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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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Luft atmen können, gell? Rein metaphorisch gesprochen, versteht sich. Andererseits, in gewisser Weise sind Sie geradezu ein Glückspilz. Das, wofür ich teuer bezahle, bekommen Sie von der öffentlichen Hand geschenkt, gratis und taxfrei.
    Wie meinen? ›Frei‹ sei vielleicht nicht ganz die richtige Wortwahl?
    Haha.
    Schön, dass Sie es mit Humor nehmen.
    Uah … Entschuldigung. Beginne die Narkose zu spüren. Wird jetzt nicht mehr lange dauern, denke ich. Bald wird uns die Schwester holen kommen. Und in Zukunft wird nichts mehr so sein, wie es früher war … Tut mir Leid für Sie, junger Mann. Spreche Ihnen mein vollstes Mitgefühl aus. Freilich, Sie haben es sich selbst zuzuschreiben. Man sollte schon wissen, wo sein Platz in der Gesellschaft ist. Aus der Hütte in den Palast, das gibt’s höchstens am Theater. Und bei Licht betrachtet, Ihrereiner wäre dafür auch gar nicht erzogen. Essen Schauspieler überhaupt mit Messer und Gabel?
    Ah doch.
    Na immerhin.
    Warm hier drin, gell? Lockern Sie ruhig Ihr Hemd, mein Freund, tun Sie sich keinen Zwang an!
    Pardauz, jetzt ist Ihnen etwas runtergefallen. Da liegt’s, beim Fußende des Bettes. Aber schon unglaublich, was es oft für Zufälle gibt, nicht wahr? Die haargenau gleiche Füllfeder hab ich meiner teuersten Ermengilda verehrt. Muss bei nächster Gelegenheit mit diesem Schlitzohr von Juwelier ein ernstes Wörtchen reden. Von wegen unverkennbares Einzelstück! Die Kerle betrügen einen nach Strich und Faden, wenn man nicht aufpasst wie ein Haftelmacher. Was sich meine Gattin schon alles hat andrehen lassen … Manchmal denke ich, sie ist schlichtweg zu gut für diese Welt.
    Ihr Geschlecht hat, unter uns, viel durchgemacht. Ausgedünnt wäre ein Hilfsausdruck, haha. Blaublütig kann man die Familie beim besten Willen nicht mehr nennen. Deswegen war meine Mutter ja schärfstens gegen die Verbindung. Aber ich habe mich durchgesetzt. Der Erbe bin schließlich immer noch ich. Und habe ich’s bereut? Nicht eine einzige Sekunde, in all den Monaten. Wenn Sie mein Ermengildchen kennten, wie ich sie kenne … Dieser Liebreiz! Diese hündische Treue! Diese an Dankbarkeit grenzende Unterwürfigkeit …
    Ah, da kommt die Schwester. Ein herzliches Grüß Gott, gute Frau. Jetzt wird’s ernst, gell?
    Haha.
    Wie meinen?
    Nein. Hopperla, da liegt offenbar ein Irrtum vor. Ich bin Thilotto von Lothring. Der andere.
    Nein! Wenn ich es Ihnen doch sage, Schwester. Obgleich mir das Sprechen mittlerweile recht schwer fällt. Der Delinquent, das ist dieser hier, auf der anderen Liege, der mit dem schwachsinnig breiten Grinsen im Gesicht. Ich für mein Teil bin der reichste Mann des Landes, das Prachtstück der feinen Gesellschaft, die Krone der Schöpfung. Ich könnte Ihre ganze Klinik kaufen mit einem einzigen Augenzwinkern, und wenn sie eine Trillion Euro kostete. Ab morgen Mittag brauche ich nur noch zu denken, »Ja, ich will das erwerben!« – ruck-zuck, gehören Sie mir. Und zwar nicht bloß rein metaphorisch, damit wir uns richtig verstehen, gell?
    Junger Mann, bewahren Sie bitte die Contenance. Halten Sie sich zurück. Wer hat Ihnen erlaubt, sich einzumischen? Was soll das, »Solche Sprüche sind typisch für Hochstapler wie ihn?«
    NEIN!
    Schnallen Sie mich sofort wieder los, Schwester! Sie begehen einen Fehler! Sie stehen im Begriff, uns zu vertauschen! Haha, sowas kann doch wohl gar nicht passieren, oder?
    Ja, sind Sie denn schwerhörig?
    NEIN! HILFE! HILFEEE …
    Halt, ich weiß was. Rufen Sie sofort meine Frau an, Schwester. Gleich hier mit dem Apparat. Ja, genau. Die Baroness. Lassen Sie sich von ihr eine Beschreibung meiner Person geben. Das wird die Verwechslung aufklären.
    Na also. Was sagt sie? »Groß, gut gebaut, blond gelocktes Haar, jugendlich wirkend.« – Gut, das mag eventuell ein klein wenig beschönigend sein, aber Liebe macht nun mal …
    Hallo?
    Ich kann nur mehr verschwommen sehen. Wie durch Nebel. Bin so müde. Das Bett fährt los. Also wirklich, ich muss schon sagen, junger Mann – dass Sie die Verhältnisse nicht richtig stellen, enttäuscht mich ein wenig. Unter, äh, uns. Doch anstatt mich zu rehabilitieren, flüstern Sie bloß, während ich an Ihnen vorbei rolle: »Sorry, Kumpel. Ermengilda meinte, so rum sei es einfach die bessere Besetzung. Und da widerspreche ich ihr natürlich nicht.«

Jean-Claude Dunyach
    In der vorangegangenen Geschichte ist ein Chip, der die Frage nach der Identität eines Menschen ein für alle Mal klarstellen

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