Eine unbeliebte Frau
ist nicht so einfach. Sie und Ihr Mann wissen doch viel zu viel über die kriminellen Geschäfte von Herrn und Frau Jagoda.«
»Von Herrn Jagoda vielleicht«, Frau Kampmann verzog das Gesicht, »sie hat sich immer aus allem herausgehalten. Es hat sie nicht interessiert, warum auch? Immerhin hat sie ja genug Kohle. Ihr war nur diese Reitanlage hier wichtig.«
Bodenstein sah durchs Fenster, wie sich das Hoftor öffnete, wenig später fuhr der silberne Geländewagen Kampmanns auf den Hof.
»Wussten Sie, dass Ihr Mann ein Verhältnis mit Isabel hatte?«
Frau Kampmann fuhr herum. Ihre Augen flackerten. Sie wandte sich abrupt ab, ergriff wieder das Küchenmesser und begann, mit hektischen Bewegungen Gemüse zu zerkleinern. Plötzlich sah Bodenstein die Frau mit anderen Augen. Susanne Kampmann war nicht etwa eine Meisterin der Selbstverleugnung, sie war eine Löwin, die ihr Eigentum wenn nötig mit Klauen und Zähnen verteidigte. Und zu diesem Eigentum gehörte auch ihr Mann, selbst wenn er ihr untreu gewesen sein sollte.
»Nun ja«, sagte Bodenstein, »wissen Sie, was Ihr Mann an dem Samstagabend gemacht hat, nachdem Sie zu Ihren Eltern gefahren sind?«
»Keine Ahnung«, Susanne Kampmann starrte aus dem Fenster und beobachtete, wie ihr Mann aus dem Auto ausstieg und zur Haustür ging. »Wahrscheinlich hat er etwas getrunken und vor dem Fernseher gesessen. Als ich nach Hause kam, lag er auf der Couch und schlief.«
»Tatsächlich?« Bodenstein hob die Augenbrauen. »Ihr Mann sagte mir, Sie seien in dieser Nacht gar nicht nach Hause gekommen.«
»Unsinn«, widersprach sie, »ich bleibe nie über Nacht weg.«
Die Tür ging auf. Robert Kampmann erschien in der Küche. Er war blass und wirkte angespannt.
»Hallo«, sagte er zu Bodenstein, dann flog sein Blick nervös zum Fenster, als erwarte er irgendein Unheil, das noch größer war als die Kriminalpolizei im Haus.
»Guten Tag, Herr Kampmann«, erwiderte Bodenstein.
»Ich will Sie und Ihre Frau nicht länger stören. Schönen Tag noch.«
Er bedankte sich bei Frau Kampmann für die Auskünfte und verließ das Haus.
Thordis war gerade fertig mit ihrem Pferd, dem sie eben den Sattel abnahm. In dem Moment raste draußen vor dem Stall ein Auto mit quietschenden Reifen auf den Hof, ein zweites folgte im gleichen Tempo. Bodenstein und Thordis beugten sich vor und blickten durch das geöffnete Boxenfenster neugierig hinaus.
»Wer ist das?«, fragte Bodenstein, als ein Mann nun mit grimmigem Gesicht schnurstracks in Richtung Wohnhaus marschierte. Ihm folgte ein zweiter Mann auf dem Fuß. Er dachte an Kampmanns Nervosität. Hatte er diesen Besuch erwartet?
»Das ist Dr. Helmut Marquardt«, erklärte Thordis. »Der andere ist John Payden. Was ist denn in die gefahren?«
Bodenstein erinnerte sich dunkel daran, die beiden Namen schon einmal gehört zu haben.
»Die Marquardts«, erklärte Thordis mit leicht ironischem Tonfall, »sind die hörigsten und treuesten Kunden vom großen Guru Kampmann. Sie haben in den letzten vier Jahren drei wirklich teure Dressurpferde von ihm gekauft, aber keines von ihnen war auch nur einen Schuss Pulver wert.«
»So ähnlich wie bei Barbara Conrady?«
»Noch schlimmer«, erwiderte Thordis. »Was Kampmann alleine von Marquardts in den letzten Jahren für Beritt, Unterricht der Tochter und Turnierbetreuung kassiert hat, geht schon in die Hunderttausend. Dazu die überteuerten Pferde, da kommt schon was zusammen.«
»Aber wieso haben die Leute nie etwas bemerkt?«, fragte Bodenstein.
»Niemand hätte je gewagt, Kampmann in Frage zu stellen«, Thordis grinste, wurde aber dann ernst. »Wenn hier mal jemand den Mund aufgemacht hat, galt der sofort als Querulant und wurde umgehend weggemobbt. Die Kampmanns haben eine todsichere Strategie entwickelt, wie sie Leute bestrafen, nämlich die, dass sie nicht mehr mit ihnen reden.«
»Nicht mehr mit ihnen reden?«, wiederholte Bodenstein erstaunt. »Sie reden nicht mehr mit ihren Kunden?«
»Das ist hier wie in einer Sekte«, Thordis senkte die Stimme, »jeder will nur bei Kampmann beliebt sein. Eine Strafe durch Nichtbeachtung ist gleichbedeutend mit der Verbannung.«
Sie kicherte.
»Trotzdem müssen sich die Leute doch wundern, wenn sie nie Erfolg mit ihren teuren Pferden haben«, sagte Bodenstein.
»Ich glaube an Robert Kampmann, den Allmächtigen, den einzig wahren Gott ...«, spottete Thordis. »Die haben doch alle keine Ahnung und vertrauen Kampmann blind. Selbst wenn es denen jemand
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