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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Bodenstein ihm sagte, dass ein hochrangiger Kollege von ihm in die Sache verwickelt sei und die Angelegenheit dadurch eine ganz neue Brisanz erhalten habe.
    »Wenn Jagoda erfährt, was wir wissen«, sagte er, »dann wartet er nicht gemütlich auf weitere Schritte von uns. Ich weiß noch nicht, was alles daran hängt, aber ich bin sicher, dass Jagoda sich mit der Erpressung durch die Sexfilme Luft verschaffen wollte. Gegen seine Firma wurde ermittelt, aber plötzlich wurden Strafanträge zurückgezogen.«
    Es war ein hartes Stück Arbeit, aber schließlich hatte Bodenstein den Staatsanwalt überzeugt, dass Jagoda auf freiem Fuß die Ermittlungen erheblich behindern konnte.
     
    Isabel Kerstner hatte ihr Notizbuch wie ein Kurztagebuch geführt. Offenbar hatte sie für bestimmte Namen Zeichen erfunden, denn es wimmelte nur so von immer wiederkehrenden Symbolen, Schnörkeln und Buchstabenkombinationen. Ihr Telefonbuch war relativ unverschlüsselt, wobei sie sich allerdings oft Vor- oder Nachnamen gespart hatte. Oberstaatsanwalt Hardenbach tauchte als ›Hardy‹ auf, Isabelhatte Büro- und Handynummern von ihm notiert, und sie hatte sich im letzten halben Jahr neunmal mit ihm getroffen. Bedauerlicherweise brachen die Eintragungen vier Tage vor ihrem Tod ab, so dass nicht klar war, ob sie Termine wie den bei Jagoda am Samstagabend bereits im Voraus wusste oder ob sich so etwas kurzfristig ergab. Von der Telekom waren mittlerweile auch die kompletten Kontoauszüge ihres Handys gekommen, auf das Bewegungsprofil mussten sie noch warten. Leicht zu dechiffrieren waren die Geldsummen, die Isabel Kerstner akribisch notiert hatte. Am Freitag, den 19. August hatte sie von Kampmann dreitausend Euro erhalten, und im Juli war sie von $ mit insgesamt vierundzwanzigtausend Euro entlohnt worden. ›$‹ stellte sich schnell als Hans Peter Jagoda heraus, denn von ihm stammten die meisten und die höchsten Zahlungen, die regelmäßig ab April erfolgt waren.
    »Sie hat in der Zeit von März bis Mitte August von Jagoda achtundsiebzigtausend Euro kassiert«, gab Andreas Hasse nach Addition aller Zahlungsvermerke bekannt.
    »Und das war ihr noch nicht genug«, bemerkte Behnke. »So ein geldgieriges kleines Luder!«
    »Auf jeden Fall hat sie sich gleich mal einen Porsche gekauft«, sagte Hasse. »Eine Kleinigkeit, bei dem Verdienst.«
    Bodenstein hörte mit einem Ohr zu, während er die Fotos durchblätterte, die sie im Versteck unter dem Fußboden gefunden hatten. Er betrachtete ältere Fotos, die wohl aus Isabels Kindheit stammten, denn sie zeigten einen Mann in den Fünfzigern mit Hornbrille, eine gutaussehende Frau, einen dicklichen blonden jungen Mann und ein kleines Mädchen. Auf der Rückseite stand in kindlicher Krakelschrift ›Papa, Mama, Walentien und ich – 198 K. Dann gab es Bilder von Pferden, mit und ohne Isabel, ältere und neuere Fotos von lachenden Menschen, Reitlehrer Kampmann hoch zu Ross und ein anderes Mal in bierseliger Runde im Reiterstübchen,Fotos von Dr. Kerstner, der mit stolzem Lächeln ein blondes Kleinkind im Arm hielt, und eine ganze Serie unscharfer, grobkörniger Schwarzweißfotos, auf denen eine dicke Frau und ein Mann in Anzug und Krawatte zu sehen waren. Auf die unteren Ränder der Fotos war das Datum 19. April 1997 gedruckt. Plötzlich zuckte Bodenstein wie elektrisiert zusammen.
    »Haben wir eine Lupe hier?«, fragte er aufgeregt.
    »Irgendwo gibt's eine«, Kathrin Fachinger sprang auf und kam nach einer Minute mit einem Vergrößerungsglas zurück.
    »Was ist denn?«, erkundigte sich Pia neugierig. Statt zu antworten, beugte sich Bodenstein über die Schwarzweißfotos, die er vor sich auf der Tischplatte ausgebreitet hatte und begutachtete sie gespannt durch die Lupe. Dann richtete er sich auf.
    »Erkennen Sie den Mann?«, fragte er seine Mitarbeiter und schob die Bilder quer über den Tisch. Pia, Ostermann, Behnke, Hasse und Kathrin Fachinger betrachteten die Bilder.
    »Das ist Hardenbach«, sagte Frank Behnke sofort.
    Bodenstein nickte langsam.
    »Aber wer ist die Frau? Und was haben die Bilder bei Isabel Kerstner zu suchen?«
    »Dürften wir erfahren, was mit den Fotos los ist?«, fragte Behnke vorsichtig.
    »Ich weiß es noch nicht genau«, erwiderte Bodenstein. In diesem Moment kam ein Bote vom Gericht und brachte den Haftbefehl.
    »Kommen Sie, Frau Kirchhoff«, sagte Bodenstein, »jetzt besuchen wir unseren Freund Hans Peter Jagoda.«
     
    Jagoda war nicht in der Firma, aber die Empfangsdame, eine

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