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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Ich musste aufpassen, dass ihn niemand dabei überraschte. Er hat mich gezwungen, den Porsche auf einen Parkplatz in der Nähe zu fahren. Dort hat er Isabel aus der Folie ausgewickelt, ihr den Autoschlüssel in die Hosentasche gesteckt, sie wie einen Sack über die Schulter gelegt und auf diesen Turm getragen. Dann hat er sie hinuntergeworfen.«
    »Und was haben Sie in dieser Zeit getan?«, fragte Pia. »Sie hätten weglaufen können.«
    »Das habe ich auch versucht«, Kampmann lachte, aber es klang bitter. »Karol hat mich eingeholt und mir eins mit dem Baseballschläger verpasst. Daher das blaue Auge. Ich habe seitdem Angst um mein Leben. Wir sind zu Fuß zurück zum Zauberberg gelaufen und mit meinem Auto nach Hause gefahren. Ich habe zwei Flaschen Rotwein getrunken, um irgendwie meine Nerven zu beruhigen. Und das war's.«
     
    »Glauben Sie ihm?«, fragte Pia ihren Chef, als sie wenig später durch die langen Flure hinunter zum Ausgang des Krankenhauses gingen.
    »Ja, ich denke, so hat es sich abgespielt«, Bodenstein nickte nachdenklich. »Marianne Jagoda hat Isabel gehasst, außerdem musste sie befürchten, dass die Sache mit dem Mord an ihren Eltern rauskommt, über den sie sehr wohl Bescheid wusste. Sie hat Karol dafür bezahlt, dass er Isabel umbringt.«
    »Aber woher hatte sie das Pentobarbital? Das kann man nicht so einfach in der Apotheke kaufen.«
    »Das werden wir auch noch erfahren«, Bodenstein zuckte die Schultern und stöhnte auf, weil selbst diese Bewegung weh tat.
    »Was haben Sie denn?«, fragte Pia besorgt.
    »Ich habe überall Prellungen«, Bodenstein drückte auf denKnopf des Aufzuges und überlegte, ob er seiner Kollegin von dem peinlichen Vorfall im Bad Sodener Krankenhaus erzählen sollte. Die Aufzugtür glitt zur Seite. Bodenstein ließ Pia den Vortritt und sah sie an.
    »Wenn Sie mir schwören, es keiner Menschenseele zu erzählen, dann erzähle ich Ihnen von einem der peinlichsten Erlebnisse meines Lebens.«
    Pia starrte ihn überrascht an, dann hob sie die Hand zum Schwur.
    »Ich schwöre«, versicherte sie feierlich. Der Aufzug hielt im Erdgeschoss. Die Eingangshalle des Krankenhauses lag verlassen da, nur am Empfang saß ein junger Mann, der sich durch die Nachtschicht langweilte.
    »Lassen Sie uns irgendwo eine Kleinigkeit essen gehen«, sagte Bodenstein. »Dann kann ich es Ihnen ausführlich erzählen. Aber wehe, Sie vergessen Ihren Schwur!«

Samstag, 10. September 2005
    Es war stockdunkel, als Bodenstein hochschreckte, und er spürte, wie sein Herz aufgeregt gegen seine Rippen hämmerte. Regen trommelte dumpf auf die schrägen Dachfenster der Loggia des Schlafzimmers. Nachdem er gestern Abend kurz nach Mitternacht nach Hause gekommen war, hatte er noch mit Thordis Hansen telefoniert. Sie hatte ihm mit schadenfroher Belustigung vom spontanen Massenexodus der Einsteller von Gut Waldhof tags zuvor erzählt. Kurz darauf hatte Cosima vom Flughafen in Buenos Aires angerufen. Sie hatte ihm mitgeteilt, was sie über Philipp Döring alias Felipe Durango herausgefunden hatte. Der junge Mann hatte Ambitionen, in seinem neuen Heimatland in die Politik zu gehen, und kandidierte für den Posten des Gouverneurs in dem Bezirk, in dem seine Hazienda lag. Offenbar hatte er sich gedacht, dass ihm die Ehe mit einer schönen jungen Frau mehr Ansehen und Seriosität verleihen würde. Völlig erschöpft war Bodenstein daraufhin in einen tiefen Schlaf gefallen, aber nun war er hellwach. Der Digitalwecker zeigte an, dass es erst kurz nach vier Uhr morgens war, und er versuchte, sich daran zu erinnern, was ihn aufgeweckt hatte. Plötzlich fiel es ihm ein. Er richtete sich auf und tastete nach seinem Handy, dann drückte er die Wiederwahltaste. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis Thordis' Stimme erklang.
    »Es tut mir leid, wenn ich Sie wecke«, sagte Bodenstein leise, »aber mir ist gerade etwas eingefallen.«
    »Wie viel Uhr ist es?«, sie klang verschlafen.
    »Zehn nach vier«, erwiderte Bodenstein, »aber Sie sagten doch, dass Sie nur drei Stunden Schlaf brauchen, oder?«
    »Ha, ha«, murmelte Thordis undeutlich. »Was ist denn los?«
    »Sie haben doch am Donnerstagnachmittag Marianne Jagoda in Kampmanns Haus gehen sehen, oder?«
    »Was?«, sie schien verwirrt. »Wann?«
    »Als ich am Donnerstag auf Gut Waldhof war, sind doch die Leute mit ihren Pferden ausgezogen, weil sie erfahren haben, dass Kampmann sie betrogen hat. Später tauchte Marianne Jagoda auf«, sagte er. »Können Sie sich zufällig

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