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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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Konflikten. Der Genpool wird durcheinander gemischt.«
    »Nun, mag sein. Ich sehe darin nur Kriege, Vergewaltigungen, Vertreibungen, Mord und Totschlag.« Sie blickte sich um nach Henri. Der nickte bedrückt und schaute drein wie ein trauriges Walross.
    »Wir werden also einfach abwarten müssen, bis eine Abordnung aus dem Kloster herabkommt und nach der Wiedergeborenen Göttin sucht. Einer jungen Keschra.«
    »Das kann leicht dreißig bis vierzig Tage dauern«, warf Henri ein. »Der Abstieg aus dem Hochgebirge ist gefährlich um diese Jahreszeit wegen der Schneeschmelze und der Lawinenabgänge.«
    »Ist das Mädchen gefunden und hinauf ins Kloster gebracht, ist mit einer Entspannung der Lage zu rechnen. So lange müssen wir vorsichtig sein und die Tore geschlossen halten.«
    »Ich glaube, Mademoiselle«, sagte ich zögernd, »diesmal ist die Lage ernster als je zuvor.«
    »Weshalb?«, wollte Henri wissen.
    »Es könnte sein, dass es keine Wiedergeburt gibt.«
    Die Bürgermeisterin wandte sich mir zu, sagte aber nichts.
    »Das Geschmeide ist unvollständig. Die Verbindung zu den fernen Vorfahren könnte dadurch abgerissen sein.«
    »Sind Sie da ganz sicher?«
    »Nein, natürlich nicht. Wie könnte ich mir sicher sein, aber …« Ich stockte. Angst lähmte mir die Kehle.
    »Aber?« Sie hatte sich erhoben.
    »Das Kloster … es machte einen sehr hinfälligen Eindruck.«
    »Nun, es ist alt. Mehr als hunderttausend Jahre.«
    »Wenn es dieses Kraftzentrum auf dieser Welt nicht mehr gäbe … Mademoiselle, das wäre das Ende von allem.«
    »Merde!«, sagte Henri gequält.
    »So schnell geben wir die Hoffnung nicht auf«, sagte sie, beugte sich über mich und ergriff meine Hände. Ihre Haut war glatt und kühl und ihre Berührung überraschend kraftvoll.
    »Wenn es Ihnen besser geht, müssen Sie mir von Ihrem Besuch dort oben erzählen.«
    Ich nickte, brachte kein Wort heraus.
    »Adieu!«, rief Henri.
    Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, kamen mir die Tränen. Ich hätte nicht sagen können, weshalb. War es die Berührung ihrer Hände? War es meine Trauer um das Schicksal dieser Welt? War es Selbstmitleid?
    »Ganz ruhig«, sagte der MedComp.
    Die vier Pédaliers hingen müßig in ihren Käfigen außenbords und stabilisierten mit lässigen Tretbewegungen die Position der Barke, wenn sie durch die Böen, die vom Avalanche-Pass herabstürzten, abzudriften drohte. Die Luft war eisig. Ich hatte den Kragen meiner Jacke hochgeschlagen und den Schal zweimal um den Hals geschlungen, aber der Atem fuhr mir wie eine kalte Klinge durch die Kehle in die Lungen. Die Propeller schnurrten leise. Der Baldachin, den der Maître als Schutz gegen die grelle Sonne für uns aufgespannt hatte, flappte, und der Wind sang in den nackten Drahtverspannungen des Mastes, an denen das Segel herabgeglitten war.
    Der Maître des Pédaliers saß auf seinem erhöhten Platz und regulierte von Zeit zu Zeit das Suspensorenfeld, um die vorgeschriebene Höhe über der Terrasse einzuhalten, die sich vor dem Kloster erstreckte.
    »Wie lange soll denn das noch dauern?«, fragte der Gesandte der Flotte ungeduldig und drückte sich den Dreispitz in die Stirn, als wieder eine Bö vom Gipfel des Mont Matin über uns herfiel.
    »Keine Ahnung«, sagte ich.
    Ich sah, dass er jämmerlich fror, aber er hatte darauf bestanden, seine dürre Gestalt in eine Galauniform mit Umhang zu hüllen, anstatt eines Mantels oder einer warmen Jacke, und er lehnte es ab, sich zu beklagen. Unser Atem kondensierte in der kalten Luft und wurde davongetragen.
    »Dann fragen Sie ihn!«, sagte er mit einer Kopfbewegung zum Maître hin.
    Sie haben mir keine Befehle zu erteilen, Sir! Ich bin kein Angehöriger der Flotte, sondern Zivilist. Ich bin Ihrer Mission als Dolmetscher zugeteilt. »Er weiß es auch nicht«, sagte ich stattdessen. »Er wartet auf ein Zeichen der Mönche, dass er landen darf.«
    »Seit Stunden!«
    Ich zuckte die Achseln und blickte zum Kloster hinüber. Es hing wie ein grotesker fauler Kürbis auf einem Felssims über einem Steilabfall. Die schwarze Felswand unterhalb seiner Rundung war von organischen Ausscheidungen wie mit einer dicken braunen Lasur überzogen, die mehrere hundert Meter hinabreichte und auf einem Sims weit unten einen hässlichen Wulst bildete.
    »Sagen Sie, Pallavier …«
    »Palladier, Sir.«
    Er winkte ab und musterte mich von oben herab mit seinen blassgrauen, rot geränderten Augen, die von dem scharfen Wind tränten. »… der

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