Eine Überwinterung im Eise
Feuerbrände durch Schnee gelöscht
hatte; durch diese letztere Operation wurde jedoch ein so furchtbarer Rauch hervor gebracht, daß man kaum den Schimmer der
Lampe erkennen konnte. Penellan suchte sodann mit seinem Stock die Stelle frei zu machen, an der die Mündung des Ofenrohrs
auslief; aber umsonst, überall stieß er auf Felsen von Eis.
Die Armen hatten nur noch ein gräßliches Ende zu erwarten, dem ein fürchterlicher Todeskampf voraus gehen mußte. Der Rauch
drang den Unglücklichen in die Kehle und verursachte ihnen einen so heftigen Schmerz, daß sie kaum mehr Luft schöpfen konnten.
Auch Marie erhob sich nun, und ihre Gegenwart, die Johann Cornbutte zur Verzweiflung brachte, gab Penellan neuen Muth. Der
Untersteuermann sagte sich, daß dies arme Kind nicht zu einem so schauerlichen Tode bestimmt sein könne.
»Warum habt Ihr so starkes Feuer gemacht, begann das junge Mädchen; das Zimmer ist ganz dunkel von Rauch!
– Ja ... ja ..., antwortete zögernd der Untersteuermann.
– Man merkt es sogleich, fuhr Marie fort; es ist hier so warm, wie seit langer Zeit nicht.«
Niemand konnte sich entschließen, ihr die furchtbare Wahrheit mitzutheilen.
»Bitte, Marie, hilf uns das Frühstück bereiten, hub plötzlich Penellan an. Zum Ausgehen wird es heute wohl zu kalt sein, aber
hier ist der Kochofen, Spiritus und Kaffee.
– Heda, Ihr Anderen! gebt einmal etwas Pemmican her, da uns nun doch das abscheuliche Wetter von der Jagd zurück hält.«
Diese Worte brachten wieder etwas Leben in seine Gefährten.
»Zuerst wollen wir gemeinsam essen, fügte Penellan hinzu; dann ist noch immer Zeit, um zu überlegen, wie wir hier fortkommen.«
Der Untersteuermann ging mit gutem Beispiel voran; er verzehrte seine Portion; auch seine Gefährten ahmten ihm nach, indem
sie eine Tasse heißen Kaffees tranken, der sie wieder mit neuem Muth beseelte. Sodann bestimmte Johann Cornbutte sehr energisch,
daß sofort Mittel zur Rettung versucht werden sollten.
»Wenn der Sturm noch fortdauert, wie das sehr wahrscheinlich ist, müssen wir mindestens zehn Fuß unter dem Schnee vergraben
sein, reflectirte jetzt André Vasling; man hört hier nicht das leiseste Geräusch!«
Penellan sah mit einem unbeschreiblichen Blick auf Marien; sie hatte sofort ihre Lage begriffen, aber kein Beben, keine Furcht
war in ihren lieblichen Zügen zu bemerken.
Der Untersteuermann ließ nun zunächst die Spitze seines eisenbeschlagenen Stockes an der Spiritusflamme rothglühend werden
und steckte sie nach einander in alle vier Wände, ohne jedoch irgendwo einen Ausweg zu finden. Johann Cornbutte schlug nun
vor, daß ein Weg von der Thüröffnung aus gegraben werden sollte; aber das Eis war so hart, daß die Schneidewerkzeuge nur schwer
eindringen konnten. Die herausgeschlagenen Stücke verengten bald sehr unangenehm den inneren Raum, und dochwar nach dreistündiger harter Arbeit der ausgehöhlte Gang noch nicht drei Fuß lang.
Es mußte folglich auf ein rascheres Mittel gesonnen werden, durch welches das Haus weniger erschüttert wurde, denn je weiter
man vordrang, desto härter zeigte sich das Eis, und man mußte die größten Anstrengungen machen, um es zu durchbrechen. Penellan
kam auf den Gedanken, das Eis in der erwähnten Richtung mit der Spiritusflamme zu schmelzen. Es war dies, da sie nur eine
kleine Quantität Spiritus mitgenommen hatten, sehr gefährlich, denn wenn ihre Einkerkerung sich verlängern sollte, mußte ihnen
der Spiritus ausgehen, und sie konnten sich keine warmen Mahlzeiten und Getränke mehr bereiten. Trotzdem aber erhielt dieser
Plan allseitige Zustimmung und wurde alsbald in Ausführung gebracht. Man grub zuerst ein Loch von drei Fuß Tiefe mit einem
Fuß im Durchmesser, um das Wasser von dem Schmelzen des Eises darin zu sammeln, und man brauchte sich diese Vorsichtsmaßregel
nicht gereuen zu lassen, denn das Wasser begann sehr bald unter der Einwirkung des Feuers herab zu sickern.
Die Oeffnung wurde allmälig größer, aber lange durfte die Arbeit nicht fortgesetzt werden, denn das Wasser durchdrang die
Kleider der Leute, und schon nach einer Viertelstunde mußte Penellan die Flamme zurück ziehen, um sich selbst zu trocknen.
Misonne nahm nun seine Stelle ein und bewies nicht weniger Muth, so daß der Gang nach Ablauf von zwei Stunden fünf Fuß Tiefe
hatte.
Trotzdem konnte der Eisenstab noch immer keinen Ausweg finden.
»Es kann unmöglich so stark geschneit haben,sagte
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