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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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unsere Fragen geben. Was haben Sie zum Beispiel mit Staatsanwalt Hardenbach zu tun?«
    Jagoda überlegte ein paar Sekunden, dann schüttelte er den Kopf.
    »Ich sage kein Wort mehr«, sagte er.
    »Auch gut«, Bodenstein erhob sich. »Packen Sie ein paar Sachen zusammen. Es kann sein, dass Sie für eine Weile auf Staatskosten übernachten dürfen.«
     
    Als Bodenstein am frühen Abend nach Hause fuhr, dachte er darüber nach, wie es wohl kam, dass ein ehrgeiziger und intelligenter Mann wie Hardenbach letztendlich über eine so banale Sache wie eine Sexaffäre stolpern konnte. Er dachte an Jagoda, der am Nachmittag, von seinem Anwalt beraten, verkündet hatte, dass er zu den Vorwürfen kein Wort sagen würde. Er hatte auf die Frage, was Oberstaatsanwalt Hardenbach mit Isabel Kerstner zu tun hatte, genauso geschwiegen wie auf die mehrfach geäußerte Vermutung Bodensteins, Isabel habe ihn erpresst. Trotz des scharfen Protestes von Seiten seines Rechtsbeistandes war Jagoda ins Untersuchungsgefängnisgebracht worden. Dort durfte er bis morgen früh schmoren und sich überlegen, ob es nicht vielleicht doch besser wäre, mit der Polizei zu kooperieren. Behnke und Ostermann kümmerten sich um Durchsuchungsbefehle für die Geschäftsräume der JagoPharm und Jagodas Privathaus. Bodenstein nahm nicht an, dass Jagoda selbst den Mord an Isabel Kerstner ausgeführt hatte. Hatte er ihn vielleicht arrangiert, als er begriffen hatte, dass es mit der Loyalität der jungen Frau nicht weit her war? Er war fast sicher, dass sie Jagoda erpresst hatte, doch was hatte sie gewollt? Noch mehr Geld? Auf jeden Fall musste sie Jagoda zumindest ordentlich in die Enge getrieben haben, damit er so weit ging, sie ermorden zu lassen. Aber wo und wie hatte der Mörder der Frau aufgelauert? War sie nach dem Besuch in der Tierklinik ihres Mannes und ihrem Auftauchen auf der Reitanlage noch einmal nach Hause gefahren? Hatte sie noch eine Verabredung gehabt? Bei Jagoda war sie am Samstagabend auf jeden Fall nicht erschienen, und die letzte Verbindung, die auf der Telefonrechnung ihres Handys zu finden war, war die der Tierklinik um 17:16. Das Gespräch hatte nur ein paar Sekunden gedauert. Wahrscheinlich hatte sie sich erkundigt, ob ihr Mann da war. Wer war der mysteriöse Mann in dem Auto ihres verstorbenen Vaters, mit dem sie auf dem Parkplatz von McDonalds gestritten hatte? Es musste schon ein unglaublicher Zufall sein, wenn jemand ausgerechnet das Auto von Isabels Vater stahl, um damit zu ihr zu fahren. Plötzlich kam Bodenstein ein Gedanke, und er fragte sich, weshalb er nicht viel eher darauf gekommen war.
     
    Nach der Menge der Autos zu urteilen, die auf dem Parkplatz von Gut Waldhof standen, musste an diesem späten Freitagnachmittag noch reger Betrieb herrschen. Bodenstein erblickte den kanariengelben Jeep, an dem die junge Frau namensThordis gelehnt hatte, als sie sich neulich Abend unterhalten hatten. Er parkte seinen BMW auf dem letzten freien Parkplatz und schlenderte zum Stall hinüber, doch der war, genauso wie die Reithalle, menschenleer. Bodenstein ging um die Halle herum und schnupperte den Duft von Grillfleisch und Holzkohle. Auf dem Rasen zwischen Reithalle und Reitplatz war ein großer Schwenkgrill aufgebaut. Auf Bänken und Gartenstühlen drängten sich unter den großen Bäumen die Eigentümer der Pferde sorglos lachend, schwatzend und gutgelaunt und genossen den warmen Sommerabend. Von der Verhaftung Jagodas schienen sie nichts zu ahnen. Robert Kampmann stand am Grill. Das Lächeln verschwand schlagartig von seinem Gesicht, als er Bodenstein erkannte. Er hob die Fleischgabel, mit der er die Steaks wendete, wie eine Waffe, als erwarte er einen tätlichen Angriff.
    »Hallo, Herr Kampmann«, sagte Bodenstein lächelnd, »lassen Sie sich nicht stören. Ich suche Thordis.«
    Der Reitlehrer blickte ihn unsicher an, dann wandte er sich um.
    »Thordis!«, rief er und winkte mit seiner Fleischgabel.
    Bodenstein spürte, wie sich bei dem appetitlichen Duft gebratener Steaks und Würstchen seine Magennerven zusammenzogen. Er hatte heute sicherlich schon fünfzehn Tassen Kaffee getrunken, aber gegessen hatte er noch nichts.
    Die blonde Thordis erschien mit einem Teller in der Hand. Als sie Bodenstein erblickte, flog ein erstauntes Lächeln über ihr Gesicht. Sofort dachte er wieder an Inka Hansen.
    »Hallo«, sagte sie. »Was machen Sie denn hier?«
    »Ich wollte Sie etwas fragen«, erwiderte Bodenstein. »Haben Sie eine Sekunde

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