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Eine Überwinterung im Eise

Eine Überwinterung im Eise

Titel: Eine Überwinterung im Eise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Blendung nicht zu fühlen schien, war André Vasling; seine eiserne
     Constitution bot allen diesen Strapazen Trotz. Er nahm mit Freuden wahr, wie auch über die Stärksten Entmuthigung kam, und
     sah bereits den Augenblick herannahen, in dem der Rückweg angetreten werden mußte.
    Am 1. November endlich war die Erschöpfung so groß geworden, daß eine mehrtägige Ruhe unumgänglich nothwendig erschien.
    Sobald man einen Lagerplatz erwählt hatte, wurde über die Einrichtung desselben berathen und der Entschluß gefaßt, ein Schneehaus
     zu bauen, das sich an eins der Vorgebirge lehnen sollte. Fidèle Misonne steckte sofort die Entfernungen des Fundaments, fünfzehn
     Fuß Länge auf fünf Fuß Breite, ab, und er, Penellan und Aupic schnitten große Eisblöcke, die an den bezeichneten Ort gebracht
     und aufgerichtet wurden. Da das Material in Menge vorhanden war, brauchte nicht damit gegeizt zu werden, und bald erhob sich
     die Rückseite in einer Höhe von fünf Fuß und eben derselben Breite. Nach ungefähr acht Stunden waren sämmtliche vier Mauern
     vollendet, und an der Südseite befand sich eine Thüröffnung, welche mit einem Ende der Zeltleinwand verhangen war, die als
     Plafond über das ganze Gebäude hinweg ging.
    Es handelte sich jetzt nur noch darum, das Dach des ephemeren Baues zu bilden, und auch dies war nach dreistündiger, angestrengter
     Arbeit geschehen; Jeder zog sich erschöpft in das Schneehaus zurück.Johann Curnbutte war so leidend, daß er keinen Schritt thun konnte, und André Vasling wußte sich die Entmuthigung und den
     Schmerz des alten Seemanns so gut zu Nutze zu machen, daß er ihm das Versprechen abrang, er wolle seine Forschungen in diesen
     schauerlichen Einöden nicht weiter fortsetzen.
    Penellan befand sich in einer verzweifelten Stimmung; er fand es empörend und feige, das Suchen nach den Gefährten schon jetzt,
     auf nichtige Muthmaßungen hin, aufzugeben, aber seine Vorstellungen blieben erfolglos. So war denn die Rückkehr beschlossen.
    Der ganzen Schaar that jedoch Ruhe und Erholung nach den namenlosen Anstrengungen der letzten Tage so nöthig, daß man vorläufig
     noch nicht daran dachte, Vorbereitungen zur Rückreise zu machen.
    Am vierten Tage endlich war Johann Cornbutte so weit hergestellt, daß er einen Platz an der Küste bestimmen konnte, wo die
     jetzt für die Reise überflüssig gewordenen Lebensmittel vergraben werden sollten; für den unwahrscheinlichen Fall, daß die
     Forschungen der Mannschaft sich noch einmal nach dieser Richtung erstreckten, wurde die Stelle durch ein leicht kenntliches
     Merkmal bezeichnet. An jedem Marschtage hatte der Kapitän ähnliche Depots auf seinem Wege hinterlassen, denn dies sicherte
     ihm Lebensmittel für die Rückkehr, ohne daß sie auf dem Schlitten weiter befördert werden brauchten.
    Die Abreise wurde auf den 5. November um zehn Uhr Morgens festgesetzt, und eine tiefe Traurigkeit hatte sich der ganzen Schaar
     bemächtigt. Als Marie sah, wie entmuthigt und verzweiflungsvoll ihr Onkel war, konnte sie ihre Thränen nicht zurück halten.
     Wie furchtbare vergebliche Leiden! wie unendlich vielverlorene Arbeit! Was Penellan anbetraf, so war er in einer ganz abscheulichen Laune; er fluchte und schalt auf alle Welt
     und versäumte keine Gelegenheit, seinen Gefährten ihre Schwäche und Feigheit vorzuhalten; er stellte ihnen Marie als Vorbild
     hin; sie wäre bis an's Ende der Welt gegangen, ohne eine Klage laut werden zu lassen.
    André Vasling verhehlte seine Freude darüber, daß die Rückkehr schon jetzt stattfinden sollte, durchaus nicht; er bemühte
     sich mehr wie je um das junge Mädchen und suchte sie sogar mit der Hoffnung zu trösten; daß man die Nachforschungen, wenn
     der Winter vergangen, wieder aufnehmen könnte, obgleich ihm sehr wohl bewußt war, daß dann Alles zu spät sei.

Zehntes Capitel
Lebendig begraben
    Als die Reisegesellschaft am Abend vor der Rückkehr damit beschäftigt war, das Abendessen vorzubereiten, und Penellan eben
     einige Kisten als Feuerungsmaterial zusammen hieb, um sie in den Ofen zu stecken, füllte sich das Schneehaus plötzlich mit
     dichtem Rauch, und ein furchtbares Erdbeben erschütterte das Gebäude und seine Bewohner.
    Aber überall herrschte tiefe Dunkelheit, und nurein entsetzlicher Sturm toste; dabei fiel der Schnee in dichten Wirbeln hernieder, und die Kälte war so groß, daß der Untersteuermann
     fühlte, wie ihm schnell beide Hände erfroren. Nachdem er sie tüchtig mit

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