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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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Geschwindigkeit zu drosseln, verließ er das Anwesen durch den gegenüberliegenden Grenzzaun wieder und setzte seine Fahrt über das Hochplateau fort, bis er den Wanderweg nach Violay kreuzte. Hier fuhr sein Landrover gegen einen historischen Grenzstein und brach nach rechts aus. In zunehmendem Tempo raste Van Arsdall nun bergab, über den Segelflugplatz von St. Raviné bis zum Aussichtspunkt Col Mounier – und schließlich die restlichen siebzig Meter in freiem Fall über die Klippe hinab auf die Route Secondaire 74.
    Die Gerichtsmedizin führte den Unfall auf einen spastischen Anfall zurück, ausgelöst durch einen Tumor in Van Arsdalls linker Gehirnhälfte. Sein Körper verkrampfte, sämtliche Muskeln kontrahierten, und sein rechter Fuß trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Man spekulierte, dass Van Arsdall bereits tot gewesen sein musste, als sein Wagen die Straußenfarm erreichte. Er hinterließ eine Frau, zwei Kinder, eine kleine Hotelkette und ein Vermögen von zwölf Millionen Euro.
    Mein Name ist Vincent Van Arsdall. Der ältere Herr mit der Abkürzung war mein Vater.
    Wenn man aus 400 Kilometern Höhe auf Mauritius hinabblickt, scheint es kaum vorstellbar, dass dort unten ein Jumbojet zu landen vermag, ohne über das Ufer hinaus ins Meer zu stürzen. Noch sagenhafter erscheint es, dass auf der Insel über eine Million Menschen leben, die tatsächlich größer sind als Koboldmakis.
    Während der Slider über Mauritius hinwegglitt, tauchte Réunion unter mir auf. Sekunden später hatte ich den südlichen Wendekreis überquert und näherte mich der Küste Madagaskars. Hunderte von Kilometern nordwestlich von Tuléar erkannte ich ein winziges Eiland in der Straße von Mosambik: die Europa-Insel. Ihr Name ließ mich nachdenklich hinauf zum Planetenhorizont blicken. Kein Zweifel, ich war verdammt weit weg von zu Hause!
    Bald darauf erhoben sich unter mir die Drakensberge. Das Hochland erstreckte sich bis über die ferne Lundarschwelle hinaus, als bestünde die restliche Welt nur noch aus afrikanischem Kontinent. Hätte man Bartolomëu Diaz vor fünfeinhalb Jahrhunderten diesen Ausblick gewährt, wäre zu bezweifeln, dass er mit seinen Schiffen je den Hafen von Lissabon verlassen hätte. Er wäre entsetzt gewesen ob der Gewaltigkeit des Kontinents.
    Das Kapgebirge markierte zugleich den südlichsten Punkt meiner Umlaufbahn. Ab hier ging es in sanftem Bogen wieder nach Norden, in Richtung brasilianische Ostküste. Was nun folgte, waren viertausend Kilometer Südatlantik. Es lag keine einzige Insel auf meinem Kurs, und ehe ich Südamerika erreichte, würde ich bereits in den Erdschatten eingetaucht sein. Da ich keine Lust verspürte, auf den Ozean zu starren, ließ ich den Slider um die Längsachse rotieren und betrachtete die Sterne.
    Ich arbeitete weder für die NASA noch für die ESA oder Rosaviakosmos und hatte daher nicht viel zu tun. Eigentlich so gut wie gar nichts, außer die Aussicht zu genießen und mit meinem Leben ins Reine zu kommen. Zeit dafür hatte ich genug. Nun ja, nicht endlos viel, aber ausreichend – hoffte ich.
    Mein Aufenthalt im Orbit war eine rein private Angelegenheit. Den dreitägigen Flug hatte ich aus eigener Tasche bezahlt, samt der Zulagen für ›unerwartete Komplikationen während der Startphase‹ und ›eventuelle Beschädigungen von Regierungseigentum im Orbit‹. Letzteres bedeutete: Ob man nun unabsichtlich mit einem Satelliten kollidierte oder einen der Raumtransporter rammte, die zwischen der Erde und den Orbitalhotels pausenlos Touristen hin- und herbeförderten, es haftete immer der Pilot des Orbiters.
    ›SCHULD!‹ prangte in riesigen glühenden Lettern auf der Unterseite eines jeden Sliders – wenn auch nur für jene Personen sichtbar, die Leute wie mich verachteten. Die Abneigung dieser Menschen beruhte weniger auf der Tatsache, dass wir hier oben unvorstellbare Geldsummen fürs Nichtstun verschwendeten, sondern einzig auf unserer Hoffnung.
    Die ganze Sache begann mit Tito.
    Mit Dennis Tito wohlgemerkt, nicht mit dem jugoslawischen Ex-Staatspräsidenten. Um den heroischen Aspekt hervorzuheben, muss ich die Geschichte aber mit einem Helden beginnen: mit John Glenn.
    Wäre Hemingway fünfzig Jahre später geboren worden, hieße einer seiner berühmtesten Romane wahrscheinlich ›Der alte Mann und der Weltraum‹. Bereits 1962 hatte Glenn als erster Amerikaner die Erde im Orbit umkreist. Sechsunddreißig Jahre später flog er im Alter von 77 Jahren an Bord der

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