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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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im Radio, stimmt’s, Youssef?« Von der Gestalt am Steuer war ein undeutliches Knurren zu vernehmen. »Steig hinten auf«, fing Fredo wieder an und wies mit dem Daumen auf die Ladefläche. »Wir bringen dich heim.«
    Elodie wandte sich zum Meer um. Der Himmel hatte einen metallischen Ton angenommen, der am Horizont schwer und bleiern dräute. Düster geschwollene Wolken lösten sich wie riesige Tumore vom Hintergrund ab.
    »Lass knacken«, brüllte Fredo.
    »Wie lange noch?«, fragte Elodie mit flacher Stimme.
    »Was?« Fredo kniff seine blutunterlaufenen Augen zusammen, sodass nur noch zwei violett geränderte Schlitze übrigblieben.
    »Der Orkan? Wann ist er da?«
    »Keine Ahnung.« Fredo gab die Frage an Youssef weiter und wandte sich dann mit der Antwort wieder an Elodie. »In zwanzig Minuten. Und? Kommst du jetzt, ja oder Scheiße?«
    Zwanzig Minuten. In zwanzig Minuten würde Stéphane nicht von der Insel zurück sein können. Aber wenn er dort landete, würden die Anwohner ihn töten.
    Elodie schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich bleibe hier.«
    »Was? Du spinnst doch! Steig jetzt endlich ein.«
    »Ich bleibe hier«, wiederholte Elodie dickköpfig. »Ich warte auf Stéphane.«
    Fredo musterte sie mit seinen roten, geschwollenen Augen und zuckte schließlich die Schultern.
    »Mach doch, was du willst. Mir soll’s gleich sein. Los, Youssef, wir hauen ab. Die Alte tickt nicht ganz richtig.«
    Der Pick-up setzte in einer neuerlichen Staubwolke zurück, wendete und verschwand. Elodie hörte, wie sich Klappern und Fehlzündungen allmählich entfernten und nur noch Stille zurückblieb – eine wahre Totenstille hatte sich über die Küste gelegt. Kein Insekt zirpte, kein Vogel sang, kein Windhauch bewegte sich. Die Ruhe vor dem Sturm, dachte Elodie. Warmer Schweiß floss unter ihrem Tuch hervor, brannte in ihren Augen und hinterließ Spuren auf ihren staubigen Wangen. Schweiß oder Tränen …
    Die Glückssträhne war vorbei. Kein Fisch biss mehr an, und das Wetter wurde schlechter. Am Horizont türmte sich eine Mauer aus schwarzen Wolken, das Meer nahm einen metallischen Schimmer an, und die Dünung wurde so stark, dass das Boot ins Wanken geriet. Zeit, heimzufahren, dachte Stéphane. Schade …
    Nachdem er das kleine Inselchen umrundet und den gesamten südlichen Horizont im Blick hatte, wurde ihm klar, dass er nicht genügend Zeit haben würde, vor dem Ausbruch des Sturms seinen Heimathafen zu erreichen. Die finstere Wolkenfront schwoll über den Himmel und verschlang ihn wie eine Lawine. In ihrem Innern zuckten fahle Blitze. Kurze Wirbel tasteten sich nach unten wie Tentakeln eines Weltraummonsters. Die Dünung wurde stärker. Wellen brachen sich mit schaumigem Getöse an den Felsen des Inselchens. Stéphane stellte fest, dass die beiden Baggerschiffe, die die Fahrrinne frei hielten, den Anker gelichtet und sich vermutlich in Sicherheit gebracht hatten. Ein schlechtes Zeichen … Ein schlimmer Sturm kündigte sich an, einer jener heftigen und sehr plötzlich aufkommenden Orkane, die seit einiger Zeit häufig im Winter auftraten. Er ärgerte sich, dass er am Morgen beim Aufbruch sein Radio vergessen hatte, denn der Wetterbericht hätte ihn sicher vor dem Sturm gewarnt.
    Ich werde die Insel anlaufen, entschied er. Sich mit den Anwohnern auseinander zu setzen war immer noch besser, als dem Orkan ausgeliefert zu sein. Vielleicht nehmen sie mir meinen Fang weg, aber umbringen werden sie mich sicherlich nicht. Bei Naturkatastrophen haben sich die Leute noch immer gegenseitig geholfen, oder etwa nicht?
    Stéphane zog die Leinen ein, startete den Außenborder, was nicht ganz ohne Schwierigkeiten vonstatten ging, und manövrierte sich schaukelnd in Richtung der Landspitze.
    Wieder suchte Elodie das Meer ab. Noch hatte sie Hoffnung. Vielleicht wusste Stéphane ja Bescheid. Vielleicht war er längst auf dem Rückweg. Vielleicht würde sie gleich sein Boot entdecken, das volle Kraft voraus auf dem Weg in den Hafen war … Dieser kleine schwarze Punkt dort drüben auf der bleigrauen Welle – war das nicht Stéphane? Nein, nur eine optische Täuschung. Ein Flimmern in ihren Augen, hervorgerufen durch die Blitze, die in der Ferne die Wolkenungetüme entflammten. Die Baggerschiffe waren verschwunden. Sie wussten Bescheid. Sie hatten Funk an Bord. Stéphane hingegen hatte noch nicht einmal sein Radio mitgenommen. Das wusste Elodie ganz sicher, denn am Morgen, nachdem er gegangen war, hatte sie es auf der Anrichte liegen

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