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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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die Dunkelheit. Unter uns achttausend Meter freier Fall. Dann sah ich im Licht der Hecklaterne die Felswand dicht vor uns. Wir schwangen so knapp vorbei, dass ich befürchtete, wir würden sie jeden Moment berühren.
    »Man sollte sie erschießen!«, schrie der Captain zornig.
    »Wir sind unbewaffnet«, schrie ich zurück.
    Wieder huschte die Felswand vorbei, wieder ganz knapp. Die Wimpel flatterten und bauschten sich um uns. Der Fallwind riss uns immer rascher in die Tiefe. Das Heck sackte ab. Ich hielt mich an der Reling fest. Die Hecklaterne erlosch. Um mich war finstere Nacht. Über uns kreisten die Sterne – Schwindel erregend und erschreckend hell.
    »Nun tun Sie doch endlich etwas!«
    »Was soll ich denn tun, Captain?«
    »Halten Sie mir wenigstens die Kerle vom Leibe!«
    Ich wandte mich ihnen zu. Sie hatten einen Halbkreis gebildet und umstanden uns drohend geduckt. Ich sah im unsicheren Licht die entblößten Augen. Verschwunden war die friedfertige Selbstversunkenheit. Augen wie aus Onyx starrten mich an – schwarz, hart, glatt und kalt. Raubvogelaugen – wachsam und mitleidlos.
    Ich war so verblüfft vom Anblick dieser jähen Verwandlung, dass ich eine Sekunde zu lange zögerte. In dem Moment sprangen sie mich an.
    Ich fuhr erschrocken hoch, aber Schmerz stach mir so grausam durch die Brust, dass mir die Luft wegblieb.
    »Ganz ruhig«, sagte eine Frauenstimme an meinem Ohr. Ich wandte den Kopf und blickte mich um. Da war niemand. Es war immer noch Nacht. Ich sah ein Blinken farbiger Lichter. Das mussten medizinische Geräte sein. Ich war in Sicherheit. In der Ferne war Gewehrfeuer zu hören. Die Zeit des Chaos war also angebrochen. Ich schloss die Augen.
    »Ganz ruhig«, sagte die Stimme. Es musste der Med-Comp am Kopfende meines Bettes sein, der über mich wachte. In beiden Armbeugen spürte ich Nadeln. Ich atmete ganz langsam und vorsichtig. Der dünne Plastikschlauch in meinem linken Nasenloch befächelte meine Schleimhäute mit kühlem Sauerstoff. Die Laken gaben mir ein Gefühl der Geborgenheit. Ich ließ den Schmerz zurück und trieb davon in den Schlaf.
    Als ich wieder aufwachte, war es Tag. Trübes Licht fiel durch die Milchglasscheiben der Tür und die gekippte Jalousie. Aus dem schmalen Schlitz unter der Decke zischte klimatisierte Luft in den Raum wie durch zusammengebissene Zähne. Sie war wohltuend kühl und trocken. Ich hob das vom Schlaf erhitzte Linnen, um meine Haut zu erfrischen. Ich wollte mich aufrichten, aber augenblicklich festigte der Kokon, der meinen Oberkörper einhüllte, seinen Griff.
    Auf dem Gang wurden Stimmen laut. Die Tür wurde geöffnet.
    »Sie haben Besuch«, sagte die Schwester; und über die Schulter: »Kommen Sie herein, Mademoiselle La Maire. Hier liegt er.«
    Es war Anette Galopin, die Bürgermeisterin persönlich, wie ich an der Amtsspange auf der Brust ihrer hellblauen Burqa erkannte. Eine weitere Gestalt drängte hinter ihr herein: Henri Frebillon, eine dicke Zigarre paffend. Der rotblonde Backenbart, der seine fleischigen Backen rahmte, stand ab wie gezupfte Baumwolle. Seine Bartpflege war ausschließlich seinem wild sprießenden Schnauzer gewidmet, dessen äußerste Enden in stattlichen Hörnern nach unten gezwirbelt waren, was seinem rosigen Gesicht einen gewichtig pathetischen und zugleich lustigen Ausdruck verlieh. Wenn er traurig dreinblickte, sah er eher einem Walross, wenn er lächelte, eher einem lüsternen, verschmitzten Keiler ähnlich.
    Er nahm die Zigarre aus dem Mund. »Hallo, mein Freund«, sagte er und hob die Hand zum Gruß. Die Schwester benutzte die Gelegenheit, um sich seiner Zigarre zu bemächtigen und sie resolut im Waschbecken zu löschen.
    »He!«, protestierte er. »Das war eine echte Sanchos! Haben Sie eine Ahnung, wie viele Lichtjahre die gereist ist, um hierher zu gelangen?«
    »Hier wird nicht geraucht«, erwiderte die Schwester unbeeindruckt und zog die Jalousie auf. »Nehmen Sie doch bitte Platz, Mademoiselle.« Sie fuhr das Kopfteil meiner Liege hoch, dann schob sie der Bürgermeisterin einen Sessel neben das Bett.
    Frebillon sah sich vergeblich nach einer weiteren Sitzgelegenheit um und zuckte resignierend die Achseln, als die Schwester dem keine Beachtung schenkte und das Zimmer verließ. Er drehte den breitkrempigen Hut, über dessen Spitze er den Schleier gefaltet hatte, unschlüssig vor der Brust, dann legte er ihn zu meinen Füßen auf die Bettdecke.
    »Wie geht es, Monsieur Palladier?«, fragte Mademoiselle Galopin mit

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