Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)
würde versuchen, dich zu berühren, nicht wahr?« Cohanur lächelte ein schiefes, zahnlückiges Lächeln. »Sie denken, sie wissen Bescheid. Aber sie wissen nichts, gar nichts. Sie träumen nur.«
»Was willst du von mir?«, fragte Adison.
Zu seiner Überraschung lachte Cohanur laut auf. »Ich?«, rief er. »Die Frage ist doch, was du willst! Du hast nach mir gerufen, hast du das vergessen? Du hast mich gesucht. Du hast auf mich gewartet. Also, hier bin ich. Sag mir, was du von mir willst.«
Adison sah den Unheimlichen an, spürte sein Herz bang schlagen und fühlte sich, als sei er plötzlich zu Porzellan geworden. Als könne er jeden Moment zerspringen. »Woher weißt du das? Dass ich nach dir gesucht habe?«
»Weil ich alles weiß, was geschieht. In dieser Welt, mein Freund, bin ich ein Magier.«
»Ein Magier. Im Jahr 3000.«
Cohanur lachte wieder, laut, schief und auf bizarre Weise beinahe verzweifelt. »Du glaubst mir nicht? Sieh her.« Und zu Adisons Entsetzen nahm er seinen eigenen, lachenden Kopf ab, hielt ihn sich vor die Brust, warf ihn in die Höhe, immer noch lachend, fing ihn auf undsetzte ihn an seinen angestammten Platz zurück. Im nächsten Moment nahm Cohanur mit dem rechten Arm seinen linken ab, setzte ihn wieder an, wiederholte das Spiel auf der anderen Seite. Dann verwandelte er sich, nahm innerhalb weniger Augenblicke die Gestalt von Waanu, von Elea und von allen anderen an, die Adison kannte, um am Schluss in einem Funkenregen ins Nichts zu zerstieben.
Ein paar der Funken trafen Adison vor die Brust, glitten an seinem Gewand hinab und lösten sich auf.
»Nun?«, fragte eine Stimme aus dem Nichts. »Beeindruckt dich das?«
Adison nickte. »Ja.«
Cohanur nahm wieder Gestalt an, so übergangslos, wie man das Licht einschaltet. »Nun, mein Freund, sag mir, was du von mir willst. Warum du mich gerufen hast.«
»Ich wollte wissen, wer du bist. Warum du hier herumläufst, in diesem … merkwürdigen Aufzug. Warum du die Leute in Angst und Schrecken versetzt.«
»Ich versetze sie nicht in Angst und Schrecken. Ich erinnere sie nur an etwas, an das sie nicht erinnert werden wollen«, sagte Cohanur und entblößte wieder seine faulen, lückenhaften Zähne. »Die Wahrheit.«
»Die Wahrheit? Was für eine Wahrheit soll das sein?«
»Das willst du wissen, nicht wahr? Ich weiß, dass du das wissen willst. Die Wahrheit. Die Frage ist nur, wie sehr willst du es?« Cohanur trat heran, bis sein Körpergeruch schier unerträglich wurde. »Die Wahrheit, mein Freund aus der Vergangenheit, ist schrecklich. Was ich wissen wollte, war, ob du im Stande bist, dich ihr zu stellen. Deshalb habe ich dich beobachtet.«
Adison spürte, wie seine Kinnladen sich verkrampften. »Du redest Unsinn.«
»Stimmt. Es ist Unsinn, darüber zu reden. Was immer ich erzählen würde, es bliebe wirkungslos. Nein, mehr als das ist nötig. Es ist nötig, dass du dich mir anvertraust. Ich muss dich mit mir nehmen.« Die wässrigen Augen musterten ihn. Die faltigen Augensäcke zuckten. »Nun, was ist – willst du die Wahrheit kennenlernen?«
»Das ist doch ein Trick«, erwiderte Adison.
»Was ist ein Trick? Was ist Wahrheit?« Cohanur begann, um ihn herumzugehen. »Du siehst so aus, als könntest du die Wahrheit ertragen. Ja, du siehst so aus …«
»Und? Als Nächstes muss ich dir erlauben, mich zu berühren, schätze ich.«
Cohanur lachte. »Du glaubst ihnen immer noch …! Nein, das ist nicht nötig. Sag einfach ja, das genügt.« Er hob mahnend den Finger. »Und überlege dir, ob es dir wirklich lieber wäre, wenn ich ginge und du nie wieder von mir hörst, dein ganzes restliches Leben lang nicht. Überleg es dir gut.«
Adison sah den gnomenhaften Mann an, sein schiefes Gesicht, die lauernden Augen, deren Blick ihn anzusaugen schien. Kein Entkommen schien es zu geben, keine andere Wahl. Unmöglich, dieses Angebot abzuschlagen, das Rätsel ungelöst zu lassen für alle Zeiten. Unmöglich, nein zu sagen.
Doch da war dieser modrige Geruch, nach Verliesen, nach Zerfall, nach verrottenden Abfällen. Cohanur war der Versucher. Der Dämon. Unmöglich, ihm ein Ja zu geben.
Adison stand, starrte, wusste nicht, was tun. Der Blick. Der Gestank. Mit einem Schrei wandte er sich ab, begann zu laufen, zu rennen. Als wäre der Teufel hinter seiner unsterblichen Seele her. Früher hatte man so gesagt, in der alten Welt, in der alten Zeit, an die er sich kaum noch erinnerte. Er rannte, keuchte, und plötzlich waren ringsum wieder
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