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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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ihn sehen, und Henrietta gibt ihnen Recht. Obwohl sie eigentlich nicht genau weiß, was charismatisch bedeutet, aber es scheint alles Prächtige, Besondere, Bewundernswerte zu bezeichnen.
    Albin sagt, Henrietta brauche sich für ihr schlimmes Bein nicht zu schämen. Er erlaubt auch niemandem, sie deswegen zu hänseln. Max hat es einmal versucht, das fette Schweinsgesicht Max, der es sich bestimmt nicht leisten kann, über das Aussehen eines anderen Bemerkungen zu machen. Aber Albin schlug ihm sofort auf die dickliche Knopfnase, dass sie blutete, und danach hat niemand wieder den Fehler gemacht und etwas Unfreundliches über Henriettas schlimmes Bein gesagt. Außer Henry natürlich, aber Henry ist ihr Bruder, und Albin denkt, Brüder haben eine Art Blutsrecht, ihre kleineren Schwestern zu quälen. In gewissen Grenzen.
    Albin ist der wundervollste Junge, dem Henrietta je begegnet ist, und sie denkt, eines Tages könnte sie sich sogar darauf verlegen, Frau Albin zu sein.
    Um aber Frau Albin zu werden, muss Henrietta sich seine Gunst erhalten. Und wenn Albin keine Jammerlappen duldet, will Henrietta ganz gewiss keiner sein. Sie hat nicht geweint, als der rotznasige Dummkopf aus der Nachbarstraße ihr einen riesigen Stein ans Bein warf, nur weil sie allein und gedankenverloren umherging und zufällig auf den Rasen der Dreispringerstraße geraten war. Sie hat nicht einmal geweint, als das Bein lange Zeit so krank war, dass sie anfangs fürchtete und hoffte, es werde schwarz werden und dann ganz abfallen. (Henry zufolge werden Glieder, die man sich an einem Stein verletzt hat, nämlich fast immer schwarz und taub und zuletzt vom Körper abgetrennt.) Jammern würde Henriettas Traum, Frau Albin zu werden, zunichte machen und Albin ihre Gesellschaft verleiden, und in der Folge würde sie an Mamas Rockzipfel verbannt, der nach Tabakrauch und finsterer Grübelei roch, und darum will Henrietta lieber still leiden.
    Henrietta will nicht öfter bei ihrer Mutter sein, als sie unbedingt muss. Sie weint so viel und redet seltsam daher. Henry sagt, dass sie bald kommen und Mama mitnehmen, in einem Hemd mit überlangen Ärmeln, die zusammengeknotet werden, und dann wird sie für immer am anderen Ende der Stadt in der Klapsmühle eingesperrt. Henry sagt, bei Mama sind die Rädchen ausgerastet, und das ziemlich schlimm. Nun sagt Henry natürlich alles Mögliche aus reiner Gehässigkeit, aber Mama geht es andererseits wirklich nicht gut. Seit sie geträumt hat, dass die Feuerwerksfabrik explodiert, und jedem beim Frühstück mit ihren schrecklichen Geschichten Angst macht, ist sie nicht mehr sie selbst gewesen. Vielleicht sind ihre Rädchen wirklich ausgerastet, als sie das geträumt hat.
    Doch Mama ist nicht die Einzige in der Raketenfabrikstraße, die seltsam ist; die meisten Erwachsenen sind neuerdings still und müde und fast so, als wüssten sie nicht mehr recht, wo und wer sie sind. Albin sagt, das kommt vom zu vielen Arbeiten. In letzter Zeit hat es eine Menge Überstunden in der Fabrik gegeben. Sie läuft Tag und Nacht bei voller Kapazität. Noch nie in der langen Geschichte dieser Fabrik haben sie so riesige Mengen Knallkörper hergestellt, in allen Farben und Größen. Der Fabrikbesitzer hat gesagt, dass sie einen großen und extrem wichtigen Auftrag so schnell wie möglich ausführen müssen, und dann sollen alle belohnt werden und jeder kann sich so lange er will ausruhen, aber keinen Moment eher.
    Die Leute in der Raketenfabrikstraße, die immer alle in dem Werk gearbeitet haben und es wahrscheinlich auch immer tun werden, haben keine andere Wahl, als zu tun, was ihnen gesagt wird. In der Tat können sie ihrem Schicksal für die Feuerwerksfabrik danken, denn von denen, die nicht in dieser Straße wohnen, scheinen die meisten dieser Tage keine Arbeit zu haben, und wenn man keine Arbeit hat, bekommt man nichts zu essen, und wenn man nichts zu essen hat, muss man verhungern, sagt Mutter, wenn sie einmal nicht seltsam daherredet oder laut vor sich hin weint. Die ganze Straße ist dem Fabrikbesitzer eine Menge schuldig, und wenn er etwas verlangt, sind es nicht viele, die sich getrauen, nein zu sagen, oder es auch nur wollen. Der Fabrikbesitzer ist nicht sonderlich gewillt, sich Ausflüchte anzuhören, auch nicht, wenn sie gut sind.
    »Komm schon, Hinkebein«, knurrt Henry, wütend, weil er seine Schwester mitschleifen muss. »Oder willste lieber nach Hause und gucken, ob Mama von der Abendschicht zurück ist? Vielleicht will

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