Eine unbeliebte Frau
liebenswerter Mensch.«
»Es ist mir wirklich ausgesprochen peinlich«, beteuerte Bodenstein. »Meinen Sie, wir könnten unsere . hm . kleine Schaueinlage einfach vergessen?«
»Hab ich schon«, erwiderte die junge Frau und zwinkerte ihm zu.
»Danke«, Bodenstein grinste erleichtert, dann verzog er schmerzhaft das Gesicht. »Sie sind auf jeden Fall ganz schön fit.«
»Karate«, Sylvia lächelte bescheiden. »Deutsche Juniorenmeisterin 1999, schwarzer Gürtel.«
»Hätten Sie das nicht eher sagen können?« Bodenstein grinste schief. »Dann hätte ich das Überfallkommando geschickt.«
Gut Waldhof lag an diesem sommerlich heißen Nachmittag verlassen da. Auf dem Parkplatz standen nur zwei Autos. Eines davon war der gelbe Jeep von Thordis, wie Bodenstein feststellte. Er parkte neben ihrem Jeep und ging mit zaghaften Schritten in den Stall, wobei er sorgfältig darauf achtete,keine unbedachte Bewegung zu machen. Spätestens heute Abend würden sämtliche gezerrten Muskeln höllisch weh tun, und er war sicher, dass sein Rücken durch den unsanften Aufprall grün und blau war. Die Stallgasse war menschenleer, er fand Thordis nach einem Rundgang über die halbe Reitanlage auf dem Springplatz. Sie saß auf einem Braunen mit Blesse.
»Hallo«, sie parierte mit einem überraschten Lächeln neben ihm durch und pustete sich eine Haarsträhne aus dem erhitzten Gesicht. »Was machen Sie denn hier?«
»Ich wollte Sie mal auf dem Pferderücken bewundern«, Bodenstein lächelte auch. »Sie reiten gut.«
»Danke«, sie grinste, »ich gebe mir Mühe.«
»Sagen Sie mal«, Bodenstein lehnte sich an die Umzäunung, »stimmt es eigentlich, dass nicht Herr Jagoda, sondern seine Frau die eigentliche Inhaberin dieser Reitanlage ist?«
»Das kann schon sein«, Thordis nickte nachdenklich. »Ihn habe ich hier nur selten gesehen, aber sie war früher jeden Tag hier. Ihr Interesse hat erst im Sommer nachgelassen. Seitdem habe ich sie kaum noch gesehen. Die Jagodas hatten ihre Pferde wohl vorher in dem Stall stehen, in dem Kampmann als Reitlehrer gearbeitet hat. Da gab es dann Krach, und weil es hier damals fast völlig leer war, kamen sie mit noch zwanzig anderen plus Kampmann hierher. Drei Monate später haben die Jagodas den Stall gekauft.«
Sie blickte sich um und senkte die Stimme.
»Es wird getuschelt, dass die Jagoda den Stall nur gekauft hat, weil sie scharf auf Kampmann ist, aber das hat ihr wohl nichts genützt. Der steht eher auf Konfektionsgröße 36«, Thordis kicherte, dann beugte sie sich vor und starrte Bodenstein neugierig an. »Sagen Sie mal, was ist denn mit Ihnen passiert?«
»Wieso?« Bodenstein tat arglos.
»Sie haben eine Riesenbeule an der Stirn!«
Er hob die Hand, um seine Stirn abzutasten, bereute die unbedachte Bewegung jedoch sofort.
»Was ist denn?«, fragte Thordis ernstlich besorgt.
»Ich bin mit einer Karatekämpferin, die den schwarzen Gürtel hat, zusammengerasselt.«
»Ach was?« Thordis kicherte. »Doch nicht etwa mit Sylvia Wagner?«
»Später mehr«, Bodenstein schnitt eine Grimasse, »ich muss jetzt hoch zu den Kampmanns.«
Susanne Kampmann war nicht anzumerken, was sie von Bodensteins unerwartetem Erscheinen hielt.
»Mein Mann ist im Augenblick leider nicht da«, flötete sie und strahlte Bodenstein an.
»Das macht nichts. Ich wollte mit Ihnen sprechen.«
»Mit mir?« Frau Kampmann riss die Augen auf, aber dann öffnete sie die Tür und ließ Bodenstein eintreten. Sie führte ihn durch das makellos aufgeräumte Esszimmer in die Küche, was ihn etwas erstaunte, und schloss die Tür hinter sich.
»Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Einen Kaffee?«, zwitscherte sie beflissen, aber Bodenstein lehnte dankend ab.
»Es geht noch einmal um den Samstag, an dem Isabel gestorben ist«, sagte er. »Leider können wir noch immer nicht den gesamten Ablauf dieses Tages rekonstruieren. Sie könnten mir möglicherweise dabei helfen.«
»Gerne«, Frau Kampmann sah ihn aufmerksam an.
»Ihr Mann hat uns erzählt, dass Isabel am Abend gegen sieben Uhr noch einmal hier auf der Reitanlage gewesen ist«, begann Bodenstein. »Wussten Sie das?«
»Nein«, die Frau schüttelte den Kopf. »Ich bin am späten Nachmittag zu meinen Eltern gefahren.«
»Hat Ihr Mann Ihnen auch später nicht erzählt, dass Isabel noch einmal hier war?«
»Nein. Warum sollte er?«, erwiderte Frau Kampmann. »Das war ja nichts Besonderes.«
»Ihr Mann hat häufig Pferde an seine Kunden hier im Stall verkauft«,
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