegeben«, erwiderte sie. »Aber außerhalb der Stadt. Wir haben Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Die Situation ist natürlich absolut ungewohnt für uns alle. Ich hoffe, dass wir nichts übersehen haben. Ich habe Anweisung gegeben, dass alle Eingeborenen die Stadt verlassen und die Tore auch tagsüber geschlossen bleiben müssen. Wir haben Funksprüche an die Fangschiffe in den Salzmarschen geschickt, damit sie auf der Hut sind und sich gegen eventuelle Luftangriffe wappnen. Viel mehr können wir im Moment nicht tun, oder? Was könnte auf uns zukommen?«
    »Ich habe keine Ahnung, Mademoiselle.«
    Der Fuß in dem silberbeschlagenen Schuh war unter dem Saum verschwunden, dafür lag nun eine Hand im Schoß – schlank, schmal, die karamellfarbene Haut mit feinen, fast unsichtbaren Tätowierungen in Form von kunstvoll verschlungenen Arabesken bedeckt. Die langen Nägel waren auberginefarben lackiert. Die Klimaanlage trug mir einen Hauch ihres Parfüms zu: Ein herber aromatischer Duft wie von Zypressenzweigen an einem kühlen, regnerischen Morgen. Meine Nasenflügel blähten sich. Sah ich hinter dem feinen Gewebe ihres Gesichtsschleiers ihre großen dunklen Augen blitzen?
    »Sie haben die Geschichte der Carteser studiert, Monsieur Palladier.« Hörte ich einen winzigen Anflug von Spott in ihrer Stimme?
    »Man hätte mich wenigstens einweihen können«, sagte ich und konnte einen Anflug von Ärger nicht ganz unterdrücken, der mir in der Kehle aufstieg.
    Sie hob die schmalen Schultern. »Wir wollten es nicht an die große Glocke hängen. Je weniger davon wussten …«
    Oh, Sie

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